Bochum. Der Bochumer (59), der seit Samstag wegen Kindesmissbrauchs in U-Haft sitzt, hat bereits 3,5 Jahre in Haft gesessen - wegen gleicher Taten.
Der 59-jährige Bochumer, der seit Samstag wegen des Verdachts des schweren sexuellen Kindermissbrauchs in U-Haft sitzt, ist bereits zweimal wegen solcher Straftaten verurteilt worden. 2014 war er vom Landgericht Bochum zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden und saß diese Strafe bis zum Schluss ab.
Auch bereits 1997 war er wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden, eine Bewährungsstrafe.
Der Mann war am frühen Freitagabend von der Polizei am Vorplatz des Bochumer Hauptbahnhofes festgenommen worden, wie Oberstaatsanwalt Paul Jansen am Montag der WAZ sagte. Kurz zuvor hatte ein Zeuge die Wache informiert, dass der Mann sich mit einem elfjährigen Jungen am Bahnhof aufhalte, obwohl er keinen Kontakt zu Kindern haben durfte. Der Zeuge kannte offenbar auch die Vorgeschichte des Mannes.
Missbrauch soll sich in der Wohnung des Beschuldigten ereignet haben
Auch interessant
Das Kind wurde noch am Freitag von der Polizei angehört. Dabei schilderte es einen schweren sexuellen Missbrauch durch den Tatverdächtigen in dessen Wohnung. Am Samstag erließ das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen ihn. Er sitzt nun in U-Haft und schweigt zu den Vorwürfen.
Die Polizei prüft jetzt intensiv, ob der Mann in letzter Zeit noch weitere Missbrauchstaten begangen haben könnte.
Seit fast vier Jahren befand er sich in dem so genannten „Kurs“-Programm (Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern). 2010 wurde dieses Konzept vom Innen-, Justiz- und Gesundheitsministerium auf den Weg gebracht, um die Rückfallgefahr von verurteilten Sexualstraftätern möglichst gering zu halten. Die Bochumer Justiz hatte den 59-Jährigen nach seiner Haftentlassung Ende 2017 unter „Führungsaufsicht“ gestellt, so dass Bewährungshelfer, Therapeuten und die Polizei ein Auge auf ihn haben konnten, obwohl er nach kompletter Verbüßung seiner Strafe ein freier Bürger war.
Polizei Bochum: Keine Hinweise auf eine Rückfalltat des Tatverdächtigen
Einige Sexualstraftäter werden nach ihrer Haftstrafe nicht weiter von der Polizei regelmäßig kontrolliert, andere aber schon, weil die Justiz ihnen erneute sexuelle Übergriffe zutraut – wie dem 59-jährigen Bochumer.
Wie Polizeisprecher Frank Lemanis der WAZ sagte, sei die Führungsaufsicht bereits fast beendet gewesen. Anzeichen auf einen Rückfall habe es nicht gegeben. „Es gab keine Hinweise, dass er sich in diese Richtung entwickelt.“
Acht Jahre Haft für rückfälligen „Kurs“-Probanden
In Bochum hatte zuletzt im Februar 2018 ein rückfälliger „Kurs“-Proband für Entsetzen gesorgt. Der damals 31-jährige Elektriker aus Bochum hatte eine 33-jährige Frau auf dem Blumenfriedhof auf besonders brutale Weise vergewaltigt. Sie wurde schwer verletzt.
Die beiden kannten sich gar nicht und waren am frühen Morgen auf dem Weg nach Hause vom Bermuda-Dreieck.
Die Strafe: acht Jahre Haft. Für die Zeit danach danach ordnete das Landgericht Sicherungsverwahrung wegen Allgemeingefährlichkeit an. Bereits 2010 war er in Dortmund wegen einer ähnlichen Vergewaltigung zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden.
Laut Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte zunächst Anfang 2021 einen Kontakt zu der Familie des Jungen aufgebaut und das Vertrauen zu seinen Eltern gewonnen haben. Zuletzt soll er allein mit dem Kind unterwegs gewesen sein.
Rückfallquote liegt bei „Kurs“-Probanden bei rund 3,5 Prozent
Im Bochumer Polizeibezirk (mit Herne und Witten) gibt es eine mittlere zweistellige Anzahl an Kurs-Probanden. NRW-weit liegt die Zahl bei rund 1050, wie das Landeskriminalamt der WAZ mitteilte. Die Rückfallquote betrage rund 3,5 Prozent.
Außerhalb des „Kurs“-Konzeptes liege die Rückfallquote bei Sexualstraftätern nach ihrer Entlassung bei rund 20 Prozent. Deshalb wertet die Polizei das Konzept als „durchaus erfolgreich“, auch wenn „eine mögliche Rückfalltat nicht ausgeschlossen“ werden könne.