Oberhausen. Wie schlimm ist Oberhausen gebeutelt? Wie kommt man aus der Krise? Hier alle Grundsatzreden der Ratspolitiker - mit teil provozierenden Aussagen.
Den Haushaltsplan 2021 hat die breite Mehrheit des Stadtrates am Montagnachmittag, 8. Februar 2021, abgesegnet - nur die Linken und die AfD stimmten dagegen. Das Rathaus darf nun allein in diesem Jahr 890 Millionen Euro ausgeben – und wegen der Ausfälle durch die Corona-Wirtschaftskrise über 100 Millionen Euro neue Kredite aufnehmen.
Davon sind 33 Millionen Euro neue Kredite für Investitionen und 68,5 Millionen reine Liquiditätskredite, also um überhaupt zahlungsfähig zu bleiben. Die Pro-Kopf-Verschuldung steigt sprunghaft um fast 500 Euro an - von 9032 Euro auf 9512. Das ist so hoch wie noch nie zuvor in der über 150-jährigen Geschichte der Stadt Oberhausen. Ein wirklich ausgeglichener Haushalt ist nach der langfristigen Finanzplanung frühestens 2030 in Sicht.
Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras befürchtet bereits, ohne weitere Hilfen von Bund und Land absehbar Steuern, Gebühren und andere Abgaben für die 210.000 Einwohner erhöhen zu müssen – und erneut gezwungen zu sein, kräftig in den städtischen Service einzuschneiden.
Diese Themen bewegen die Ratsparteien und -Gruppen
Die Lage der Finanzen, die menschlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und die Frage, wie Oberhausen aus der Misere herauskommen kann – diese Themen beschäftigen natürlich die Lokalpolitiker. Einige versuchen in ihren Reden zum Haushalt 2021 sogar mit leichtem Optimismus in der Krise die Chance zu sehen, die Lebensbedingungen der Oberhausener zu verbessern – durch mehr Klimaschutz, besserer Mobilität, einen effizienteren digitalen Service der Stadtverwaltung und durch die Konzentration der Politik auf die für die Menschen wesentlichen Themen.
Die Fraktionen und Gruppen formulieren traditionell ihre Reden vor der Abstimmung über den Haushalt, in dem sie grundsätzliche Betrachtungen zur Politik in Oberhausen ziehen. Hier können Sie noch die Reden des vergangenen Jahres aus November 2019 zum Haushalt 2020 nachlesen - ein Blick in eine andere Welt, vor der Pandemie.
In diesem Jahr tagte aus Corona-Schutzgründen nur der kleinere Haupt- und Finanzausschuss, dem der große Stadtrat seine Entscheidungsbefugnisse übertragen hat. Wir dokumentieren hier die Reden der Generaldebatte von Montagnachmittag (8. Februar 2021) nur leicht gekürzt im Original, die uns die Fraktionen und Gruppen zugeleitet haben. Die AfD hat ihre Rede auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht.
Auffällig ist dabei, dass offenbar der Wahlkampf und das Kommunalwahlergebnis des vergangenen Jahres so sehr nachwirken, dass sowohl CDU wie auch SPD meinen, in ihren Haushaltsreden noch einmal Bewertungen der Wahlen des Rates und des Oberbürgermeisters vornehmen zu müssen. Die sind durchaus für den politisch interessierten Bürger spannend zu lesen – und teils ziemlich überraschend.
Die Rede von Simone-Tatjana Stehr, Vorsitzende der 19-köpfigen Oberhausener CDU-Ratsfraktion:
„Bei der letzten Haushaltsrede im November 2019 war ich vorsichtig optimistisch: Schuldenanstieg - gestoppt, getilgt, zurückgefahren. Zum vierten Mal in Folge ein ausgeglichener Haushalt, nach einem Vierteljahrhundert zuvor, in dem Jahr für Jahr ein unfassbarer Schuldenberg aufgeschichtet wurde. Nach Jahren wieder Handlungsfähigkeit und Gestaltungsspielraum.
Das war sozusagen „gestern“. Und im Januar 2020 änderte sich über Nacht durch die Corona-Pandemie nahezu alles. Den Schwerpunkt bilden die menschlichen Krisen, die mit diesem Virus zusammenhängen. Zugleich wirkt es auf nahezu alle wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Bereiche: Unser Leben wurde massiv auf den Kopf gestellt. Es wird von existenziellen Fragen und Unsicherheiten begleitet.
Die Lage darf uns aber keinesfalls dazu bringen, in Schockstarre zu verfallen und auf eine „postCorona“-Zeit zu warten. Wir müssen uns – auch in der Gefahr – bewegen, die Dinge im Griff behalten; Risiken, wo immer es geht, vermeiden und vor allen Dingen für weitere Entwicklungen vorsorgen, auch finanziell. Letztlich zeigt uns die Geschichte, dass oftmals - sogar gerade in der Krise - die Weichen für eine positive Entwicklung gestellt wurden. Warum also nicht in Zukunft auch für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt, der Klimaneutralität, der Stadtentwicklung und digitaler Bildung?
CDU: Massive Kritik an der vergangenen Politik der SPD
Eine positive Entwicklung braucht aber kompetente Begleitung. Liebe SPD, im Juni 2020 habt ihr einen Antrag gestellt, mit dem fehlende Wirtschaftskraft in unserer Stadt beklagt werden sollte. Dieser Antrag gehörte politisch zu den peinlichen Highlights des letzten Jahres. Ihr wart diejenigen, durch deren Politik über Jahrzehnte Schulden angehäuft, Steuern erhöht und wahlweise entweder Entwicklung vernachlässigt oder gegen die Wand gefahren wurden (fehlende Großansiedlungen, Waldteichgelände, Schrottimmobilien, Stahlwerksgelände, Kaiser und Ganz, Fernsehstudio HDO, Ski-Halle…). Ihr habt die Geschehnisse in dieser Stadt über Jahrzehnte federführend und nach Gutsherrenart bestimmt. Wohlgemerkt bestimmt, nicht entwickelt, geschweige denn gestaltet.
Dann wird mit Oberbürgermeister Daniel Schranz endlich wieder Dynamik gewonnen und messbar eine Kehrtwende eingeläutet, der auch ihr immer wieder Respekt gezollt habt. Und schließlich stellt ihr euch hin und macht euch „Sorgen“. Ich habe dieses Verhalten seinerzeit als größten Fall politischer Amnesie eingestuft und wiederhole das heute in aller Deutlichkeit.
Bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, lasst euch dazu herab, die erlernten Reflexe abzulegen und im Sinne der Stadt sachorientiert Themen zu gestalten. Vielleicht trägt das Kommunalwahlergebnis ja dazu bei, diesen Schritt umzusetzen; wir würden uns in jedem Fall freuen. Und bei den CDU-Kernthemen Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung gelingt das ja auch schon, indem ihr sie für euch entdeckt und unsere Ideen mit anstößt und öffentlich wirksam, lieber Manfred Flore, aufs Tapet bringt. Und wenn der Kämmerer dann noch dieselben Maßstäbe für alle Anträge anlegt, wenn es um die Frage der finanziellen Kompensation geht, bewegen wir uns in eine sinnvolle Richtung.
CDU: Grüne sehen die Probleme der Welt, verlieren aber den Blick auf die Lage vor Ort
Liebe Grüne, ich erlaube mir auch einen kurzen Blick in eure Richtung. Ihr seid nun „groß“ geworden und stoßt selbstbewusst vor allem die großen Themen der Welt an – vom Klimanotstand bis zur Seebrücke. Auf dieser Flughöhe verliert man allerdings nicht selten das vermeintlich Kleine aus den Augen, mit dem tatsächlich viel vor Ort bewirkt werden kann.
Unsere Sympathie für grüne Themen haben wir als CDU-Fraktion immer wieder deutlich bekundet und aktiv umgesetzt - von der Suche nach „1000 Baumstandorten“ über „Lebenswelten“ und Grün auf allen dafür geeigneten Oberhausener Dächern bis hin zur Machbarkeitsstudie für die Quartiersparkhäuser. Eure Grünen-Beigeordnete wurde durch Ratsbeschlüsse mit der Umsetzung beauftragt. Leider ist aber nichts passiert. Sie ist überwiegend einfach untätig geblieben. Selbst wenn die eigenen Leute angefragt haben. Das schien euch aber gar nicht zu betreffen. Ihr habt es zur Kenntnis genommen. Und der Status der Beschlüsse? Erledigt? Fehlanzeige! Das ist mehr als bedauerlich. Bei allem Respekt vor dem Ergebnis der Grünen bei den Kommunalwahlen (14,4 Prozent) – vielleicht setzen wir lieber auf Zusammenarbeit als aufs Kräftemessen orientiert an der Anzahl der Ratsmitglieder.
Das begonnene Jahr wird genügend Herausforderungen für uns alle bereithalten. Wir befinden uns in einer geschichtlichen Zäsur und sind uns einig, dass durch die Pandemie auch kein dauerhafter Schaden für den Wirtschaftsstandort Oberhausen entstehen darf. In diesem Sinne konnten wir eine Sonderförderung „Corona“ auf den Weg bringen, Elternbeiträge für die Betreuung in Kitas, Kindertagespflege und dem Offenen Ganztag aussetzen, Mittel für die Frauenberatung erhöhen, die Zuschusshöhe für bürgerschaftliche Aktivitäten anpassen.
Investitionen in Schulen, Kitas, Straßen und Kommunikationstechnik
Der aktuelle Haushalt bietet – trotz erheblich erschwerter Bedingungen – die Chance, eine politische Perspektive aufzuzeigen und in Ideen und deren Umsetzung zu investieren. In Kindergärten, Schulen, Straßen und modernste Kommunikationstechnik. 2020 konnten wir 110 Millionen Euro in unsere Stadt investieren. Das war ein Langzeitrekord. Auch 2021 können Investitionen von 107 Millionen Euro Berücksichtigung finden – auch dank der Programme des Bundes und des Landes. So führen die enormen Unterstützungen von Bund und Land zu einem positiven Jahresabschluss 2020. Wir können unseren Anteil an der Bewältigung der Krise leisten. Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2021 schließt ebenfalls mit einem Plus ab, weil coronabedingte Ausgaben isoliert werden können.
Eine wichtige Voraussetzung für Wohlstand, Sicherheit und Stabilität in unserem Land sind funktionierende Kommunen. Daher wird es unvermeidbar sein, Schulden aufzunehmen und so kommunale Investitionen zu sichern. Die Ansiedlungen von Unternehmen und Impulsgebern (wie die TOP-Golf-Anlage in der Neuen Mitte oder das Lehrerseminar auf der Marktstraße), die Innenstadtgestaltung, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Investitionen Dritter und die stetige Imageverbesserung unserer Stadt müssen weiter auf unserer Agenda stehen.
Als CDU-Fraktion sind wir dankbar, dass Wirtschaft in Oberhausen kein kümmerliches Dasein mehr fristet, sondern mit Daniel Schranz zur Chefsache wurde. Mit dem so entstandenen Masterplan-Wirtschaft wird professionell und konsequent die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Oberhausen entwickelt und seit der aktuellen Wahlzeit wurde durch die Politik ein Ausschuss Wirtschaft und Digitalisierung installiert, um gezielt diese Themen zu verfolgen. Zur Handlungsfähigkeit gehört auch die Gründung des Eigenbetriebs SBO Servicebetriebe Oberhausen zum 1. Januar 2021. Das System OGM ist Geschichte und die damit verbundenen Einsparungen sind Zukunft.
CDU: Auf keinen Fall Steuererhöhungen - im Gegenteil
Diese Entwicklung sollte uns darin bestärken, Mut für Veränderungen zu haben. Auf den Rückgang der Wirtschaftsleistungen einerseits und den Anstieg des Aufwandes andererseits, darf keinesfalls durch Sparauflagen reagiert werden, die unter anderen Steuererhöhungen provozieren. Das Gegenteil ist wichtig. Mit Daniel Schranz an der Spitze müssen wir weiterhin entschlossen die Absicht verfolgen, die Gewerbesteuer und die Grundsteuer absehbar zu senken und so positive Signale zu senden.
Wir haben in der relativ überschaubaren Zeit der Veränderungen in Oberhausen natürlich noch kein Polster schaffen können. Wir haben noch keine Instrumente, wie der Kämmerer so treffend formuliert, um konjunkturbedingte, geschweige denn krisenhafte Einbrüche aufzufangen.
Mit unserer heutigen Entscheidung legen wir klare Schwerpunkte für die nächsten Jahre. Entscheidend für die Entwicklung des Haushaltes wird die gesamtwirtschaftliche Entwicklung unter und nach Corona sein, sowie die Wirksamkeit der in Aussicht gestellten Kompensations- und Unterstützungsmaßnahmen seitens des Bundes und des Landes. Wir alle wollen, dass es Oberhausen und den Menschen, die hier leben, gut geht.
Die CDU-Fraktion wird diesem Haushaltsentwurf zustimmen, weil wir uns unserer Verantwortung für unsere Heimatstadt bewusst sind. Ich behaupte abschließend, dass sich die bisherigen Mühen auszahlen und wir letztlich doch für unsere Bemühungen belohnt werden. Ich möchte mir nicht ausmalen, wo wir stünden, wenn sich die Haushaltspolitik so fortgesetzt hätte wie vor 2015. Glückauf!“
Die Rede von Sonja Bongers, Vorsitzende der 19-köpfigen Oberhausener SPD-Ratsfraktion:
„Als ich im November 2019 zum ersten Mal die Haushaltsrede der SPD-Fraktion vortragen durfte, freuten wir uns im Sitzungssaal im Rathaus über den vierten Haushalt in Folge ohne neue Schulden. Wir liefen uns rhetorisch warm für den Kommunalwahlkampf und Corona war nicht mehr als eine exotische Bierspezialität aus Mexiko. Welch ein Kontrast zu heute! Die Corona-Pandemie ist zweifellos das einschneidendste Ereignis seit Generationen.
Der Kampf gegen das Virus beherrscht unser aller Leben. Weltweit sind bis jetzt fast 2,3 Millionen Menschen an Corona gestorben. Und auch bei uns in Oberhausen hat Covid-19 zahlreiche Leben gefordert: Mittlerweile zählt der Tagesbericht des Krisenstabes fast 240 Todesfälle seit Beginn der Pandemie. Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt den Oberhausener Familien, die geliebte Angehörige vor ihrer Zeit verloren haben.
SPD bedankt sich bei Beschäftigten in vorderster Reihe – und bei der Bundeswehr
Es heißt nicht zu Unrecht, dass die Pandemie die Schwächen unserer Gesellschaft wie unter einem Vergrößerungsglas schonungslos aufzeigt. In den vergangenen Monaten hat sich aber auch erwiesen, auf wen wir uns verlassen können. Ich möchte im Namen meiner Fraktion all jenen danken, die mit hoher Leistungsbereitschaft und Leidensfähigkeit in dieser Krise ohne Beispiel in vorderster Reihe stehen: Den Beschäftigten in den Alten- und Seniorenheimen, den Rettungskräften, dem Personal in den Krankenhäusern und Arztpraxen, den Busfahrerinnen und Busfahrern, den Verkäuferinnen und Verkäufern, den Polizistinnen und Polizisten, den Beschäftigten von SBO, WBO und Stadtverwaltung, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsbereichs und all den vielen anderen, die mit ihrer Arbeit tagtäglich unsere Stadt zusammenhalten, nicht nur in Zeiten der Pandemie.
Ausdrücklich bedanke ich mich auch bei den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die unserem Bereich Gesundheit seit dem besonders schwierigen Krisenmonat November, als Oberhausen NRW-weit die mit Abstand meisten Neuansteckungen verzeichnete, so professionell und tatkräftig unter die Arme greifen.
SPD: Kommunalwahlergebnis der CDU keine Sensation
Obwohl die Kommunalwahl letztes Jahr in eine Zeit ohne harten Lockdown fiel, wurden die Wahlkampfaktivitäten durch Corona doch erheblich eingeschränkt. Die Wahlbeteiligung betrug nur erschütternde 42 Prozent. Drei von fünf Wahlberechtigten haben auf ihr Wahlrecht, das wichtigste Werkzeug im Instrumentenkoffer unserer Demokratie, verzichtet. Das bedaure ich nicht nur, sondern finde dies höchst bedenklich.
Zum Ergebnis der Kommunalwahl selbst bleibt nicht viel nachzutragen, außer vielleicht dies: Die politische Zeitenwende bei der Kommunalwahl, die manche befürchtet und andere erträumt haben, ist definitiv ausgeblieben. Der Umstand, dass die CDU mit Ach und Krach und nur sehr knapp vor der SPD stärkste Partei in Oberhausen geworden ist, verliert jeden Sensationswert, wenn man auf die objektive Ausgangslage zurückblickt.
Denn die war im letzten Jahr für die Oberhausener CDU so günstig wie nie zuvor: Mit dem amtierenden Oberbürgermeister als Spitzenkandidat, der sich noch dazu mediengewandt über Monate als Krisenmanager in der Corona-Pandemie präsentieren konnte, hätten Sie eigentlich einen Erdrutschsieg einfahren müssen. Und viele von Ihnen, Hand aufs Herz, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, haben ja auch genau das erwartet. Keinen knappen Sieg nach Punkten, sondern den endgültigen k. o. für die Oberhausener Sozialdemokraten.
Sie sind davon ausgegangen, dass wir mit unserem zunächst wenig bekannten Oberbürgermeister-Kandidaten, dem Seiteneinsteiger Thorsten Berg, nicht den Hauch einer Chance gegen den Polit-Profi Daniel Schranz hätten. Sie sahen die CDU schon bei 40+X-Prozent und als die neue, alles dominierende politische Kraft in dieser Stadt. Aber trotz bester Voraussetzungen für Ihr politisches Lager kam es zu einer faustdicken Überraschung: Daniel Schranz musste gegen Thorsten Berg in die Stichwahl.
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Und zwischen SPD und CDU entwickelte sich im Wahlkampfendspurt ein Wimpernschlagfinale, bei dem Sie am Ende gerade noch 700 Stimmen Vorsprung hatten, bei gleicher Anzahl Sitze im Rat. Knapp verloren ist auch verloren, keine Frage, aber historische Niederlagen sehen anders aus. Ich danke Thorsten Berg für seinen unermüdlichen Einsatz und freue mich, dass er seine fachliche Kompetenz in dieser Wahlperiode als Bürgermitglied im Wirtschafts- und Digitalisierungsausschuss in die Oberhausener Kommunalpolitik einbringen wird.
Bisher keine Koalition oder Kooperation im neuen Oberhausener Stadtrat
In diesem neu gewählten Rat hat es bislang bekanntlich keine Koalitionsbildung gegeben. Beschlüsse werden regelmäßig mit wechselnden Mehrheiten getroffen. Das muss aber für die Qualität unserer Entscheidungen und damit das Wohl der Stadt nicht zwangsläufig schlecht sein. Der scheinbare Vorteil der Stabilität und Berechenbarkeit einer Konstellation aus Regierung da, Opposition dagegen, hat einen hohen Preis: Dass am Ende einer Debatte zu oft nicht das bessere Argument, sondern die machtpolitische Gesichtswahrung den Ausschlag für Zustimmung oder Ablehnung gibt. Dass es ausschließlich um Sieg oder Niederlage des eigenen Lagers und eben nicht um die beste Lösung für Oberhausen und seine Menschen geht. Ich kann für meine Fraktion ankündigen: Wir werden jede Idee unterstützen, von der wir überzeugt sind, dass sie unsere Stadt voranbringt. Und das ganz unabhängig vom parteipolitischen Copyright.
Verheerende finanzielle Folgen der Pandemie
Die finanziellen Folgen der Pandemie für den städtischen Haushalt sind bereits jetzt verheerend. In weniger als zwölf Monaten hat die Corona-Krise die so hart erkämpften Fortschritte bei der Sanierung unserer kommunalen Finanzen ausgelöscht.
Drastisch einbrechende Steuereinnahmen und pandemiebedingte Kostenexplosionen in vielen Bereichen treiben Oberhausen unverschuldet in die Neuverschuldung. Nach vier ausgeglichenen Haushalten in Folge muss der Kämmerer in diesem Jahr an die 100 Millionen Euro neue Kredite aufnehmen. Die Pro-Kopf-Verschuldung springt dadurch schlagartig um fast 500 Euro auf 9500 Euro pro Einwohnerin und Einwohner. Aber schlimmer geht immer: Niemand kann zurzeit seriös voraussagen, mit welchen pandemischen Nachbeben unsere Stadtgesellschaft mittel- und langfristig konfrontiert sein wird.
SPD: Kultur- und Gastro-Szene in Oberhausen am Leben halten
In welcher Welt wir nach Corona leben werden, hängt entscheidend davon ab, wie die kleineren Firmen mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern insgesamt durch diese Krise kommen. Dass Gastronomie und viele Kultur- und Eventbetriebe besonders unter den Einschränkungen zu leiden haben, ist offensichtlich. Gerade dieser Bereich trägt aber überproportional zur Lebensqualität einer Stadt bei. Deshalb sollten wir gemeinsam alles Mögliche tun, um unsere Kultur- und Gastro-Szene in Oberhausen am Leben zu erhalten.
Der Städtetag prognostiziert schon jetzt ein Gesamtdefizit der Kommunen von bundesweit 35 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren. In Oberhausen rechnet der Kämmerer selbst unter optimistischen Annahmen mit Haushaltsdefiziten von jeweils 90 Millionen im Jahre 2022, 80 Millionen 2023 und 70 Millionen 2024 – also mit einer finanziellen Unterdeckung allein in den nächsten drei Jahren von fast einer Viertelmilliarde Euro.
Selbst wenn wir den ökonomischen Selbstmord in Betracht zögen, wenn wir die städtischen Angebote auf Haut und Knochen runterhungern und die Gebühren sowie die Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer anziehen würden bis zum Blutstau: Es wäre alles vergeblich! Ohne weitere Hilfe von Bund und Land rutschen wir und viele andere Kommunen in NRW nächstes Jahr unvermeidlich zurück ins Nothaushaltsrecht, verlieren wir unsere so teuer erkaufte kommunale Handlungsfreiheit.
Bereits der Haushalt 2021, den wir beschließen, ist nur noch auf dem Papier ausgeglichen. In Wirklichkeit machen wir knapp 65 Millionen Euro Miese, dafür müssen wir neue Schulden aufnehmen. Dass wir trotzdem mit einer Genehmigung dieses Haushalts rechnen können, liegt an der buchhalterischen Kreativität der schwarz-gelben Landesregierung: Damit die Gemeinden auch 2021 zu genehmigungsfähigen Haushalten kommen, möglichst preiswert für den Finanzminister und ohne die Landeskasse zu belasten, dürfen die Kämmerer einmalig die neuen Kredite als imaginären Sonderertrag buchen, der über die nächsten 50 Jahre abzuschreiben ist. Dieser Bilanztrick der „Corona-Isolierung“ führt zwar zur formalen Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes 2021, aber auch dazu, dass die Corona-Schulden des laufenden Jahres überwiegend von Menschen zurückgezahlt werden, die heute noch gar nicht geboren sind.
SPD: Lösung der Altschulden-Probleme armer Städte durch Kanzlerkandidat Olaf Scholz
Vor einem Jahr schien eine Lösung des kommunalen Altschuldenproblems unter Beteiligung des Bundes erstmals in greifbare Nähe gerückt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte sich grundsätzlich bereit erklärt, im Rahmen einer nachhaltigen gesamtstaatlichen Lösung für die am höchsten verschuldeten Kommunen die Hälfte der insgesamt 50 Milliarden Euro an kommunalen Kassenkrediten in die Bundesschuld zu übernehmen, falls sich auch die betroffenen Länder an einem Altschuldenfonds beteiligen. Für Oberhausen wären das 750 Millionen Euro gewesen, die Hälfte unseres Altschuldenberges. Leider ist der Altschuldenfonds bei den Verhandlungen zu den Corona-Hilfen im letzten Jahr am Widerstand der Union und einiger Bundesländer gescheitert.
Nun eine gute Nachricht: Es gibt Leute in der Politik, die mit großer Hartnäckigkeit gesegnet sind. Vor genau drei Wochen hat Olaf Scholz in unmissverständlichen Worten einen neuen Anlauf zur Lösung des Altschuldenproblems der Kommunen gefordert. Da zwei Drittel der öffentlichen Investitionen in Deutschland von den Städten und Gemeinden getätigt würden, so der Bundesfinanzminister, bräuchten sie finanzielle Kraft. Es gebe einen erheblichen Investitionsstau in vielen Bereichen. Olaf Scholz wörtlich:„Deshalb bin ich unverändert für eine finanzielle Entlastung der Kommunen in Deutschland und dafür, dass diejenigen, die mit besonders großen Lasten aus der Vergangenheit zu kämpfen haben, eine neue ‚Stunde Null‘ bekommen.“
Für die Kommunalfinanzen wäre es sicher kein Unglück, wenn Olaf Scholz ab September in einem noch höheren Amt diesen klaren Worten schnelle Taten folgen lassen kann. Gemeinsam können wir uns für eine Lösung der Altschulden einsetzen. Damit Oberhausen noch lebenswerter wird – auch trotz der Corona-Krise und ihrer finanziellen Folgen. Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt 2021 zu. Glückauf Oberhausen!“
Die Rede von Steffi Opitz, Vorsitzende der achtköpfigen Oberhausener Grünen-Ratsfraktion:
„Es sind schwierige Zeiten, in denen wir uns gerade befinden. Zwei Katastrophen, die parallel auf uns einstürmen und kaum zu ertragen sind.
Die Klimakatastrophe zeigt, wie wichtig der Schutz und Erhalt unserer Umwelt ist. Sämtliche Lebewesen, die ganze Erde sind davon betroffen. Es droht, dass die Artenvielfalt und auch der Lebensraum für Menschen verloren geht. Seit den 1970er Jahren wurde darauf hingewiesen. Doch leider sind wir zu bequem, uns radikal zu ändern und Katastrophen, die man nicht sieht, stellen keine akute Gefahr dar.
Die aktuelle Pandemie hat uns jedoch gezeigt, dass ein Umschwenken möglich ist. Ist die Gefahr nämlich zu spüren, sind viele bereit, Veränderungen herbeizuführen. Dabei sind Umwelt- und Klimaschutz für uns Grüne ein stetig zu optimierender Prozess.
Grüne: In Oberhausen wird die notwendige Mobilitätswende ausgebremst
In Oberhausen allerdings hat das einen sehr bitteren Beigeschmack, weil der Prozess nicht richtig in Fahrt kommt. Scheinbar wollen zwar die meisten politischen Akteur*innen, dass unsere Stadt grüner, sauberer und klimafreundlicher gestaltet wird, wenn es aber ans Eingemachte geht, regt sich immer wieder Widerstand. Da werden dann Konzepte gefordert, wodurch bei uns Grüne der Eindruck entsteht, es geht nicht vordergründig darum, beispielsweise die Mobilitätswende voranzubringen. Anstatt sie voranzubringen, wird sie verlangsamt, ausgebremst. Dazu müssen die entsprechenden Gelder, wie es in unserem Antrag formuliert ist (die 25 Euro pro Einwohner*innen für einen Fuß- und Radwege-Etat) im Haushalt ausgewiesen werden. Schließlich ist das ein Bereich, dessen Veränderungen von weiten Teilen der Gesellschaft aktiv akzeptiert und mitgetragen werden muss.
Deshalb dürfen für uns Grünen die notwendigen Veränderungen zum Schutz von Umwelt und Natur nicht zu Lasten der Menschen vonstatten gehen, auch wenn an uns immer wieder die „Verbotspartei“ klebt. Umwelt- und Klimaschutz ist immer ganzheitlich, somit auch sozial. Deshalb reicht es nicht aus, nur schnuckelige Eigenheime an den Stadträndern im Grünen zu planen, damit unsere Stadt für Familien attraktiver wird. Schauen wir in den aktuellen Sozialbericht, zeigt sich, dass unter Hitze-Inseln, Schadstoff- sowie Lärmbelastung und unter sanierungsbedürftigem Wohnraum vor allem die Einkommensschwächeren leiden. „Wasser in der Stadt“ und „städtische Grünstrukturen“ wollen wir in Verbindung mit Share-Space-Projekten vor allem in den Stadtteilzentren denken.
Grüne: Wir wollen das Auto nicht verbieten
Insgesamt geht es uns um die Rückeroberung des öffentlichen Raums für die Menschen, damit sie sich in diesem gerne aufhalten und gleichberechtigt bewegen können. Wenn dieser nachhaltiger, ökologischer gestaltet ist, ist das zugleich ein wertvoller Beitrag für die Bio-Diversität. Dabei ist uns auch wichtig, dass die Rückeroberung nicht nur für die Menschen, sondern auch durch die Menschen passiert. Alle, die wollen, sollen an Share-Space-Projekten so viel wie möglich beteiligt werden.
Wir wollen, dass möglichst viele Wege im Alltag zu Fuß zurückgelegt werden können. Entsprechend müssen die Quartiere den Bedürfnissen der Bewohner*innen mit Infrastruktur, wie Kindertageseinrichtungen, ausgestattet werden. Wir wollen den Menschen nicht verbieten, das Auto zu benutzen. Wir wollen den Menschen ermöglichen, dass sie sicher und komfortabel das Rad im Alltag nutzen können, statt sich unter Gefahr in einem Auto dominierten Straßenverkehr begeben zu müssen. Wir wollen, dass die Menschen gerne den ÖPNV nutzen, daher brauchen wir intelligente, gut getaktete Verbindungen von leiseren, elektrifizierten Fahrzeugen, in denen sich die Passagiere entspannt zurücklehnen können, und dabei das freie WLAN nutzen. Und somit brauchen wir auch keinen Ausbau des Autobahnkreuzes. Der grüne Lebensraum kann bestehen bleiben!
Wir wollen die Krisen unserer Zeit nicht gegeneinander ausspielen, sondern weisen beharrlich darauf hin, dass wir – leider – die schwierige Aufgabe bewältigen müssen, den durch die Covid-19-Pandemie angerichteten immensen Schaden ebenso zu bewältigen haben, wie die Krise des globalen Klimas.
Grüne: Pandemie darf Armutsschere nicht vergrößern
Damit sind wir bei der zweiten Katastrophe: die aktuelle Pandemie. Diese zeigt uns in allen Facetten die Schwachstellen in unserem System: Geschlechtergerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit und Bildungsgerechtigkeit sind nur drei Aspekte. Unsere Kinder und Jugendlichen brauchen einen gleichberechtigten Zugang zur Bildung. Armut darf kein Hinderungsgrund sein, an Bildung teilzuhaben. Deswegen werden wir weiter im Blick behalten, wie sich der digitale Ausbau weiterentwickelt, sodass auch jede Schule ein passgenaues Bildungsangebot jedem Kind und Jugendlichen mit vernünftig geschultem Personal anbieten kann. Die Armutsschere darf nicht noch größer werden. Gerade Kinder und Jugendliche geraten immer mehr in die Abwärtsspirale.
Und auch in unserer Stadt sind viele Beschäftigte in Kurzarbeit oder sogar arbeitslos, wie es die ansteigenden Zahlen zeigen. Die akute Existenzbedrohung und die daraus resultierende Altersarmut muss aufgehalten werden. Von daher fordern wir die Stadt auf, Projekte mit unserer freien Trägerschaft in den Fokus zu nehmen, um der drohenden Kinder- und Altersarmut entgegenzuwirken.
Die gleichberechtigte Rolle von Frau und Mann, oder die Rolle rückwärts: Der erwerbstätige Mann ist doch noch meist der Hauptverdiener. Die Frau erledigt die meiste Care-Arbeit. Solange wir immer noch die alten Rollenbilder im Kopf haben, wird es schwer, eine Veränderung herbeizuschaffen. Deswegen werden wir auch dieses Jahr wieder verstärkt die Gendergerechtigkeit in den Fokus nehmen und festgefahrene Strukturen hinterfragen.
Grüne: Geschlechtergerechtigkeit auch bei Verteilung von Zuschüssen
Wir wollen das Gender Budgeting im Oberhausener Haushalt implementieren, um auch beim Verteilen von Mitteln und Zuschüssen endlich Geschlechtergerechtigkeit umzusetzen. Ebenso ist das Diversity Management in der Stadtverwaltung ein wichtiges Instrument zur Gestaltung von Vielfalt. Hier ist es wichtig, diese als Chance zu begreifen und zu nutzen, um das Bestmögliche aus der Stadtverwaltung herauszuholen.
Den letzten Standpunkt, den ich hier ansprechen möchte, bedingt sich, nicht nur, aber wahrscheinlich auch, durch die vorherigen genannten Aspekte: Der wachsende Populismus, die Hetze auf Politiker*innen, auf unbequeme Menschen, auf Minderheiten, Lügen, Gewalt und auch Mord. Es gibt keine Tabubrüche mehr. Ich bin ein politischer Mensch geworden, als Anfang der 1990er Jahre die Asylheime brannten und zunächst eine Ohnmacht herrschte – gerade, wenn ich an Rostock-Lichtenhagen denke. Damals traten rechte Strukturen nicht nur auf der Straße auf, sondern auch in Organisationen. Und es sickern die rechten Ströme immer weiter in unsere Gesellschaft. Unterhöhlen nicht nur die Unzufriedenen und gefühlt Ausgegrenzten, sondern mittlerweile ganze Strukturen.
Grüne: Wir müssen gemeinsam die Demokratie schützen
Das höchste Gut, das wir in Deutschland haben, ist unser demokratischer Rechtsstaat: Freiheit des Individuums, Grundrechte, Meinungs- und Pressefreiheit, Gewaltenteilung – nur ein paar Säulen. Jede und jeder hat seinen Raum in der Gesellschaft. Wir müssen in einer Demokratie aushalten, dass es Menschen gibt, die diese Werte in Frage stellen. Aber niemals dürfen wir es zulassen, dass die Menschen genau diese dadurch zermürben und abschaffen. Die deutsche Geschichte lehrte uns, wie schnell aus einer Demokratie eine Diktatur wird! Ich weiß, die Demokratie stand auf wackeligen Beinen, wir sind da heute viel gefestigter. Aber nichtsdestotrotz gilt es, aufzupassen, hinzuschauen und für die Demokratie und die Vielfalt in unserem Stadtrat einzutreten. Dafür sind wir gewählt. Also lassen Sie uns in aller Kontroverse gemeinsam die demokratischen Prozesse beschützen!“
Die Rede von Yusuf Karacelik, Vorsitzender der dreiköpfigen Oberhausener Linken-Ratsfraktion:
„Mit diesen Worten haben wir den letzten Haushalt kommentiert, der immer auch ein Ergebnis des sogenannten Stärkungspaktes – besser genannt Kürzungspaktes - ist: Die schwarze Null gibt es nicht umsonst; die Kürzungen des Haushaltssicherungsplans sind überall in Oberhausen zu spüren. Dass sich damit die strukturellen Probleme in Oberhausen verschlechtert haben, dass wissen wir alle: Fehlende Kita-Plätze, sanierungsbedürftige Schulen und Sportstätten, fehlender sozialer Wohnungsbau, zu große Schulklassen, kein neues Freibad in Sicht, mangelhafter ÖPNV, hohe Steuern, hohe Gebühren. Die Liste ließe sich noch weiter fortführen und es sind alles Dinge, gegen die sich die Linke Liste immer gewehrt hat. Es sind die harten Einschnitte zu denen das Land viele Kommunen verdonnert hat.
Und jetzt kommt zu all dem noch das, wovor die Kritikerinnen und Kritiker zu Recht immer gewarnt haben: Mit der ersten Krise werden die Kommunen ihre schwarze Null bei all ihren eigenen Anstrengungen, all den Belastungen, die die Einwohnerinnen und Einwohner in Kauf nehmen müssen, nicht halten können. Schade! Statt Altschuldenregel, Zinsmoratorium, Konnexitätsprinzip und Reichensteuer haben wir jetzt Corona. Und damit genau das, wovor die Parteien des Kürzungspaktes Angst haben: nämlich Neuverschuldung.
Haushaltstrick vom Land genehmigt
Zugegebenermaßen etwas versteckt, denn der Haushaltsplan wird trotzdem als ausgeglichen dargestellt: 65 Millionen Euro werden zwar als Schulden aufgenommen, aber verbucht als „außerordentliche Erträge“ im Produktbereich 16 „Allgemeine Finanzwirtschaft“. Also als Einnahme. Dieser Trick – vom Kämmerer zur Einbringung des Haushalts erklärt – ist ausdrücklich so vom Land genehmigt. Und das mit gutem Grund. Nur so kann die Stadt neue Schulden aufnehmen und verstößt trotzdem nicht gegen das Stärkungspaktgesetz, das für diesen Fall sonst gar nicht vorbereitet ist.
Und gleichzeitig haben Bund und Land nicht vor, Kommunen bei corona-bedingten Haushaltsbelastungen weiter unter die Arme zu greifen. Das ist nur konsequent! Denn mit der unterlassenen Hilfeleistung setzt sich die Politik von Bund und Land – egal ob SPD oder CDU, egal ob gelb oder grün - nur fort. Sie haben kein Interesse daran gezeigt, strukturell und dauerhaft die Einnahmeseite der gebeutelten Städte zu stärken oder selbst für die Kosten aufzukommen, die sie den Kommunen auferlegt haben.
Schulden in Millionenhöhe durch Corona für die nachfolgenden Generationen
Und so, trotz all der Belastungen, die alle Gruppen und Fraktionen außer der Linken Liste den Oberhausenerinnen und Oberhausenern bereits zumuten, hinterlässt die Stadt Schulden in Millionenhöhe, die an die nächste Generation weitergegeben werden. Dabei ist es wichtiger denn je, zuvor den Grundstein für eine gute Zukunft zu legen. Denn nicht nur der Haushalt unserer Stadt ist alarmierend. Die Klimakrise gerät viel zu oft in den Hintergrund, weil Corona unseren Alltag dominiert.
Deshalb haben wir es uns nicht nehmen lassen, einen Haushaltsantrag zur Schaffung eines eigenen Etats für Fuß- und Radwege einzureichen. Wenn Sie mit uns die Verkehrswende ernst nehmen wollen, kämen Sie überhaupt nicht darum herum, einen solchen Etat einzurichten. Denn, wer die Abgasbelastung senken will, muss Menschen Alternativen anbieten. Mit einem Betrag von 25 Euro pro Einwohnerin sollte unsere Radinfrastruktur verbessert werden. Das entspricht einem Betrag von etwas mehr als fünf Millionen Euro.
In den Ausschüssen konnte der Eindruck entstehen, deren Mitglieder haben gar nicht verstanden, was wir da fordern! Der Antrag geht ja nicht mal soweit, diesen Betrag zusätzlich einzusetzen! Tatsächlich sollen diese fünf Millionen einfach nur im Produktbereich für Fuß- und Radwege festgelegt werden. Sie wollen eine Verkehrswende, aber sind nicht dazu bereit, das Geld im Sinne der Wende zu verteilen? Wie glaubwürdig ist das?
Linke: Das Centro verursachte den Niedergang der „Alten Mitte“
Stattdessen glauben Sie selbst immer noch an das übliche Märchen: Wenn es der Wirtschaft gut geht, dann geht es allen gut. Das Centro wird in diesem das 25-jährige Bestehen feiern und dieses Märchen jubilieren. Dabei spricht die Geschichte des Centros doch eine ganz andere Sprache: Niedergang der so genannten „Alten Mitte“, die Anzahl der Beschäftigten blieb hinter den Versprechen zurück. Rund um das Gelände hat es so viele gescheiterte Projekte gegeben, dass es schwer fällt vollständig alles aufzuzählen: der Gesundheitspark Ovision, der Verkauf des Geländes, das Fitness-Gelände The Mirai. Und doch lockt man weiter Investoren an, die sich auf Gewerbeflächen breit machen sollen, obwohl sie damit der Natur schaden, auch wenn nur Niedriglohn-Arbeitsplätze entstehen und obwohl der Investor erst mit individuellen Infrastrukturgeschenken hergelockt werden musste.
Wir glauben nicht an dieses Märchen und wollen stattdessen eine soziale, friedliche und ökologische Zukunft erkämpfen! Dafür bräuchte es einen Haushalt, in dem ein radikales Umdenken in der Klimapolitik zu erkennen ist, der der sozialen Spaltung unserer Gesellschaft ausnahmslos entgegentritt, der Bund und Land signalisiert, dass wir eine Umverteilung des Reichtums brauchen, statt einen Haushaltssanierungsplan auf Kosten der Lebensqualität, der der Bildung den Stellenwert gibt, den sie verdient – mit kleineren Klassen, gut ausgestatteten Schulen, mehr Plätzen in städtischen Kitas und einer weiteren Gesamtschule. Einen solchen Haushalt sehen wir nicht und lehnen den vorliegenden folgerichtig ab!“
Die Rede von Wolfgang Kempkes, Vorsitzender der vierköpfigen Oberhausener AfD-Ratsfraktion:
„Zwischen Corona-Regulierungswut und Impfchaos wird hier heute etwas beschlossen, was aufgrund freiwilliger Aufgabe demokratischer Strukturen nur im kleinen Kreis debattiert werden kann. Ein Haushalt, der auch angesichts vieler neuer Mandatsträger nicht umfassend genug dargestellt wurde.
Beginnen wir bei der historischen Einordnung des vorliegenden Zahlenmaterials und seiner Entwicklung. Das, was auch hier gerne und das aus gutem Grund mit dem Begriff Strukturwandel in Verbindung gebracht wird, steht in Wirklichkeit für die sozialistischen Jahre unserer Stadt unter SPD-Regentschaft. Eine Ära der Parteibuchwirtschaft und der verfilzten Strukturen, zu der sich die SPD bis heute nicht äußert. Die damalige Oberhausener Politik ist also am sogenannten Strukturwandel gescheitert. Warum? Weil sie es nie gelernt haben. Sie haben es nie geschafft, neben harten Standortfaktoren eine positiv eingestellte Geisteshaltung zu einem echten Strukturwandel zu erzeugen.
AfD: Wir benötigen keine drei Bürgermeister
Beschäftigen wir uns mit der Gegenwart dieses Haushaltes. Der Entwurf scheitert an einer wirksamen differenzierten Darstellung der Transferzahlungen. Plausibel und nachvollziehbar aufzuzeigen, welche freiwilligen Finanzierungsmaßnahmen im Gegensatz zu den gesetzlich begründeten, trotz extrem angespannter Haushaltslage hier noch erfolgen sollen, gelingt ihnen nicht.
Unbeachtet bleibt dabei auch die Signalwirkung nach außen. Beispielsweise leisten wir uns drei stellvertretende Bürgermeister, deren bisherige Leistungsbilanz gegen Null tendiert. Warum braucht unsere Stadt drei stellvertretende Bürgermeister mit zusätzlicher Aufwandsentschädigung? Dortmund, 585.000 Einwohner, drei Stellvertreter; Düsseldorf, 612.000 Einwohner, drei Stellvertreter. Sie müssen doch feststellen, dass bei uns das Maß des Sinnvollen und Machbaren hier nicht der Maßstab ist. Ein kleines Beispiel dafür, dass die Zielrichtung des Haushalts sich anscheinend anderen Kriterien unterwirft.
Herr Tsalastras [Stadtkämmerer], Ihr kalkulatorischer Ansatz zur Bewertung von Corona-bedingten Steuerausfällen wird vom Prinzip Hoffnung getragen. Wie lange beispielsweise die Insolvenzantragspflicht noch ausgesetzt bleibt, ist völlig unbekannt. Manche mutmaßen, bis nach der Bundestagswahl. Risiken der Zinsentwicklung für kommunale Kredite finden nicht die notwendige Beachtung, so dass bereits mittelfristig eine Zinsfalle Ihre Prognosen ad absurdum führen kann.
In einer solchen Situation, werden kurz vor Toresschluss, sprich Haushaltssicherung, noch Planstellen durchgewunken. Der Irrglaube der Verwaltung, innovativer Motor gesellschaftlicher Entwicklung sein zu können, scheiterte bereits mindestens zweimal. Einmal in Oberhausen, wie bereits thematisiert, und einmal in der DDR.
Silicon Valley, mittlerweile auch schon fast Vergangenheit, ist in den USA entstanden und nicht in Oberhausen. Warum wohl? Estland, 98 Prozent aller Verwaltungsvorgänge sind digitalisiert, eine Unternehmensgründung dauert dort 18 Minuten. Und da wollen Sie als Verwaltung mit Planstellen die Digitalisierung voranbringen? Weitere Planstellen sollen im Bereich kultursensible Pflege geschaffen werden. In dieser Debatte wurde die Kultursensibilität älterer Menschen mit christlich-abendländischer Prägung nicht einmal thematisiert. Den Vorwurf des institutionellen Rassismus über Haushaltspolitik müssen Sie sich gefallen lassen. Sie bedienen über diese Planstellen einen bestimmten Kulturkreis, Problemstellungen der historisch gewachsenen Mehrheitsgesellschaft im Bereich der Pflege finden keine Beachtung.
AfD zur Gedenkhalle: Alle Aspekte der deutschen Geschichte darstellen
Die durch die Stadt getragene Kulturförderung, Stichwort Diversitätskonzept der Gedenkhalle und des Bunkermuseums, grenzt Teile der Geschichte aus. Wer nicht bereit ist, alle Aspekte unserer Vergangenheit auf der Grundlage historischer Forschung darzustellen, folgt nicht dem Grundsatz der Aufklärung, sondern transportiert ein verengtes Geschichtsbild als vermeintlichen Bildungsauftrag. Wer einen Bildungsauftrag, der auch Auftrag des Grundgesetzes ist, absichtlich durch selektive Darstellung der Geschehnisse missbraucht, betreibt Propaganda.
Widmen wir uns den Ausblicken und Perspektiven der hier vorgestellten Finanzwirtschaft. Die eintretende Haushaltssicherung, die hier allgemein mit stoischer Gelassenheit zur Kenntnis genommen wird, fällt nicht vom Himmel. Sie ist Beleg dafür, dass noch nicht einmal ansatzweise der gute Wille zu einem zwingend notwendigen Umdenken der Entscheidungsträger vorhanden ist. Ihnen fehlt der Mut, den Oberhausener Bürgern offen und ehrlich mitzuteilen, dass nicht alles Wünschenswerte auch machbar ist. Stattdessen bedienen Sie Ihre Klientel und organisieren Mehrheiten nach dem Motto, jede Interessengruppe soll bedient werden. Politik und Verwaltung arrangieren sich als Beutegemeinschaft.
Die Schulden von heute, sind die Gebühren und Steuern von morgen. Perspektivisch werden Sie weitere Wege suchen, um noch mehr Geld aus einer jetzt schon kaufkraftschwachen Oberhausener Bürgerschaft herauszupressen. Noch schlimmer als die in Zahlen gefasste Bankrotterklärung, geschönt durch einen Corona-bedingten Schattenhaushalt, mit dem Sie gegen die Grundsätze der Bilanzklarheit und -wahrheit verstoßen, ist die Realitätsferne und das nicht ausreichend beachtete Verständnis gegenüber jenen, die diesen Haushalt finanzieren. Die Härten, der von den Corona-bedingten Maßnahmen Betroffenen, wie Gastronomen, Schaustellern, Künstler und anderen Dienstleistern, finden nicht die Würdigung, die diese Mitbürger verdient hätten.
Die AfD-Fraktion hat bewusst nicht versucht, über Anträge kosmetische Korrekturen an diesem Haushalt vorzunehmen. Wir haben uns bei sinnvollen Teilbereichen durch Zustimmung konstruktiv beteiligt. Teilweise auch, um noch Schlimmeres zu verhindern. Als Gesamtpaket lehnen wir diesen Haushalt selbstverständlich ab.“
Die Rede von Marc Hoff, Vorsitzender der zweiköpfigen Oberhausener FDP-Ratsgruppe:
„Jede und Jeder von uns weiß – es ist eine schwere Zeit. Die Pandemie hat uns fest im Griff, die Wirtschaft steht in vielen Bereichen still, das gesellschaftliche Leben ist zum Erliegen gekommen. Schlimmer noch: Viele Familien trauern um den Verlust von geliebten Angehörigen.
Da mutet es fast aberwitzig an, dass heute der Rat unserer Stadt tagt, um über Geld zu reden. Nichtsdestotrotz ist es gerade in dieser Zeit wichtig, sinnvoll zu planen, um den bestmöglichen Weg heraus aus dieser Krise zu finden. Jetzt hat der Kämmerer auch die Zahlen dazu vorgelegt. Trotz der weitreichenden Auswirkungen der Pandemie, corona-bedingter riesiger Mehrkosten für Stadt und Verwaltung und gigantischen Ausfällen an Einnahmen beispielsweise durch die Gewerbesteuer, ist dieser Haushalt ausgeglichen - alle geplanten freiwilligen Leistungen werden durchgeführt. Einer Genehmigung des Haushalts steht somit nichts im Wege.
Tatsache ist aber, dass der Haushalt eine (zugegebenermaßen von Land und Bund freigegebene) Mogelpackung ist. Das, was wir durch Corona an neuen Schulden machen müssen (und das sind ca. 75 Millionen Euro), wird auf bis zu 50 Jahre abgeschrieben und zurückgezahlt. Die Flasche Sekt auf diesen Haushalt können in 50 Jahren hier an dieser Stelle unsere Kinder oder Enkel öffnen. Das schockt dann schon ein bisschen.
In meinen fünf Minuten Redezeit kann ich leider nicht auf alle inhaltlichen Details eingehen, möchte aber drei generelle Dinge, die diesen Haushalt belasten, erwähnen. Erstens sieht man an der Entwicklung der Personalkosten in der Stadtverwaltung, dass diese immer größer wird, anstatt sich endlich bürgerfreundlicher, effizienter und moderner strukturiert den Möglichkeiten der Digitalisierung anzupassen. Wer eine mögliche Effizienzerhöhung durch die Digitalisierung verschläft, der spart nicht gut.
FDP: Oberhausen verschleudert beim Thema Mobilität Gelder
Zweitens wurde bisher verschlafen, ein kompetentes und umfassendes Gesamtkonzept zur friedlichen Koexistenz aller Verkehrsformen vorzulegen. In Sachen Mobilität werden noch immer Gelder verschleudert. Bestes Beispiel sind eilig auf die Straße gepinselte haarsträubende Insellösungen zur Fahrradförderung – ohne innerstädtischen Anschluss. Wer also Geld für unsinnige Leuchtturm-Projekte verschleudert, der wirtschaftet nicht effizient.
Drittens halten wir es für problematisch, dass trotz enormer Mehrkosten durch die Pandemie fast alle freiwilligen Leistungen der Stadt 1:1 durchgeführt werden. Wer so wirtschaftet, der handelt nicht generationengerecht.
Wir wissen, dass ein sachpolitisches Arbeiten aufgrund der Konstellation im Rat auch schon in der letzten Wahlperiode schwierig war. Jetzt nach der Wahl ist zwar alles anders, aber nicht in allen Belangen leichter geworden. Gerade in der jetzigen Konstellation ist es elementar wichtig, dass die demokratischen Gruppierungen des Rates zusammenhalten und besser zusammenarbeiten. Gerade jetzt, in einem Rat ohne feste Koalitionen, sollten wir parteitaktisches Geplänkel, Showanträge und außen vorlassen, um besser das tun zu können, für das Jede und Jeder hier von uns gewählt wurde, nämlich Sachpolitik im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu machen.
Als Freie Demokraten im Rat unserer Stadt sind wir aber selbstverständlich nicht nur diejenigen, die den Finger in die Wunde legen wollen, sondern auch die Partner in sinnvollen Kooperationen. Wir wollen keine Fundamental-Opposition sein, sondern konstruktiv mitgestalten, um unsere Stadt nach vorne zu bringen. Wir haben Sie, Herr Oberbürgermeister, bei Ihrer Wahl unterstützt, weil wir viele Gemeinsamkeiten in den Zielen gesehen haben und auch die vorhandenen Ansätze Ihres Handelns erkennen können.
Die besondere pandemische Situation hat unsere Bürgerinnen und Bürger schwer getroffen, darum können wir natürlich auch das Handeln der Stadtverwaltung verstehen, möglichst nicht noch mehr Einschnitte zu machen, wo es nicht unbedingt notwendig ist, zumal unsere Landesregierung die Möglichkeiten im Haushalt anbietet.
FDP: Stadtverwaltung muss schlanker und bürgerfreundlicher werden
Gerade aber für die nächsten Planungen fordern wir Freien Demokraten mehr Berücksichtigung des Gedankens an eine bürgerfreundlichere schlanke und effektive Verwaltung. In Verwaltungsfragen: Einmal Click oder ein einziger Besuch, ein einziger Ansprechpartner, eine Sachbearbeitung und alles muss erledigt sein. Wir nennen das One-Stop-Shop.
Wir werden einen Ideenpool zu diesem Thema erstellen und nach Fertigstellung eines Entwurfs alle demokratischen Fraktionen und Gruppen hier im Rat einladen und hoffen, abseits von Koalitionen früherer Tage, in dieser Sache konstruktiv zusammenzuarbeiten. Im Hinblick auf unsere Verantwortung gegenüber unserer Stadt und als Signal zur genannten Zusammenarbeit und gemeinsamen Kooperation mit unserem Oberbürgermeister stimmen wir Freien Demokraten, nicht ohne Kritik, diesem Haushalt zu.“
Die Rede von Ulrich Lütte, Mitglied der zweiköpfigen Oberhausener Ratsgruppe von „Bündnis Oberhausener Bürger“ (BOB):
„Vielleicht zum letzten Mal legt uns der Kämmerer - dank der Finanzmittel aus dem ,Stärkungspakt Stadtfinanzen’ - einen ausgeglichenen, genehmigungsfähigen Haushalt vor. Der ,Stärkungspakt Stadtfinanzen’ ist beendet, es fließen aus diesem Landestopf keine Mittel mehr nach Oberhausen. Wie es weitergeht, weiß niemand.
Im letzten Jahr haben die anwesenden etablierten Parteien auf Landes- und Bundesebene, allen voran SPD, CDU und teilweise FDP, die Chance vergeigt, endlich eine Lösung des Altschuldenproblems auf den Weg zu bringen. Worauf wollen Sie warten? Wollen Sie Oberhausen sterben lassen? Wollen Sie, dass Oberhausen handlungsunfähig wird? Wollen Sie, dass Oberhausen keine Zuschüsse mehr beantragen darf und keine Gelder mehr erhält? Wir reden hier von Steuergeldern, die auch Oberhausener Bürger*innen abgeführt haben.
Was tun Sie gegen die Steuerflucht von Unternehmen, die ihre Produktionsstätten in Oberhausen beibehalten und die kommunale und soziale Infrastruktur nutzen, aber ihre Gewinne woanders versteuern.? Haben Sie sich einmal auf Landes- und Bundesebene aktiv für eine Quellenbesteuerung eingesetzt, oder gilt der Satz, da können wir nichts tun, das war schon immer so?
Ist es auch so, dass wir uns als Oberhausener Bürger beim Autofahren zurückhalten müssen, aber die Müllwagen fröhlich immer noch über unsere Straßen fahren, und wir den Müll für andere Städte entsorgen, wir die Lasten tragen und wir uns auch noch einschränken sollen? Schauen Sie sich die Schadstoffmessungen an: Selbst während des totalen Lockdowns sind die Werte nachts so hoch wie immer gewesen. Es müssen hier endlich Fakten auf den Tisch; es muss gehandelt werden!
BOB: Schulden müssen Bund und Land übernehmen!
Jedes Jahr will der Rat mit dem Beschluss des Haushaltes die Weichen stellen und das Leben in unserer Stadt für die Zukunft gestalten. Corona kam im März 2020 dazu, wirbelte unsere gesamte Gesellschaft durcheinander, die Stadt muss neue Schulden in Höhe von gut 100 Millionen Euro aufnehmen. Wir fordern: Diese Schulden müssen Bund und Land übernehmen. Die vom Kämmerer beschriebene Corona-Isolierung und die von ihm erwähnten wohl auch genehmigten Buchungstricks sollen der Stadt dabei helfen, für 2021 einen genehmigungsfähigen Haushalt zu präsentieren. Wie wäre es, wenn Sie bei Bauprojekten auch einmal die vorgegebenen Kosten einhalten würden, siehe Dachgarten beim Jobcenter?
Das Corona-Isolationsgesetz endet am 31. Dezember 2021. Es bleiben äußerst düstere Aussichten. Es muss etwas passieren. Alle Anstrengungen der letzten Jahre sind für die Katz, wir werden für die nächsten zehn Jahre keinen ausgeglichenen Haushalt vorweisen und keine Investitionen tätigen können. Haushaltsberatungen sind reine Makulatur und bewirken absolut gar nichts. Wann kommen positive Zeichen von Bund und Land?
BOB kann nur mahnen und erinnern, agieren müssen die Altparteien, um endlich eine Lösung für die Altschulden zu präsentieren. Die Parteienlandschaft macht sich unglaubwürdig, die Politikverdrossenheit steigt ständig, die Wahlbeteiligung sank auf ein Rekordtief. Die Bürgerinnen und Bürger haben uns allen bei der Kommunalwahl im September einen gehörigen Denkzettel verpasst und uns zudem eine weitere Partei in den Stadtrat beschert. Wir als BOB-Gruppe haben fast 400.000 Euro in den städtischen Haushalt zurückgeführt. Wenn jede der sogenannten Etablierten nur 2000 Euro im Monat sparen würde, könnte der Bürger einen Beitrag zur Finanzsanierung bei Ihnen erkennen. Das ist ein Verbesserungsvorschlag! Dieses Sparen kommt direkt den Oberhausener Bürgern und Bürgerinnen zugute. Das stünde auch Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gut zu Gesicht!
BOB: Straßenausbaugebühren abschaffen
Schaffen Sie endlich die ungerechten Straßenausbaugebühren in Oberhausen ab! Handeln Sie nicht gegen den Willen der BürgerInnen. Aber dennoch möchten wir uns bei dieser Gelegenheit für die weitestgehend sachliche Zusammenarbeit bei dem alten Rat bedanken. Ohne Wermutstropfen geht es aber offensichtlich nicht: Die Bürgerbeteiligung ist hier vielen immer noch ein Dorn im Auge. Seit Jahren tagt ein Arbeitskreis, seit Jahren bestehen die Leitlinien. Man hat bis zum heutigen Tag keine eindeutigen, verbindlichen Regeln, obwohl in den Leitlinien genau darauf hingewiesen wird.
Bei der Sitzung des Rates am 14. September 2020 haben 55 von 60 Ratsmitgliedern ihr wahres Gesicht zum Thema Bürgerbeteiligung gezeigt. Als es darum ging, beim Vorhabenblatt zum John-Lennon-Platz als vorgesehene Beteiligungsform die Mitbestimmung der Bürger zu genehmigen, haben Sie dagegen gestimmt. Eine Farce für die Bürgerbeteiligung in Oberhausen. Eine blamable Vorstellung.
BOB: Mobilitätskonzept wird seit Jahren nicht fertig
Ähnliches gilt für das Mobilitätskonzept. Von Frau Lauxen lautstark im Planungsausschuss bereits vor zig Jahren als so gut wie fertig bezeichnet. Und heute? Das Konzept ist immer noch nicht fertig. Was macht die Verwaltung eigentlich? Das Gleiche gilt für die tolle Idee der WBO, Laubkörbe aufzustellen. Als BOB dieses im Rat am 26. September 2016 beantragte, wurde er mit Mehrheit von SPD und von den Grünen abgelehnt. Was ist wichtiger, Oberhausen oder Ihre persönliche Eitelkeit?
Nach wie vor fehlt Oberhausen eine sichere Finanzausstattung, der Sparkommissar ist auf dem Weg. Es ist kurz vor zwölf, der Kämmerer hat es zum Ausdruck gebracht. Machen Sie endlich Ihren großen Einfluss in Land- und Bundestag geltend, lösen Sie zügig das Altschuldenproblem. Oberhausen steht das Wasser bis zum Hals. Wir sitzen in einem Boot, und wenn der Wind sich dreht sollte man die Segel anders setzen, handeln Sie. Die wichtigste Aufgabe für 2021 ist die Lösung des Altschulden-Problems.“
Die Rede von Guido Horn, Einzel-Ratsherr der Oberhausener Wählergemeinschaft „Offen für Bürger“ (OfB):
„Als Stadtrat-Novize und Einzelmandatsträger, der mit minimalistischem Budget politische Arbeit leisten muss, steht es mir nicht zu, mich über den Haushaltsentwurf 2021 umfangreich auszulassen. Jedem ist bewusst, dass diese Abrechnung mit der Stadtführung und den politischen Gegnern den großen Parteien und der Opposition obliegt, sofern diese überhaupt existent ist.
Aus diesem Grunde reichen mir heute kurzfristige Handnotizen für eine knappe Positionierung von maximal zwei Minuten. Mehr Zeit sprach man meinem Mandat eh nicht zu. Wie laut Handnotiz vorgetragen, empfinde ich diesen vorgestellten Haushaltsentwurf als fantastisch. Definition von fantastisch: von Illusionen, unerfüllbaren Wunschbildern, unwirklichen, oft unklaren Vorstellungen oder Gedanken beherrscht und außerhalb der Wirklichkeit oder im Widerspruch zu ihr stehend.
OfB: Das sind akrobatische Rechenspiele, aber keine echten Lösungen
Ja, eben so darf man diesen Entwurf bezeichnen, der netterweise vom Land genehmigt wurde, da den Damen und Herren dort wohl bewusst ist, dass wir uns in einer Krise größten Umfangs befinden, einer sich noch weiter ausbreitenden Finanzkrise. Krisen kann man nur mit Ideen, Konzeptionen und gemeinsamen Anstrengungen begegnen, nicht mit akrobatischen Rechenspielen. Diese sind notwendig um die Kosten im Blick zu halten, bilden jedoch keine Ansätze zu Lösungen ab, die in diesen Zeiten dringend benötigt werden.
Genau das hätte man von einem Stadtkämmerer erwarten dürfen, perspektivische Sichtweise und die Abbildung des richtigen Weges um jeder Krise bestaufgestellt zu begegnen. Das ließ Herr Tsalastras auch in diesem Jahr vermissen, ,Stadtjammerer’ wäre eine treffendere Bezeichnung für diese Funktion. Wie zu erwarten, begnügen sich meine politischen Vorredner*innen mit altbekannten Redemustern, Abrechnung mit Fehlern der politischen Gegner, Lobpreisungen der eigenen Götter, dem Anbiedern zur Koalition und zu guter Letzt auch mit der Feststellung: Corona trägt alle Schuld.
Für die Bürger*innen hätte ich mir gewünscht, wenn Ansätze zu Lösungen aus der finanziellen Notlage herauszuhören wären. Leider begnügen Sie sich, Politik und Verwaltung, mit der Argumentation Land und Bund müssen helfen. Ja, das wäre gut, aber nur rumjammern hilft unserer Kommune nicht. Wir müssen perspektivisch denken und selbst Erfolgsgeschichte schreiben.
OfB kritisiert „konzeptionslose Anträge“ der anderen Fraktionen und Gruppen
Konzeptionslose Anträge, wie die einer “Mobilen Bühne“ als gedachte Hilfe für Kleinkünstler und Karnevalsvereine, oder eine Summe von 20.000 Euro zum Aufbau einer Homepage, um hierüber die Bürger*innen über den geplanten Wasserstoff-Standort Oberhausen zu informieren, sind nur Bruchteile der kennzeichnenden Fehlentwicklungen für den zukünftigen Haushalt 2021.
Steuergelder, über die wir in diesem Gremium entscheiden, sollten zum Wohle der Bürger*innen Verwendung finden, unnötige Verschwendungen von Steuergeldern sollten zwingend vermieden werden. Für den Aufbruch benötigen wir Ideen mit Signalwirkung. Damit sind jedoch nicht solche, wie das gläserne Gewächshaus in der Stadtmitte gemeint. Gutes gewollt – schlecht umgesetzt.
Ein besonderes Signal hätten Politik und Verwaltungsspitze allein durch Verzicht leisten können, Verzicht auf den vollen Umfang Ihrer finanziellen Bezüge. Ein minimaler monatlicher solidarischer Corona-Abschlag, der notleidenden Bürger*innen, Künstler*innen oder Einzelunternehmer*innen in unserer Stadt zugute kommen könnte. Das hätte Symbolcharakter, auch wenn der Betrag noch so gering wäre. Bei gesamt rund 1.000.000 Euro Steuergeldern für die politische Ausstattung von CDU, SPD und Grünen-Fraktion sollte eine minimale, freiwillige Abgabe möglich sein.
OfB: Stadtverwaltung agiert in Gutsherrenart
Das Problem in und mit Oberhausen ist die Verwaltung in Gutsherrenart – so wie auch die Jahre zuvor. Die durch unseren heutigen Oberbürgermeister Daniel Schranz im Wahlkampf 2015 angekündigten Veränderungen haben nur bedingt stattgefunden. Der damals so bezeichnete „Filz“ wurde nicht entfernt, er hat sich lediglich gewandelt. Man weiß, gegen den Wind segeln ist anstrengend, doch Anstrengungen müssen unternommen werden, um das Schiff Stadt in sichere Gewässer zu bringen.
Meine Abrechnung mit politischen Mitstreitern und der Stadtspitze ist hiermit Rechnung getragen. Wollen wir nun gemeinsam an die Zukunft denken und am Erfolg für Oberhausen arbeiten. Dazu lade ich sämtliche politischen Vertreter ein, gemeinschaftlich an notwendigen Veränderungen in und für Oberhausen mitzuwirken und erwarte von allen, politische Ideologien außen vor zu lassen, um Fronten zu meiden und Brücken aufzubauen. Wir alle dürfen nicht vergessen, wir sind angetreten um im Auftrag der Bürger*innen zu handeln und allein deren Wohlergehen zu verfolgen. Das sollte unser gemeinsames Ziel sein.“