Bochum. Das Vereinsheim der Bandidos in Bochum ist am Montag beschlagnahmt worden, Schlösser wurden getauscht. Welche Auswirkungen das Verbot noch hat.
Vor dem Vereinsheim der Bochumer Rockergruppe „Bandidos“ an der Alten Wittener Straße sind am Montagmorgen mehrere Polizei- und Feuerwehrfahrzeuge vorgefahren. Hintergrund ist ein Verbotsverfahren von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gegen die Rockergruppe. Schwerbewaffnete Beamte sichern das Gebäude, während Spezialisten des BKA unterstützt von Kriminalpolizisten aus dem Bereich „Organisierte Kriminalität“, die Räume durchsuchen, Beweismittel und Vermögenswerte sicherstellen, darunter eine schwere Harley.
Der Verein Bandidos Motorclub (BMC) „Bochum Centro“, heißt es in einer „Bekanntmachung“ des Ministers im Bundesanzeiger, „ist verboten und wird aufgelöst“. Er laufe „den Strafgesetzen zuwider“.
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Das Verbot gilt nicht nur für den rund 15 Mitglieder zählenden Bochumer Ortsverein der Bandidos („BMC Bochum Centro“), sondern auch für die „Bandidos MC Federation West Central“, eine Art Landesverband der Ortsgruppen der Rockergruppen. Verboten sind außerdem zum Beispiel die Bandidos-Vereine in Castrop-Rauxel, Essen, Duisburg, Gelsenkirchen, Hamm, Herne, Hohenlimburg/Witten, Kamen, Menden, Münster, Recklinghausen oder Unna.
Nachbarn beobachten den Polizeieinsatz
Vor Ort in Laer beobachten Nachbarn die von Polizisten mit Maschinenpistolen abgesicherte Aktion. „Ach, das sind hier doch nur die Handlanger, die Drahtzieher sitzen ganz woanders“, sagt ein Nachbar.
Ein anderer Anwohner, dessen Grundstück direkt an das jetzt ehemalige Vereinsheim der Bochumer Bandidos grenzt, spricht von ruhigen Nachbarn. „Wir haben uns immer gegenseitig geholfen. Hier gab es eigentlich nie Ärger, ich finde das alles etwas übertrieben.“ Wieder ein anderer erinnert sich noch an die Zeiten zurück, dass die Bochumer Bandidos ganz brav zum Nachbarschaftsfest im eigentlich beschaulichen Laer mit Grillwurst und Flaschenbier geladen haben.
In den letzten Jahren hatte es immer wieder Durchsuchungsaktionen in Laer gegeben, darunter auch ein spektakulärer Einsatz mit einem Spezialfahrzeug der Polizei, das sogar mit einer Rampe ausgestattet war, damit die Polizisten schneller in die oberen Räume das Bandido-Hauses gelangen konnten.
Rund 650 Rocker sind von dem Verbot betroffen
Das Vereinsvermögen wird beschlagnahmt und eingezogen. „Von diesem Verbot sind nach Schätzungen des BKA ungefähr 650 Rocker in Deutschland betroffen“, so das Ministerium.
Verboten sind nun auch verschiedene Zeichen der Rockergruppierung. Zum Beispiel auch die vier Buchstaben, die an der Frontseite des Bochumer Vereinsheim angebracht sind: B-F-F-B: eine Abkürzung für Bandidos Forever, Forever Bandidos (zu deutsch: für immer Bandidos.). Auch das Bandido-Zeichen „1%“ ist verboten, das ebenfalls an der Hauswand zu sehen ist.
Die Aktion am Montag hängt eng zusammen mit einer polizeilichen Durchsuchung am 1. Juli in fünf Bundesländern, darunter in NRW und auch im Bochumer Vereinsheim. Der Einsatz in Bochum wird federführend vom Dortmunder Polizeipräsidium geleitet. Sprecherin Nina Kupferschmidt erläutert: „Mit dem Verbot der Organisation ist es auch nicht mehr erlaubt, deren Symbole und Embleme zu zeigen.“
„Schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit“
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Das Ministerium kam danach zu dem Schluss, dass von den „Bandidos MC Federation West Central“ eine „schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit“ ausgehe. „Wesensprägend für den Verein ist insbesondere dessen strafrechtswidrige Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden Rockergruppierungen und anderen Organisationen. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu schweren Körperverletzungs- und (versuchten) Tötungsdelikten.“
Offiziell hatte sich der Verein zwar längst ausgelöst, aber das Ministerium hatte Erkenntnisse, „dass er trotzdem „weiterhin existent ist“.
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Seehofer: „Wer unsere Gesetze mit Füßen tritt, verschwindet nicht vom Radar unserer Sicherheitsbehörden, nur weil er seine Selbstauflösung erklärt. Das bislang größte Verbot einer kriminellen Rockergruppe zeigt, dass sich der Rechtsstaat nicht an der Nase herum führen lässt.“
Ein Schlüsseldienst tauscht Schlösser am Bochumer Vereinsheim aus
Die Bochumer Feuerwehr war vor Ort, um sämtliche Beschilderungen der Bandidos zu entfernen, wie der Sprecher der für den Einsatz zuständigen Polizei Dortmund, Oliver Peiler, auf WAZ-Anfrage sagte. „Das Objekt in Bochum ist als Clubhaus der örtlichen Bandidos zu werten. Es ist beschlagnahmt und gehört nicht mehr dem verbotenen Verein. Es werden Schlösser ausgetauscht, eventuell vorhandenes Vereinsvermögen beschlagnahmt und die Vereinsheime/Clubhäuser geschlossen.“ Die Feuerwehr setzte auch eine Drehleiter an dem Gebäude ein, um die Vereinsembleme zu demontieren.
Das Clubhaus der Bandidos ist ein Altbau und auf seiner ummauerten Rückseite mit Nato-Draht gegen mögliche Eindringlinge gesichert.
Bandido-Rechtsanwalt aus Bochum kündigt Klage gegen die Vereinsverbote an
Für Bandido-Rechtsanwalt Reinhard Peters aus Bochum kam die Aktion am Montag nicht mehr überraschend. Er kündigte in einem WAZ-Gespräch eine Klage gegen die Vereinsverbote an. 95 Prozent der jetzt verbotenen Ortsgruppen hätten sich in den vergangenen Jahren strafrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen, darunter auch der Bochumer Verein. Er sieht fast alle Ortsgruppen in Sippenhaft genommen.
Am Dienstag will er sich mit einer Professorin für öffentliches Recht treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Peters zur WAZ: „Wir glauben, dass die ganze Aktion ein Politikum ist. Es stehen Wahlen vor der Tür. Der Innenminister will sein großes Engagement unter Beweis stellen.“