Bochum. Mehr Radwege, weniger Parkplätze. Das ist die Devise der Stadt Bochum beim Umbau der großen Ein- und Ausfallstraßen. Dagegen regt sich Protest.

Die Stadt Bochum setzt den fahrradfreundlichen Umbau ihrer City-Radialstraßen fort. Die Hattinger Straße wird gerade umgebaut. 2022 folgt die Königsallee, 2023 dann die Alleestraße. Und auch an der Castroper Straße soll es nächste Woche losgehen. „Das ist überfällig“, sagen fahrradbegeisterte Bochumer. Aber nicht alle „anne Castroper“ sehen das so.

62 von 80 Parkplätze fallen weg

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Jürgen Weritz jedenfalls fühlt sich geradezu überrumpelt von dem Umbau einer der wohl bekanntesten Straßen der Stadt. Allein auf dem ersten Abschnitt zwischen Nordring und Klinikstraße werden nach seiner Zählung 62 Parkplätze wegfallen. „Das hört sich erst einmal wenig an“, sagt der Anwohner. „Und wenn es 62 von 1000 wären, wäre das auch so. Aber es sind 62 von 80, also vier Fünftel.“ Wo er und andere Bewohner des Viertels demnächst parken sollen, sei ihm schleierhaft. „Es herrscht schon regelrecht Panik.“

Von Montag an ist Schluss mit Parken an der Castroper Straße. Zwischen Nordring und Klinikstraße ändert sich durch den Umbau das gesamte Straßenbild.
Von Montag an ist Schluss mit Parken an der Castroper Straße. Zwischen Nordring und Klinikstraße ändert sich durch den Umbau das gesamte Straßenbild. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Falsch verstanden werden möchte Jürgen Weritz nicht. „Nichts gegen Radwege“, sagt er. „Aber bitte nicht so brutal und kompromisslos!“ Er beklagt die „Ignoranz seitens der Stadtverwaltung“. Trotz anderslautender Aussagen in der Bauverwaltung habe es keine Bürgerbeteiligung im Vorfeld gegeben.

Anwohner vermissen den Dialog

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Und: Ein Anschreiben an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), in dem der Bochumer Unmut wie auch Anregungen äußert, ist unbeantwortet geblieben. „Wo bleibt der versprochene Dialog?“, so Weritz, der auf mögliche Alternativen verweist. Lösungen wie die an der Dorstener Straße und an der Provinzialstraße in Dortmund seien doch ein guter Kompromiss zwischen den Interessen von Auto- und Radfahrern. „Warum muss ein Radweg 2,50 Meter breit sein?“

Vom Schwanenmarkt bis zur Klinikstraße reicht der erste Bauabschnitt an der Castroper Straße.
Vom Schwanenmarkt bis zur Klinikstraße reicht der erste Bauabschnitt an der Castroper Straße. © Unbekannt | Stefan Müßner

Verärgert ist Weritz aber nicht nur, weil sich er und andere Anwohner vor vollendete Tatsachen gestellt sehen. „Übersehen“ wird aus seiner Sicht auch, dass sich seit den 1950/60er Jahren an der Castroper Straße in Bezug auf Parkmöglichkeiten für Pkw nichts verbessert habe, seitdem aber viele bedeutende und publikumsträchtige Institutionen hinzugekommen seien: „Finanzamt, Planetarium, Synagoge, VfL-Stadion, Starlight Express, Ruhr-Congress, erweiterte Kliniken und Schulen“. Am Ende bleibe immer weniger Platz für die Anwohner, die jeden Tag aufs Neue den Kampf um einen Parkplatz ausfechten. „Anwohnerparken gibt es hier nicht. Das ist unerwünscht.“

Stadt: Fließender Verkehr vor ruhendem Verkehr

Nach Rechnung der Stadt fallen 30 bis 40 Parkplätze unwiderruflich weg, davon etwa 30 Plätze stadteinwärts, „die vornehmlich aber von Innenstadtbesuchern genutzt werden“, so Tiefbauamt-Leiter Christoph Matten. Auf der anderen Straßenseite würden zwischen Rheinischer Straße und Klinikstraße aber Parkplätze für Anwohner erhalten bleiben. „Außerdem haben wir danach geschaut, ob es noch genügend Parkraum z.B in Innenhöfen gibt.“

Digitale Info-Veranstaltung

Der Tiefbauamts-Chef verweist auf die neue Marschroute in Bochum, die dem Leitbild Mobilität folge: Fließender Verkehr gehe vor ruhendem Verkehr, das sei die neue Maxime. Und: Rad- und Fußverkehr sollen besonders gefördert werden.

Verwaltung weist Vorwürfe zurück

Den Vollausbau der Castroper Straße zwischen Nordring und Klinikstraße haben die Mitglieder des Ausschusses für Infrastruktur und Mobilität vor einem Jahr mit großer Mehrheit beschlossen. Einwände wegen der großen Zahl wegfallender Parkplätze hielt die Stadtverwaltung für unbegründet.Es heißt, „dass es sich überwiegend um auswärtige Parker handelt, die nicht entgeltpflichtig in der Innenstadt parken wollen“. Für die Anwohner stehe ausreichender Parkraum in den Innenhöfen der Häuser und im Parkhaus des Schuhgeschäftes zur Verfügung.

Der Vorwurf, die Veränderungen seien ohne Rücksprache mit den Anwohnern erfolgt, sei falsch. Am 27. Juli habe es eine digitale Informationsveranstaltung für Eigentümer gegeben, deren Häuser zum ersten Bauabschnitt gehören.

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Bevor die Castroper Straße ein neues Gesicht erhält, müssen erst einmal die Straßenbahnschienen ausgebaut werden. Die Radfahrstreifen werden, so heißt es in der Verwaltungsvorlage, „in einer komfortablen Breite von 2,50 Meter auf ganzer Länge angelegt“.

15 Bäume werden gefällt, 30 neu gepflanzt

Stadteinwärts wird das Parken am Fahrbahnrand bis auf die Busstellplätze für das Planetarium „unterbunden“, wie es heißt, „und der so gewonnene Raum den Gehwegen, den Radfahr- und den Grünflächen zugeordnet“. Stadtauswärts werden zwischen Brunnenstraße und Rheinische Straße Lieferzonen, Fahrradabstellplätze und gegebenenfalls E-Parkplätze angelegt. Weitere Parkmöglichkeiten sind vor der Wohnbebauung zwischen Rheinische Straße und Max-Grewe-Straße vorgesehen. Die Ausführung der Radwege werde sich an der Erfahrungen „aus den Maßnahmen an der Universitätsstraße und an der Hattinger Straße“ orientieren. 15 Bäume sollen gefällt, 30 neue gepflanzt werden.