Mülheim. Paul Otto hat eine Marktlücke in der Veranstaltungsbranche gefunden, sie besetzt. Wie der Mülheimer die Pandemie clever zu seinen Gunsten nutzte.
Was vor einem knappen Vierteljahrhundert in einem kleinen Keller begann, füllt heute einen eindrucksvollen Hallen-Neubau an der Geitlingstraße. Dort residiert seit 2018 die Firma „Tonmedia“, die sich seit ihrer Gründung überregional einen Namen in den Bereichen Beschallung, Bühnenbau und Beleuchtung gemacht hat.
Paul Otto ist der Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens und erinnert sich an dessen Anfänge. „Wir haben – damals noch zu viert – als Schüler angefangen und die Theater-Aufführungen in unserer Schule, dem Otto-Pankok-Gymnasium, technisch betreut. Das wurde dann einfach immer mehr.“
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Nach dem Abitur 1999 und einem Jahr Zivildienst im Evangelischen Krankenhaus nahm Otto ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Technischen Universität Dortmund auf. Währenddessen baute er das Geschäft mit der Veranstaltungstechnik nebenbei so stark aus, dass er sich nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums bis zu seinem 30. Geburtstag vier weitere Jahre Zeit geben wollte, es auf diesem Weg zu versuchen. „Und in dieser Phase bin ich eigentlich immer noch“, ergänzt der heute 42-Jährige mit einem Augenzwinkern.
Aus dem Keller ging es an den ersten eigenen Firmen-Standort an der Seilerstraße, von dort an den Wiehagen und dann noch einmal weiter an die Hänflingstraße, bevor 2018 der finale Umzug in den eigenen Neubau an der Geitlingstraße erfolgte. „Wir sind immer in eine größere Location gezogen“, erinnert sich Otto und ergänzt: „Unter ständiger Erhöhung der Gewerbesteuer.“ Das Unternehmen ist mittlerweile ein Ausbildungsbetrieb mit vierzehn Mitarbeitenden. „Wir haben uns immer mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein auf die Jobs gestürzt, die für große Anbieter unserer Branche zu klein waren – als der gute, kleine Dienstleister für anspruchsvolle Vorhaben.“
Mülheimer baute sich nach und nach einen Kundenstamm auf
Sukzessive kamen immer größere und immer mehr Kunden hinzu. So arbeitet „Tonmedia“ heute auch erfolgreich mit der Dekra zusammen und ist Rahmenvertragspartner des nordrhein-westfälischen Landtags. Wenn irgendwo eine Bühne zu bauen oder eine Veranstaltung zu beschallen oder zu beleuchten ist, ist das Mülheimer Unternehmen zur Stelle. „Wir haben viele Bestandskunden und gewinnen neue per Mundpropaganda hinzu“, freut sich der Chef.
Ein Satz in seiner Rückschau überrascht zunächst: „Corona war für uns rückblickend keine Voll-Katastrophe“, blickt Paul Otto auf die vergangenen drei Jahre zurück. So sei es 2020 zunächst zwar drunter und drüber gegangen, dann jedoch griffen die unternehmerische Klugheit und der Geschäftssinn des studierten Wirtschaftsingenieurs. „Keiner wusste so richtig, was jetzt passiert – und dann ging’s erstmal in den Lockdown“, erinnert er sich. Da hätten alle noch gedacht, dass der Spuk nach drei Monaten vorbei ist – aber es kam bekanntlich anders.
Corona brachte Mülheimer Firma ein weiteres Standbein
„Man brauchte ein bisschen Zeit, um sich zu sortieren – und dann sind wir sehr schnell ins Streaming-Geschäft eingestiegen.“ Otto erkannte die Zeichen der Zeit und bot mit seinem Unternehmen professionelle Unterstützung für Online-Konferenzen und sonstige Video-Streamings an – und stieg zudem in das Geschäft mit qualitativ hochwertiger Unterhaltungselektronik ein. Bis dahin hatte das Unternehmen zwar auch schon Hotels, Diskotheken und Besprechungsräume in Firmen mit Sound-Systemen, Beamern und Leinwänden ausgestattet, das Privatkunden-Geschäft in diesem Bereich aber noch außen vor gelassen.
„Die Idee, anspruchsvollen Installationsbau auch für Privatkunden anzubieten, hatte ich schon seit einigen Jahren, aber ich hatte halt nie die Zeit und die Muße dazu“, erinnert er sich. Corona bot ihm nun die Chance, seinem Unternehmen auch dieses Geschäftsfeld zu eröffnen. Paul Otto setzte sein Vorhaben in die Tat um und gestaltete einen Teil der ersten Etage seines Unternehmensstandorts in einen Showroom für exklusive Lautsprecher, Verstärker, Endstufen, Streamer und auch Plattenspieler. „Musik war für mich damals der ausschlaggebende Impuls, in dieser Branche tätig zu werden“, erinnert sich der Mann, der früher selbst Posaune und Klavier spielte.
Mülheimer machte seine Leidenschaft zum Beruf
Folgerichtig nannte er seinen neuen Unternehmensbereich „Impulstreu“. „In diesem Bereich bieten wir hochwertige Audio- und Videotechnik für den Privatbereich an.“ Die Kunden seien Musik-Liebhaber, die in ihren eigenen vier Wänden einen optimalen Klang erleben wollen. Der Fokus liegt dabei überraschenderweise auf Streaming – also auf Musik, die direkt aus dem Internet ins Ohr geht – und vorher die Geräte durchläuft, die Paul Otto anbietet. Das geht bis zu speziellen Kabeln, die einen gleichmäßigen Stromfluss garantieren. „Man hört tatsächlich den Unterschied“, erklärt der Fachmann.
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Obwohl die Geschäfte zufriedenstellend laufen, plant Otto keine Vergrößerung seines Unternehmens. „Es gibt zwar Nachwuchs, der richtig gut ist, aber leider zu wenig.“ Es mangele an Belastbarkeit und Pflichtbewusstsein. „Viele wollen etwas sein, aber nichts werden“, bringt er seine Kritik auf den Punkt. Es fehle oft das Bewusstsein, dass „Arbeit“ von „arbeiten“ komme. „Work-Life-Balance ist unzweifelhaft wichtig. Der Work-Anteil müsse dann aber auch zum Life-Anteil passen. „Es ist wichtig, dass einem sein Job, so wie hier bei uns, Spaß macht. Da ist es dann auch nur noch halb so schlimm, dass man oft arbeitet, wenn andere feiern“, so Paul Otto.