Bochum. Die Bürger in Bochum sollen wegen der Kosten über das „Haus des Wissens“ abstimmen, fordert die CDU. Rot-Grün hält das für ein Ablenkungsmanöver.
Die Kostenexplosion bei dem geplanten „Haus des Wissens“ (HdW) in Bochum hat die Politik schockiert. Die Opposition fordert einen Ratsbürgerentscheid. Bürgerinnen und Bürger und nicht der Rat der Stadt sollten das letzte Wort beim Prestigeobjekt des Oberbürgermeisters haben und darüber abstimmen, ob es ihnen mehr als 150 Millionen Euro wert ist, schlägt die CDU-Fraktion vor. Zustimmung gibt es bereits von Stadtgestaltern und FDP.
Bochum: Kosten für „Haus des Wissens“ explodieren
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Wie die WAZ exklusiv berichtete, laufen die Kosten für das „Haus des Wissens“ im Telekomblock gegenüber dem Rathaus aus dem Ruder. Stand jetzt, soll das von Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) als wichtigstes und prägendstes Projekt seiner Amtszeit bezeichnete HdW, in dem Volkshochschule (VHS), Stadtbücherei und eine Markthalle untergebracht werden sollen, mindestens 153 Millionen Euro kosten.
Beim politischen Beschluss 2017 legte die Verwaltung eine Kostenschätzung von 64 Millionen Euro vor. Mit Blick auf die Zeitschiene, das „Haus des Wissens“ soll frühestens Ende 2026 fertig sein, sind 200 Millionen vermutlich keine Utopie.
„Es ist für uns daher richtig und mehr als ein Zeichen, wenn in einer solchen Frage die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort haben. Wir sind gewählte Mandatsträger und uns unserer Verantwortung bewusst. Und gerade deswegen können und wollen wir nicht mit einem bloßen Ja oder Nein über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden, die am Ende alles bezahlen müssen“, sagt CDU-Fraktionschef Christian Haardt. Nach intensiver Diskussion habe sich die CDU einstimmig dafür ausgesprochen, einen Ratsbürgerentscheid zum HdW zu beantragen.
FDP will vier Varianten prüfen lassen
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Zustimmung gibt es von der FDP. Die Explosion der Kosten rechtfertige ein Bürgervotum, sagt Felix Haltt. Der Vorsitzende der Fraktion fordert für eine angemessene Beurteilung des Projekts zudem die Prüfung von Alternativen. Vier seien denkbar, so Haltt. „Der Bau des HdW im Telekomblock, die Sanierung des Bildungs- und Verwaltungszentrums, die Realisierung in einem anderen Gebäude wie City-Point/Drehscheibe oder die Suche nach einem ganz neuen Standort.“
Für diese Möglichkeiten müssten die entscheidenden Faktoren wie Kosten, Umfang und Flexibilität des Raumangebots, Grad der Barrierefreiheit, energetische Ausgestaltung, Förderfähigkeit und Realisierungszeitraum gegenübergestellt werden.
Stadtgestalter beantragen Akteneinsicht
Unterstützung für das Bürgervotum signalisieren auch die Stadtgestalter. „Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass Politik und Verwaltung den Schwarzen Peter den Bürger*innen zuschieben. Wir brauchen im Zuge eines solchen Entscheids eine intensive Debatte in und mit der Stadtgesellschaft, bei der Verwaltung und Politik auch Verantwortung übernehmen“, sagt Volker Steude. Die Fraktion Partei/Stadtgestalter habe eine Akteneinsicht in der Sache beantragt, teilte der Sprecher der Fraktion mit.
Inhaltlich sei man zu einhundert Prozent von dem Projekt HdW überzeugt. Auch, weil eigene Ideen wie der Park auf dem Dach oder die Markthalle realisiert werden sollen. Man sei aber nicht bereit, „den Kopf für immer neue Kostensteigerungen hinzuhalten, weil sich SPD und Grüne beharrlich weigern, die Verwaltung zu einem effektiven Projektmanagement zu verpflichten. Dass das Projekt jetzt auf der Kippe steht, liegt allein an der Unfähigkeit der Stadt, Bauprojekte erfolgreich zu managen und im gesetzten Kosten- und Zeitrahmen zu halten“, sagt Steude.
SPD und Grüne verweisen auf Grabenkämpfe bei der CDU
SPD und Grüne bewerten den Vorstoß der CDU ganz anders. „Die CDU entledigt sich so eines internen Streits“, sagt Grünen-Sprecher Sebastian Pewny, „das ist das Ergebnis des internen Grabenkampfes in der CDU-Fraktion“, ergänzt sein SPD-Pendant Burkart Jentsch. Die CDU-Spitze um Christian Haardt habe keine Mehrheit für das „Haus des Wissens“ und versuche auf diesem Weg, ihr Gesicht zu wahren.
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Die Mehrheiten bei Rot-Grün indes stehen. Pewny: „Wir haben von unserem Parteitag einen klaren Auftrag erhalten, an dem Projekt festzuhalten. Außerdem steigen die Baukosten, je länger man wartet.“ Bildung und Weiterbildung seien keine Themen für einen Ratsbürgerentscheid. „Hier muss der Stadtrat entscheiden.“
„Ratsbürgerentscheid verzögert Projekt unnötig“
„Wir haben das Thema breit in der Fraktion diskutiert und uns einstimmig für die Fortsetzung des Projekts ausgesprochen“, so Jentsch. „Bochum braucht eine VHS und Bochum braucht eine Bibliothek, die Markthalle ist ein Wunsch aus der Bürgerschaft, warum also soll man diese noch einmal fragen?“ Der geforderte Ratsbürgerentscheid koste nur unnötig Zeit. Im schlimmsten Fall drohe gar eine Rückabwicklung des Kaufvertrages für den Telekomblock.