Bochum. Die neue Sotha in Bochum, eine JVA für Sexual- und Gewalttäter, ist mittlerweile fast voll belegt. Viele Insassen haben einen Menschen getötet.
Seit gut einem Jahr leben mitten in Bochum zahlreiche Verbrecher mit einer schweren Persönlichkeitsstörung. Es sind Insassen eines Spezialgefängnisses – der neuen Sotha neben der JVA Krümmede. Mittlerweile ist sie fast komplett belegt.
Sotha steht für „sozialtherapeutische Anstalt für Sexual- und Gewalttäter“. Der Auftrag lautet: Die Insassen – alles Männer – soweit es geht so zu therapieren, dass sie wieder eine Chance auf ein Leben in Freiheit bekommen können. „Der Stand einer Gesellschaft ist auch am Strafvollzug messbar“, sagt Alwin Molitor, Leiter der Sotha, in einem WAZ-Gespräch.
Alle Häftlinge in der Sotha Bochum sind trotz ihrer Störung voll schuldfähig
Kein Mitgefühl, kein oder kaum Empfinden, Narzissmus, Sadismus, Borderline-Syndrome, Pädophilie, dissoziales und psychopathologisches Verhalten – eine oder mehrere dieser Veranlagungen haben alle diese Häftlinge gemein. Trotz ihrer Störung sind sie aber nicht geisteskrank. Sie sind voll schuldfähig für ihre Taten. Sie wussten, was sie taten. Und sie sind therapiewillig, sonst würden sie in einer normalen JVA einsitzen.
Die Therapie ist Schwerstarbeit. Deshalb ist die Anzahl der Beschäftigten – rund 100 aus den Bereichen Strafvollzugsdienst, Sozialarbeit Psychologie und Pädagogik – größer als die der Inhaftierten. Das ist die Ausnahme im Strafvollzug und folglich sehr teuer. Allein der Neubau kostete 74 Millionen Euro.
Von den 78 Haftplätzen sind jetzt 70 belegt. Zwei Drittel sind Sexualstraftäter (vor allem Kindesmissbrauch), ein Drittel Gewalttäter. Von diesen hat jeder einzelne mindestens ein Menschenleben auf dem Gewissen. Einige sitzen seit Jahrzehnten hinter Gitter.
Zwölf Insassen sitzen in der Sicherungsverwahrung
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Außerdem wurden zwölf Insassen als gemeingefährlich eingestuft, weil sie einen „Hang“ zu Straftaten haben; sie sitzen in der Sicherungsverwahrung, nachdem sie ihre zeitlich befristete Haftstrafe bereits abgesessen haben. Überwiegend sind die Insassen älter als 50 Jahre, der jüngste ist 25.
„Mindestens drei Jahre brauchen wir“, sagt Molitor über die Therapiearbeit mit den Insassen, die nach der Sotha direkt entlassen werden und danach nicht mehr in eine andere Haftanstalt kommen. Bei Missbrauchstätern etwa müsse man ganz viel an Motivation leisten, damit sie auch die Verantwortung für ihre Taten übernähmen. „Das ist am Anfang ganz schwierig.“
Häftlinge machen Handwerksausbildung
Alle Häftlinge können in Werkstätten der Sotha eine Ausbildung als Tischler, Elektriker, Industriemechaniker und Metallarbeiter machen. „Das wirkt sich sehr gut auf die Therapie aus“, sagt Anstaltsleiter Alwin Molitor.Sie leben in acht Wohngruppen. Tagsüber können sie sich innerhalb ihrer Abteilung frei bewegen. Nur nachts sind sie auf ihrer Zelle.Wer gewalttätig wird, fliegt sofort aus der Sotha und kommt in eine normale JVA.Im nächsten Jahr wird die neue Pforte der Sotha auch die der JVA Krümmede nebenan sein. Von dort führen dann zwei Tunnel in die Krümmede, für Beschäftigte und Besucherinnen und Besucher.
Viele hätten „Ausreden“, weil die Übergriffe nicht mit äußerer körperlicher Gewalt verbunden gewesen seien. Aber die Gewalt sei eine psychische. „Die Tat dauert in der Regel eine halbe Stunde. Für das Opfer ist es aber ein Leben lang.“ Und die Verantwortung müssten die Täter „ein Leben lang übernehmen“.
Erfolgsquote liegt bei 87 Prozent
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Ihre Veranlagung können nicht alle Täter jemals ablegen. In der Sotha soll ihnen aber klargemacht werden, dass sie großes Leid, immensen äußeren und seelischen Schmerz bei ihren Opfer hinterlassen haben. Das soll das Rückfallrisiko senken.
Die Erfolgsquote liegt Molitor zufolge bei 87 Prozent. „Die ist richtig gut“, so Molitor. Zumal die Kriterien streng seien: Wer sich in Freiheit zum Beispiel wieder Kindern im Schwimmbad nähert, auch ohne dass es zum körperlichen Kontakt kommt, gilt schon als rückfällig. Wer aus der Sotha rauskommt (meist nach drei bis acht Jahren), wird von der Justiz nicht ganz aus den Augen gelassen.