Bochum. Maria und Julia wurden bei Heimspielen des VfL Bochum sexuell belästigt. Die beiden Frauen erzählen im Protokoll, was ihnen passiert ist.

Es ist ein Tabu-Thema, über das wohl nur wenige Frauen sprechen möchten. In der Enge des Stadions die Hand am Po, an der Brust. Und dann ist es auch wieder vorbei. Auch im Ruhrstadion haben Frauen sexuelle Belästigung erlebt. Sie schildern uns anonym, was ihnen passiert ist.

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Lesen Sie hier das Protokoll von Julia (Name geändert), die in der Ostkurve im Ruhrstadion sexuell belästigt wurde.

„Am zweiten Spieltag der Saison 2023/2024 spielte der VfL gegen den BVB im Ruhrstadion. Ich stand in Block P in der Ostkurve, relativ weit unten. Ein Freund und seine Schwester, mit denen ich im Stadion war, standen eine Stufe unter mir. Die Stimmung war super, die Sonne schien, alle hatten gute Laune nach dem erneuten Klassenerhalt und der gerade angefangenen Saison.

Die Anlaufstelle
Seit März 2023 gibt es die Anlaufstelle „Achtzehn Achtung! Vierzig“ beim VfL Bochum. Mit Plakaten weist der Verein im Stadion auf diese hin. © VfL Bochum 1848 | VfL Bochum 1848

„Drückte mich an der Brust zur Seite“

In der zweiten Halbzeit wollte ein älterer Mann an mir vorbei, um sich etwas zu trinken zu holen. In der Ostkurve war es eng, wie immer. Statt mich zu fragen, ob er vorbeikann oder ich Platz machen kann, drückte er mich zur Seite. An meiner Brust. Seine Hand war dort viel zu lange. Bis ich realisiert habe, was gerade passiert ist, war der Mann weg und kam auch nicht mehr wieder. Er hat sich wohl woanders hingestellt.

Schon öfter habe ich im Stadion gemerkt, dass sich die Fans sehr nah hinter einem vorbeischieben. Das direkte Anfassen war allerdings ein neuer Höhepunkt. Zu dem Zeitpunkt kannte ich die Anlaufstelle beim VfL nicht. Was hätte ich denen auch sagen sollen? Es war ein Mann unter Tausenden. Das ging so schnell. Bis ich verstanden habe, was gerade passiert ist, war der Moment vorbei.“

+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++

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Lesen Sie hier das Protokoll von Maria (Name geändert), die in Bochum sexualisierte Gewalt erfahren musste, an einem Heimspieltag des VfL Bochum.

„Ich nehme es gleich vorweg: Ich war noch nie im Stadion. Jedoch lebe ich sehr nah am Hauptbahnhof in Bochum und bekomme daher den Menschenstrom vor und nach den Spielen mit.

„Bei einem Vorfall hat mich ein Fan auf die Schulter getippt und wollte mich küssen. Er fand es lustig, als ich angewidert zurückgewichen bin.“

Maria (Name geändert) wurde im Kontext der VfL-Heimspiele sexuell belästigt

Fast jedes Mal, wenn ich zu dieser Zeit am Bahnhof bin, wird man von den (männlichen) Fußballfans belästigt. Mir selbst ist das schon häufiger passiert. Bei einem Vorfall hat mich ein Fan auf die Schulter getippt und wollte mich küssen. Er fand es lustig, als ich angewidert zurückgewichen bin.

Kleine Berührungen im Vorbeigehen an Po und Brust habe ich auch schon öfter erlebt. Die sind dann sehr offensichtlich und passieren nicht „aus Versehen“, sondern meistens noch kommentiert vom Täter, der dann schnell in der Masse an Fans verschwindet. Dass man verbal gecatcalled wird, kommt auch häufig vor. Ich habe mich damals an niemanden gewandt. Dass es vom VfL Ansprechpartner für solche Fälle gibt, wusste ich nicht.

Ich meide mittlerweile den Bahnhof und auch die Innenstadt, wenn ich weiß, dass ein Spiel mit großer Fangemeinde ansteht. Allein deswegen möchte ich auch gar nicht ins Stadion.“

Diese Texte haben viele Menschen interessiert

Eine gute Nachricht am Schluss: Eine Umfrage dieser Redaktion zeigt, dass die Mehrheit der Stadionbesucherinnen und -besucher in Bochum solche Fälle noch nicht erlebt hat. „Ich gehe seit 30 Jahren, oft auch alleine. Ist mir noch nie passiert“, schreibt beispielsweise eine Nutzerin. „Noch nie gehört, geschweige denn mitbekommen“, schildert eine weitere ihre Erfahrungen. Auf die Frage, ob ihr so etwas schonmal passiert ist, schreibt eine weitere Nutzerin: „Nein! Da würden sich drumherum genug Leute einmischen.“

Diese Texte haben viele Menschen interessiert