Bochum-Wattenscheid. Rentnerin stürzt und verletzt sich: An vielen Stellen sorgen Gehwegplatten für Gefahr in der Stadt Bochum. Wie die Haftungsfrage aussieht.

Für Rentnerin R. (Name der Redaktion bekannt) war dieser Sturz nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern auch sehr teuer. Als die 70-Jährige aus ihrer Wohnung mit ihrem Rollator über die Stresemannstraße Richtung Wattenscheid-City geht, passiert es an der Ecke Marienstraße: Der Rollator hakt an einer der zahlreichen erhobenen Gehwegplatten. Sie stürzt mitsamt Rollator, der zerbricht. „Ich hatte sehr große Schmerzen, musste zum Arzt.“ Und hat sich zum Glück offenbar weitestgehend erholt.

Schwerer Sturz auf Stresemannstraße

Ihr Fazit aus dem Vorfall lautet: „Was muss denn noch passieren, damit die Stadt Bochum solche Stolperstellen endlich saniert. Diese Ecken sind der Stadt doch bekannt. Ich habe dies auch mitgeteilt. Doch passiert ist nichts.“ Und zusätzlich zu den Schmerzen die finanziellen Folgen: Ihr Eigenanteil für den neuen Rollator musste sie selbst zahlen. Das war übrigens ein teures Carbonmodell, machte 400 Euro Zuzahlung. Nicht der erste Unfall im Bereich Stresemann-/Marienstraße.

Gesundheit und Geld - es geht insgesamt auch um Haftungsfragen. Und dies ist kein Einzelfall, wie die anhaltenden Beschwerden über Stolperfallen in der Stadt Bochum zeigen.

Stolperstellen gibt es vielen Stellen in Bochum-Wattenscheid, auch an der Graf-Adolf-Straße.
Stolperstellen gibt es vielen Stellen in Bochum-Wattenscheid, auch an der Graf-Adolf-Straße. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Stadt Bochum bezieht Stellung

Die Stadt erklärt auf Nachfrage zu dieser Problematik: „Sofern eine Bürgerin oder ein Bürger die Meinung vertritt, die Stadt sei ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen, kann man sich an das Rechtsamt der Stadt Bochum wenden“, so Stadtsprecher Peter van Dyk. Bürger könnten außerdem den Mängelmelder auf bochum.de nutzen, um Beobachtungen zu Stolperecken weiterzugeben.

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Viele Stolperfallen in Bochum

Und er sagt zur Frage, ob es eine Liste über solche Stolperfallen gibt und wie sie abgearbeitet wird: „Alle öffentlich gewidmeten Straßen und Gehwege werden - je nach Verkehrsbelastung und -bedeutung - in unterschiedlichen Rhythmen kontrolliert. Werden hierbei verkehrssicherungspflichtige Schäden festgestellt, fordert die gängige Rechtsprechung eine Beseitigung oder zumindest vorübergehende Absicherung innerhalb von drei Werktagen.“ Die Straßenkontrollgänger der Stadt Bochum „führen hierüber keine Listen mehr, sondern geben etwaige Schäden über ein Erfassungsgerät in einer digitalen Straßendatenbank ein. Hierdurch ist es dem zuständigen Straßenmeister möglich, Reparaturkolonnen entsprechend zeitnah einzusetzen“.

Haftungsfragen im Fokus

Und zur Frage, ob bei der Ursache unterschieden wird zwischen Wurzeln, hinterlassenen Baustellen etc., erklärt der Stadtsprecher: „Gemäß gängiger Rechtsprechung liegt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht schon deshalb vor, weil ein Gehweg Mängel oder Stolperfallen aufweist. Vielmehr hat jeder Verkehrsteilnehmer den Gehweg oder die Straße so zu nutzen, wie er sich aktuell darstellt und sein Verhalten den gegebenen Umständen anzupassen.“

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Frage nach Ursachen

Das bedeute zum Beispiel, „dass im Bereich von Bäumen, in denen das Wurzelwerk erkennbare Stolperfallen hinterlässt, eine größere Sorgfalt des Verkehrsteilnehmers gegeben ist als im Bereich von Fußgängerzonen. Nur wenn ein Straßenschaden oder eine Stolperkante nicht mit der gebotenen Sorgfalt des Verkehrsteilnehmers erkannt werden kann, handelt es sich in dem Sinne um einen verkehrssicherungspflichtigen Fall. Insofern gibt es auch hier eine entsprechende Unterscheidung bei der Aufnahme von Schäden“. Liegen Schäden im Bereich von Baustellen externer Firmen vor, so sei grundsätzlich die jeweilige Firma für die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit im Baustellenbereich zuständig.

Der marode Gehweg vor dem Seniorenheim an der Ludwig-Steil-Straße in Bochum-Wattenscheid soll bald endlich saniert werden.
Der marode Gehweg vor dem Seniorenheim an der Ludwig-Steil-Straße in Bochum-Wattenscheid soll bald endlich saniert werden. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Schäden durch Externe in Bochum

Schäden durch Externe gibt es z.B. beim Gehweg vor dem ehemaligen Ludwig-Steil-Haus, das zum Seniorenheim umgebaut wurde. Nach Abschluss der Arbeiten ist der Gehweg vor dem Gebäude schon länger eine Stolperfalle. Die Platten sind nur noch teilweise vorhanden und an einigen Stellen sehr lose - gefährlich für Menschen mit Rollator oder Rollstuhl. Der Gehweg wird laut Stadt im Frühjahr instandgesetzt - bei den Kosten habe man sich geeinigt.

Haftung je nach Einzelfall

Insgesamt zum Thema Haftungsfragen in letzter Zeit sagt der Stadtsprecher: „Es kommt natürlich immer mal wieder vor, dass Personen nach Stürzen auf Gehwegen Schadensersatzforderungen gegen die Stadt Bochum erheben. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage ist jedoch regelmäßig keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht festzustellen.“ Klagen gegen die Ablehnung von Schadensersatzforderungen seien in den letzten drei Jahren (seit 2020) nicht erhoben worden; „die letzte stammt aus 2019; das Verfahren ging aber zugunsten der Stadt aus“, so Peter van Dyk.