Bochum-Ehrenfeld. Ungewöhnliche Jobwahl: Bochumerin Catharina Sternemann (20) wird Bestatterin. Wie sich der Beruf verändert, wieso die Arbeit für sie reizvoll ist.

Erst der Ururopa, dann der Uropa, der Opa, der Vater und bald die beiden Töchter: Die Schreinerei und das Bestattungshaus Sternemann, eines der ältesten Familienunternehmen in Bochum, bleibt dem eigenen Stammbaum nach stolzen 150 Jahren auch in fünfter Generation treu. „Ich freue mich total, dass sich meine Töchter Catharina und Marie dazu entschlossen haben, eines Tages die Nachfolge anzutreten“, erzählt Geschäftsführer Christian Sternemann (59). Vor allem für Catharina (20) ist das ungewöhnlich, denn sie arbeitet in einem Job, den sich wohl nur die wenigsten jungen Frauen zutrauen würden: als Bestatterin.

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Bochumerin wird Bestatterin: Beruf ist vielfältiger als man denkt

Dabei ist der Beruf des Bestatters vielfältig und geht weit über die eigentliche Beerdigung hinaus: Von der Beratung der Hinterbliebenen über die hygienische Versorgung und die Aufbahrung der Leiche bis zur Organisation der Trauerfeier ist einiges zu tun. Für Catharina, die gelernte Bankkauffrau ist und gerade in den kaufmännischen Bereich des Unternehmens einsteigt, sind das reizvolle Aufgaben. „Natürlich kostete es mich zunächst Überwindung, direkt mit einer Leiche in Kontakt zu kommen“, sagt sie. „Aber letztlich ist das wie überall Gewöhnungssache. Man darf die Trauer nur nicht zu nah an sich heranlassen.“

Seit 150 Jahren gibt es das Bestattungshaus Sternemann in Bochum. Aktuell wird es in vierter Generation geführt. Im Bild Vater Christian (Mitte) sowie die Töchter Catharina (links) und Marie.
Seit 150 Jahren gibt es das Bestattungshaus Sternemann in Bochum. Aktuell wird es in vierter Generation geführt. Im Bild Vater Christian (Mitte) sowie die Töchter Catharina (links) und Marie. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Den ersten Toten ihres jungen Lebens sahen die beiden Schwestern im Jahr 2012, als ihr Großvater Heinrich Sternemann starb. Dieser hatte 1963 das Werkstattgebäude an seinem jetzigen Standort an der Hattinger Straße 52 gebaut und dort ein Beerdigungsinstitut etabliert. „Wenn der eigene Opa stirbt, ist das schlimm, weil man plötzlich merkt, wie schnell das Leben vorbei sein kann“, erinnert sich Catharina.

„Das ist alles viel bunter und lebendiger geworden.“

Marie Sternemann über moderne Trauerfeiern

Mit derlei Todesfällen hat der Familienbetrieb beinahe täglich zu tun – und nicht selten würde dabei auch die seelsorgerische Tätigkeit eine große Rolle spielen. „Viele Menschen, die zu uns kommen, haben das Wichtigste im Leben verloren“, sagt Christian Sternemann. „Für sie ist es die schlimmste Situation, die man sich vorstellen kann.“ Da helfe es oft, den Trauernden zuzuhören und ihnen beiseitezustehen, damit sie in ihrem Schmerz nicht allein sind. „Was früher die Kirche abgedeckt hat, übernehmen immer häufiger wir.“ Nicht selten würden die Hinterbliebenen noch Monate nach der Trauerfeier bei ihm ins Büro kommen – einfach nur, um zu Hause nicht allein zu sein.

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Bestattungshaus Sternemann in Bochum: Trauerhalle wird mit Luftballons geschmückt

Übrigens habe sich bei den Beerdigungen in den letzten Jahren viel verändert. Von den steifen Zusammenkünften bei Streuselkuchen und Blümchenkaffee früherer Tage sei oft nicht mehr viel zu spüren. „Das ist alles viel bunter und lebendiger geworden“, sagt Marie (18), die an der Ruhr-Uni eine Ausbildung zur Schreinerin macht und ebenfalls bald tatkräftig im Familienbetrieb mitmischen möchte.

An der Hattinger Straße / Ecke Bessemestraße in Bochum ist das Bestattungshaus Sternemann. Seit 150 Jahren gibt es das Familienunternehmen in Bochum.
An der Hattinger Straße / Ecke Bessemestraße in Bochum ist das Bestattungshaus Sternemann. Seit 150 Jahren gibt es das Familienunternehmen in Bochum. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Dass die Trauerhalle aufwendig mit Luftballons und Blumen geschmückt wird, sei keine Seltenheit mehr. „Manche wollen die Verstorbenen in einer Diashow zeigen, andere haben spezielle Musikwünsche.“ Songs von Helene Fischer („Luftballon“) und Roland Kaiser bis hin zu Pink Floyd würden dann häufig erklingen. Weiterhin sei eine Feuerbestattung in einer Urne weitaus beliebter als eine Erdbestattung im Sarg: „Das liegt gewiss auch an den niedrigeren Kosten“, meint Christian Sternemann. Nicht selten würden die Urnen speziell gestaltet: Vom rot-weißen Leuchtturm am Meer bis zur Skyline von Bochum findet sich darauf nahezu alles.

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Und so wollen Catharina und Marie den Familienbetrieb in den nächsten Jahren „in schleichendem Übergang“ übernehmen, so wünscht es sich auch Vater Christian. Schließlich liegt bei ihnen seit 150 Jahren alles in einer Hand, und daran soll sich so schnell nichts ändern.

Bestattungshaus und Schreinerei

Die Schreinerei und das Bestattungshaus Sternemann sind zwei Betriebe in einem Unternehmen: „Unser Geschäft läuft etwa halbe-halbe“, berichtet Geschäftsführer Christian Sternemann. Dass beide Betriebe unter einem Dach laufen, sei übrigens nicht selten: „Das war schon im Wilden Westen so. Da wurden die Särge von den Schreinern gefertigt.“

Alle Infos: 0234 37041 und sternemann-bochum.de

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