Bochum. Der Haushalt 2025/26 der Stadt Bochum sieht nach sechs Jahren wieder Schulden vor. Die Kämmerin stimmt auf harte Zeiten ein. Die Hintergründe.

„Es gibt gute Zeiten. Und es gibt Zeiten wie diese.“ Ohne Umschweife ist Kämmerin Eva Hubbert am Donnerstag im Rat der Stadt Bochum zur Sache gekommen. Sie stimmt Politik und Bürger auf harte Zeiten ein. Ihr Haushaltsentwurf für die Jahre 2025/26 sieht ein Defizit von insgesamt 126 Millionen Euro vor (Grafik); und das auch „nur“, wenn die eigenen Sparanstrengungen erfolgreich sind und Hilfen von Bund und Land kommen.

Positive Entwicklung der Gewerbesteuer ist einer der wenigen Lichtblicke

Eine ganze Reihe von zusätzlichen Belastungen ist vor allem für die Negativentwicklung verantwortlich. Sie fängt an bei hohen Tarifabschlüssen, die allein im kommenden in Bochum inklusive der Neueinstellungen zu Personalmehrkosten von knapp 40 Millionen Euro führen, geht über gestiegene Energie-, Bau und Zinskosten bis hinzu Kita- und OGS-Finanzierung, Digitalisierung von Verwaltung und Schulen sowie Hilfen im Sozialbereich. „Diese Belastungen können zwar teilweise durch konstant steigende Gewerbesteuereinnahmen kompensiert werden“, so Hubbert über einen der wenigen Lichtblicke des Zahlenwerks für die kommende Jahre. Aber: Das reiche bei weitem nicht aus. „Ein Haushaltsausgleich ist nicht möglich.“ Immerhin sei es gelungen, „einen genehmigungsfreien Haushalt aufzustellen“, der Bochums Handlungsfähigkeit sicherstelle und die Umsetzung von Investitionen möglich machen.

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Kommt es so, wie die Kämmerin es voraussagt, wäre es das erste Mal seit 2018, dass Bochum keinen ausgeglichenen Haushalt hat. Immerhin haben die erfolgreichen Jahre von 2020 an und dabei vor allem die beiden vergangenen Jahren es möglich gemacht, insgesamt 154 Millionen Euro in die Ausgleichsrücklage zu stecken. Erfolge, die auch, so die Kämmerin, dank der Hilfe von Bund und Land sowie durch die „Auslagerung“ von Corona- und Ukraine-Krieg-Kosten möglich waren.

Die Überschüsse können 2025/26 dazu verwendet werden, die Defizite im neuen Doppelhaushalt, 50 Millionen Euro im Jahr 2025 und gar 76 Millionen Euro im Jahr darauf, zu kompensieren. Danach allerdings wird auch Bochum wie jetzt schon viele andere Städte gerade in NRW auf sein Eigenkapital zurückgreifen und den Haushalt dann auch wieder von der Kommunalaufsicht absegnen lassen müssen.

Negativtrend geht voraussichtlich über das Jahre 2026 hinaus

Eine Wende des Negativtrends ist auch von 2027 an nicht in Sicht. Hubbert erwartet weitere Haushaltslöcher für die Jahre 2027 (mindestens 63 Millionen Euro), 2028 (mindestens 51 Millionen Euro) und 2029 (mindestens 41 Millionen Euro). Auch dabei geht sie – wie schon beim Doppelhaushalt 25/26 davon aus, dass eigene Sparanstrengungen ebenso wie Hilfen von Bund und Land dazu beitragen, die finanzielle Schieflage in Grenzen zu erhalten.

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Bund und Land sieht sie dabei an mehreren Stellen in der Pflicht, so etwa durch neue Förderprogramme und weitere Hilfen bei der Digitalisierung von Schulen, bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen, bei der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs und weiteren Bereichen.

Kämmerin plädiert dafür, weiter in die Infrastruktur zu investieren

Einen Fehler dürfe die Stadt trotz des engen finanziellen Korsetts aber nicht machen, so Hubbert. „Wir werden nicht wieder die Infrastruktur vernachlässigen“; wie Bochum und viele andere Kommunen es in der Vergangenheit unter dem Diktat des Sparzwangs getan haben. Das sei kontraproduktiv. Nach ihren Vorstellungen muss die Stadt in den nächsten Jahren möglichst viel investieren. So sehen die Planungen vor, dass allein für den Schulbereich (Gebäude, Offener Ganztag, Sporthallen, Digitalisierung) bis 2029 etwa 723 Millionen Euro ausgegeben werden. Insgesamt plant sie für die kommenden vier Jahre mit Investitionen in die gesamte Infrastruktur in Höhe von zwei Milliarden Euro (Grafik). Der Preis dafür: wachsende Kreditbelastungen.

Aber auch dabei gelte: „Um dieses ambitionierte, auch zwingend erforderliche Investitionsprogramm mittelfristig auch wirtschaftlich stemmen zu können, sind neue Förderprogramme durch Bund und Land unabdingbar.“ Hubbert appelliert daher ebenso wie Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), dass die Schuldenbremse fallen müsse, damit Bund und Länder den Kommunen zur Seite stehen können.

Doppelhaushalt 2025/26 soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden

Denn: Bochum steht mit seiner prekären Lage nicht alleine da. Hatten in den vergangenen fünf Jahren immerhin noch 170 von 396 NRW-Kommunen von einer sehr guten bis guten finanziellen Lage gesprochen, sehe sich aktuell keine einzige Stadt im Land mehr in einer guten finanziellen Situation, so die Kämmerin bei der Vorstellung ihres Zahlenwerks.

Für das aktuelle Haushaltsjahr 2024 plant sie weiterhin mit einem ausgeglichenen Abschluss. Der nun eingebrachte Doppelhaushalt soll Ende des Jahres vom Rat verabschiedet werden. Zunächst wird es dazu Beratungen in den Fachausschüssen sowie in den sechs Bezirksausschüssen geben.

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