Bochum. Der 32-Jährige, den ein Beamter erschoss, soll die Polizei dreimal mit einem Hammer bedroht haben. Die Ermittler geben neue Erkenntnisse bekannt.

Nach den tödlichen Schüssen eines Polizisten auf einen 32-jährigen Bochumer in seiner Wohnung in Linden geht die Staatsanwaltschaft nach bisherigem Ermittlungsstand von Notwehr aus. Der Beamte habe geschossen, „um sein eigenes Leben zu retten“, sagte Oberstaatsanwaltschaft Andreas Bachmann am Mittwoch auf Anfrage dieser Redaktion. „Er hatte keine andere Möglichkeit, sich zu schützen“.

Bochumer Polizei wollte mit dem Bewohner zunächst nur reden

Der 32-Jährige, der an einer Form der Schizophrenie erkrankt war, hatte am Freitag (11.) gegen 16.50 Uhr Konservendosen und Müllsäcke aus seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus an der Lindener Straße auf einen Hinterhof geworfen. Er wohnte im zweiten Stock. Nachbarn riefen die Polizei. Zwei Beamte erschienen und wollten laut Staatsanwaltschaft zu ihm hochgehen, um mit ihm zu sprechen, wurden aber im Gebäude von dem 32-Jährigen mit einem haushaltsüblichen Hammer bedroht.

Diese Texte haben viele Menschen interessiert

Die Beamten zückten ihre Waffe und forderten ihn auf, den Hammer niederzulegen. Das tat der Bewohner aber nicht, sondern zog sich in seine Wohnung zurück, die laut Bachmann keine Lampen hatte, „komplett dunkel“ und relativ verwinkelt war, wie der Staatsanwalt sagt. Die Beamten drangen dort ein und setzten Reizgas ein, was den 32-Jährigen aber nicht kampfunfähig machte. Stattdessen ging er in den Räumen erneut mit dem Hammer auf die beiden Polizisten los. Diese zogen sich zurück und alarmierten ein Spezialeinsatzkommando (SEK), denn der Angreifer wurde als „fremdgefährlich“ eingeschätzt, auch gegenüber Mitbewohnern des Hauses.

+++ Lesen Sie mehr Nachrichten aus Bochum! +++

Versuche, die Sache friedlich zu schlichten, scheiterten

Das SEK erschien mit einem speziell geschulten Verhandlungsführer. Versuche der eingeschalteten Mutter des 32-Jährigen, ihn per Telefon zur Vernunft zu bringen, scheiterten. Gegen 20.10 Uhr drangen die Polizei ein zweites Mal in die Wohnung ein; wie genau, wurde nicht bekannt. Einer der SEK-Beamten wurde erneut von dem 32-Jährigen mit dem Hammer angegriffen. Er befand sich laut Bachmann nur etwa 1,50 Meter vor dem Beamten. Dieser gab in diesem Moment zwei Schüsse Richtung Brust ab. Noch an Ort und Stelle starb der Mann.

Der 32-Jährige war der Polizei bereits bekannt. Wegen einer Straftat im unteren Kriminalitätsbereich war er bereits verurteilt worden. Nähere Angaben dazu liegen nicht vor. Gegen den SEK-Beamten wird zwar ermittelt, dies ist bei tödlichen Schüssen aber obligatorisch. Sollte die Staatsanwaltschaft keine wesentlichen neuen Erkenntnisse bekommen, wird das Verfahren wohl eingestellt.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++

Fall erinnert an tödliche Schüsse in Altenbochum im Jahr 2016

Der Fall weckt teilweise Erinnerungen an die tödlichen Schüsse von der Velsstraße in Altenbochum Ende 2016. Auch damals endete ein anfangs banaler Polizeieinsatz mit dem Tod eines Menschen. Ein Rentner (74), zu dem die Polizei mehrfach wegen Ruhestörung gefahren war, hatte einen Beamten (damals 38) auf dem Gehweg aus nächster Nähe mit einem vermeintlichen Revolver bedroht und die Aufforderung, ihn wegzustecken, ignoriert. Der Polizist schoss dreimal, der Rentner starb auf dem Gehweg.

Damals wurde der Polizist auf Weisung des Oberlandesgerichts Hamm wegen Totschlags angeklagt, vom Schwurgericht Bochum aber freigesprochen. „Er durfte sich entscheiden, tödlich zu verletzen“, so der Richter damals. Es sei Notwehr gewesen.

Nach der Tat stellte sich heraus, dass der echt aussehende Revolver des Rentners nur eine Attrappe war, die als Feuerzeug diente. Das konnte der Polizist aber nicht wissen.