Bochum-Weitmar. Als in Bochum noch Zechen standen, öffnete in Weitmar eine Apotheke, die bis heute Bestand hat – obwohl sie einige Schicksalsschläge erlebte.
Wer heute durch Weitmar-Mitte läuft, erlebt ein wuseliges kleines Stadtteilzentrum mit geschäftigem Treiben und vielen Läden für den täglichen Bedarf. Im Jahr 1874 sah das noch völlig anders aus: Die Gegend war wesentlich landwirtschaftlicher geprägt als heute, auch der Bergbau hatte deutliche Spuren hinterlassen. „Etwa dort, wo sich jetzt die Sparkasse befindet, war der Schacht der ehemaligen Zeche Flora“, erzählt Bernd-Ulrich Lammers vom Geschichtskreis Weitmar. „Etwa 160 Bergleute arbeiteten hier unter Tage.“
+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++
Eine der ältesten Apotheken in Bochum
Kein Wunder also, dass nicht nur Kneipen und Gaststätten im Umkreis ein gutes Geschäft witterten. Auch die erste Apotheke siedelte sich auf der Hattinger Straße an: Am 1. November 1874 eröffnete sie der Apotheker Eduard Richter direkt neben dem heutigen Amtshaus. 150 Jahre und mehrere Inhaberwechsel später hat das Geschäft noch immer Bestand: Als Hökes Alte Apotheke findet man es mittlerweile schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite. Damit dürfte die Apotheke eine der ältesten in Bochum sein.
Und eine Menge hat sich seither verändert: Zum 150-jährigen Bestehen bereitet die langjährige Mitarbeiterin Martina Ortmann gerade eine kleine Ausstellung vor, die im Schaufenster gezeigt werden soll. Mit dabei sind Utensilien, die jeder erfahrene Apotheker damals zur Hand hatte: etwa ein Pillenbrett. „Pillen wurden damals mit der Hand gedreht, das Pulver in kleinen Papiertütchen gefaltet“, sagt Ortmann. „Heute schier unglaublich.“ Auch eine alte Balkenwaage ist dabei, die mit winzigen Gewichten bedient wurde. „Unsere digitale Waage misst heute mit drei Stellen hinter dem Komma.“
Einst stand in Bochum-Weitmar sogar ein Kino
Die wohl größte Veränderung erlebte die Apotheke im Mai 1969, als sie in das damals völlig neue Einkaufszentrum in Weitmar-Mitte umzog. Was heute kaum mehr jemand weiß: Dort gab es einst sogar ein Kino. „Etwa dort, wo heute Rewe ist, wurde nach dem Krieg eine große Halle gebaut, in der erst ein Kino, später eine Diskothek und ein Lebensmittelladen beheimatet waren“, erzählt Bernd-Ulrich Lammers. Die Bezirksvertretung tagte damals im großen Saal der Gastwirtschaft Jäger nebenan an der Ecke Blumenfeldstraße.
+++ Abonnieren Sie hier den kostenlosen Kultur- Newsletter aus Bochum! Kultur-Redakteur Sven Westernströer versorgt Sie jeden Donnerstag mit den besten Tipps aus dem Schauspielhaus, dem Musikforum und Co. +++
Die Alte Apotheke musste danach einige Schicksalsschläge verkraften. Otto Blume, der das Geschäft seit 1956 gepachtet hatte, verstarb im Juli 1989 unerwartet während der Arbeit. Sein Stellvertreter Christoph Höke übernahm die Apotheke zunächst als Verwalter, später als Pächter und kaufte sie 1999 von Blumes Witwe. Unter seiner Leitung wurde die robotergesteuerte Lagerhaltung der etwa 40.000 Medikamente eingeführt, die seither nicht mehr wie früher üblich in unzähligen Schubladen lagen.
Als Christoph Höke im Februar 2019 unerwartet starb, stand sein Sohn Sebastian schon in jungen Jahren vor der nicht leichten Aufgabe, die Leitung weiterzuführen. Seit Februar 2020 ist der 31-jährige Höke neuer Chef des Familienbetriebs, der mittlerweile aus drei Apotheken in Weitmar, Stiepel und Essen sowie aus zwei Sanitätshäusern mit insgesamt 60 Mitarbeitern besteht.
+++ Lesen Sie mehr Nachrichten aus Bochum! +++
Seit 25 Jahren an vorderer Front dabei ist Martina Ortmann, die sich keinen schöneren Beruf vorstellen kann. „Die Stimmung im Team ist super, und wir helfen jedem Kunden so gut es geht, auch wenn es mal etwas länger dauert“, erzählt sie. „Langweilig wird es hier nie.“
Jubiläumsfest vor der Apotheke
Ihr 150-jähriges Bestehen feiert Hökes Alte Apotheke am Mittwoch, 25. September, ab 9 Uhr an der Hattinger Straße 334 mit einem Jubiläumsfest. Es gibt ein Glücksrad, eine Torwand, eine Popcornmaschine und vieles mehr. Um 11 und 15 Uhr bietet Bernd-Ulrich Lammers zwei Rundgänge durch die Geschichte von Weitmar-Mitte an. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Anmeldungen sind in der Apotheke möglich.
Der Geschichtskreis Weitmar feiert sein zehnjähriges Bestehen mit einer Ausstellung, die am Freitag, 27. September, um 15 Uhr im Amtshaus, Hattinger Straße 387, eröffnet wird. Zu sehen sind Bilder, Exponate und Installationen zur Geschichte des Stadtteils. Geöffnet: Samstag, 28. September, von 14 bis 18.30 Uhr, sowie Sonntag, 29. September, von 14 bis 17 Uhr.