Oberhausen. Die Entscheidung über den Haushalt in der Montagssitzung des Rates nutzten die Fraktionen und Gruppen zu Polit-Grundsatz-Reden. Hier die Texte.
Der Oberhausener Stadtrat hat am Montagnachmittag mit breiter Mehrheit den Haushalt 2020 beschlossen. Bei den Abschlussreden zu den Beratungen haben die Kommunalpolitiker Bilanz gezogen und ihr politisches Profil herausgearbeitet. Wir dokumentieren hier die Etatreden der Fraktionen und Gruppen, soweit sie der Redaktion vorlagen.
>>> Sonja Bongers, Fraktionsvorsitzende der SPD
„Das ist heute das erste Mal, dass ich für die SPD-Fraktion die traditionelle Abschlusserklärung zur Verabschiedung des Haushalts der Stadt Oberhausen vortragen darf. Erlauben Sie mir deshalb zum Einstieg zwei kurze Vorbemerkungen: Zuallererst ein Wort des Dankes an meinen Vorgänger Wolfgang Große Brömer. Lieber Wolfgang, fast 18 Jahre lang warst du als Vorsitzender der SPD-Fraktion unser bienenfleißiger kommunalpolitischer Vorarbeiter, unser verlässlicher Kapitän und Steuermann. Allein siebzehnmal hast du seit 2002 hier an diesem Pult gestanden, oft nach durchgeschriebener Nacht, um die jährliche Haushaltsrede zu halten. In unzähligen weiteren Stellungnahmen und Wortbeiträgen, im Rat und vielen anderen Gremien, hast du mit Leidenschaft und Herzblut für sozialdemokratische Positionen und Anliegen geworben, wo nötig auch mit harten Bandagen gekämpft, weil du immer der Überzeugung warst: Das ist der richtige, das ist der bessere Weg für Oberhausen und seine Menschen. Zumindest eins darf ich hier sicher auch fraktions- und gruppenübergreifend feststellen: Laff oder lau, das war nie dein Ding. Und wenn es während einer turbulenten Debatte in dir hochkochte, konnte deine Erwiderung auch schon mal ziemlich scharf gewürzt sein.
Obwohl du bis zum Ende der Wahlperiode noch eine ganze Reihe von städtischen Ämtern und Funktionen für unsere Fraktion wahrnimmst, rückt doch der Tag unvermeidlich näher, an dem du endgültig den aktiven kommunalpolitischen Ehrendienst quittieren und, zwar nicht aufs Altenteil, aber doch ins Veteranenlager der Oberhausener Kommunalpolitik hinüberwechseln wirst. Lieber Wolfgang, deine SPD-Fraktion bedankt sich für die fast zwei Jahrzehnte, die du an ihrer Spitze gestanden hast. Ich habe mir fest vorgenommen, an deinem Führungsstil festzuhalten: Kein Machtwort und kein Basta, sondern immer gute Argumente und unermüdliche Überzeugungsarbeit, nach innen wie nach außen. Auf den Punkt gebracht hat diesen Führungsstil mal vor Jahren ein ehemaliger Fraktionsreferent, als er dir das gelbe Schild auf die Arbeitsplatte stellte mit der Aufschrift: ‘Wenn nichts mehr geht, probier’s doch mal mit dem Vorschlag des Chefs.’ Und auch wenn du deinen Schreibtisch mittlerweile geräumt hast, lieber Wolfgang, dieses Schild bleibt stehen.
Immer wieder gesprächsbereit
Zweite Vorbemerkung: Bei allem Streit in der Sache, liebe Kolleginnen und Kollegen, waren wir in diesem Rat doch über Parteigrenzen hinweg immer wieder gesprächsfähig und kompromissbereit. Wir haben nach intensiven Diskussionen nicht wenige Projekte gemeinsam auf den Weg gebracht und auch die eine oder andere wichtige Entscheidung im guten Einvernehmen getroffen. Auf kommunaler Ebene geht es nicht um Ideologie, reine Lehre und Rechtbehalten um jeden Preis, sondern um ganz praktische Problemlösungen im Interesse der Menschen vor Ort. Bei den Debatten in diesem Saal konnte es durchaus hitzig zugehen, aber es wurde nie gehetzt, von keiner Seite. Ob das nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr noch so ist, muss bezweifelt werden. Erstmals wird bei einer Kommunalwahl in Oberhausen eine offen rechtspopulistische Partei antreten, die sich angesichts der allgemeinpolitischen Stimmungslage in unserem Land leider nicht unberechtigte Hoffnungen machen kann, dem neugewählten Stadtrat anzugehören. Die jüngsten Wahlerfolge der selbsternannten Alternative im Osten Deutschlands sind höchst alarmierend. Rechnet man die Stimmen aus Sachsen, Brandenburg und Thüringen zusammen, ist die AfD hier bereits stärkste Partei.
Schlamm- und Schmutzkampagne
Nach den Erfahrungen, die wir in Oberhausen mit dem Wahlkampfstil dieser Truppe bei der jüngsten Landtags-, Bundestags- und Europawahl machen durften, erwartet uns im Kommunalwahlkampf eine politische Schlamm- und Schmutzkampagne, eine hochaggressive Materialschlacht, wie sie diese Stadt noch nicht erlebt hat. Da müssen alle demokratischen Parteien und Kräfte gegenhalten. Wir dürfen den Kampf um die Köpfe und Herzen der Menschen nicht verlieren. Denn diese Alternative ist in Wahrheit keine Alternative für, sondern eine Alternative zu Deutschland, dem freiesten und friedlichsten, dem demokratischsten und sozialsten Deutschland in unserer Geschichte. Tun wir also alles, was in unserer Macht steht, damit bei der Kommunalwahl möglichst wenig blaue Brühe in diesen Ratssaal schwappt.
Keine neuen Schulden
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum vierten Mal in Folge haben wir heute einen Haushalt ohne neue Schulden beschlossen. Nach 2016, 2017 und 2018 steht auch 2019 zum Schluss der Haushaltsberatungen unterm Strich die ‘schwarze Null’. Das ist ein großer Erfolg und wir gehen deshalb zuversichtlich von einer Genehmigung des Haushalts durch die Bezirksregierung aus. Das ist gut für unsere Stadt, die weiterhin dringend benötigte Fördermittel in beträchtlicher Höhe von Bund und Land abrufen kann. Außerdem sichern wir mit dieser vierten schwarzen Null hintereinander unsere so mühsam zurückgewonnene kommunale Selbstverwaltung, zumindest auf dem Papier.
In Tat und Wahrheit ist dieser Haushalt so messerscharf auf Kante genäht, ist das finanzielle Korsett so straff geschnürt, dass große Sprünge und Extrawünsche auch beim besten politischen Willen nicht drin sind. Klar ist: Dieser Haushalt wird im nächsten Jahr ohne Stoßdämpfer über eine rasante finanzpolitische Buckelpiste gefahren. Reserven sind kaum vorhanden. Wir haben als SPD-Fraktion deshalb bei der Formulierung unserer Haushaltsanträge, trotz des bevorstehenden Kommunalwahlkampfes, nicht unverantwortlich aus dem vermeintlich Vollen geschöpft und unbezahlbare Wahlgeschenke gefordert. Wir haben stattdessen strikte Ausgabenselbstdisziplin geübt, um die ‘schwarze Null’ und den Haushaltsausgleich nicht zu gefährden.
Uns liegt auch sehr viel daran, dass das für 2020 geplante Rekordinvestitionsprogramm vollständig und Euro für Euro abgearbeitet werden kann. Das hat für uns oberste Priorität. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt erhebliche Risiken und Unsicherheiten im Haushalt, aber auch die mittelfristige Finanzplanung steht nicht auf Beton. So wissen wir nicht, wie sich Konjunktur und Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren entwickeln. Die deutsche Wirtschaft ist gerade erst haarscharf an der Rezession vorbeigeschrammt. Ob die Ansätze bei den Steuereinnahmen tatsächlich erreicht werden können und die Sozialausgaben nicht wieder völlig aus dem Plankorridor schießen, steht jedenfalls in den Sternen.
Vorweihnachtlich milde
Wer auf dieser mehr als wackligen Datenbasis heute bereits Steuersenkungen fürs Jahr 2022 in Aussicht stellt, wie Sie das getan haben, Herr Oberbürgermeister, agiert für meine Begriffe voreilig und überoptimistisch, um es vorweihnachtlich milde auszudrücken. Natürlich würden auch wir lieber heute als morgen die rote Laterne beim Hebesatz der Gewerbesteuer loswerden, weil das ein starkes Signal wäre und Wirtschaft bekanntlich zu 50 Prozent aus Psychologie besteht. Aber solange wir nicht sicher wissen, ob die Finanzierungsspielräume dafür vorhanden sein werden, kann ich nur rufen: Vorsicht an der Bahnsteigkante, bis der Zug tatsächlich eingefahren ist.
Herr Oberbürgermeister, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, der mit Abstand größte politische Gefährder der Oberhausener Stadtfinanzen bleibt die schwarz-gelbe Landesregierung in Düsseldorf. Die Laschet-Regierung betreibt seit ihrem Amtsantritt 2017 systematisch eine schamlose finanzielle Umverteilung in den ländlichen Raum. Man muss auch gönnen können und Neid macht hässlich, keine Frage. Aber die Zeche für das Landesprogramm „Mehr Speck für die Speckgürtel“ zahlen die strukturschwachen, mit hohen Sozialausgaben geschlagenen Städte des Ruhrgebiets und im Bergischen Land. Allein die erste Stufe der Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes hat Oberhausen knapp 17 Millionen Euro gekostet. Wäre die ursprünglich geplante zweite Stufe der GFG-Reform nicht fürs Erste ausgesetzt worden, hätten wir uns den Haushaltsausgleich gleich von der Backe putzen können.
Land belastet städtischen Haushalt
Der Kämmerer schätzt, dass das Land mit der GFG-Reform, dem Unterhaltsvorschussgesetz, der KiBiz-Reform und der völlig unzureichenden Flüchtlingsfinanzierung den städtischen Haushalt strukturell mit ca. 30 Millionen Euro belastet. Das ist eine Ansage. Besonders dreist geht Düsseldorf bei der Finanzierung der Flüchtlinge vor, das Thema hat es letzte Woche Montag ja sogar auf die Titelseite der WAZ geschafft. Statt des vom offiziellen Regierungsgutachter ermittelten Mindestbedarfs in den Großstädten in Höhe von 13.500 Euro pro Flüchtling und Jahr zahlt die Landesregierung lediglich eine Pauschale von 10.400 Euro. Das reicht hinten und vorne nicht. Und Nordrhein-Westfalen ist auch das einzige deutsche Flächenland, in dem die Landesregierung die Kosten für ausreisepflichtige, aber weiter geduldete Asylsuchende nur drei Monate finanziert. Danach müssen die Städte blechen.
Tobias Blasius, bisher wahrlich nicht durch Totalopposition gegen die amtierende Landesregierung aufgefallen, hat es letzten Montag auf den Punkt gebracht, ich zitiere: ‘Es bleibt skandalös, dass finanzschwache Städte wie Essen für Tausende geduldete Asylbewerber jahrelang allein aufkommen müssen und für die übrigen mit einer Landespauschale abgespeist werden, die nicht annähernd auskömmlich ist. Angesichts der prallvollen Steuerkassen in Düsseldorf eine beschämende Lastenteilung.’ Dem ist nichts hinzuzufügen. Wo Tobias Blasius recht hat, hat er recht.
Kämmerei leistet Präzisionsarbeit
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir danken Apostolos Tsalastras und dem gesamten Team der Kämmerei für die geleistete Präzisionsarbeit. Der Kämmerer und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich jede einzelne Haushaltsposition, jede Kostenstelle noch einmal vorgeknöpft, um gegebenenfalls auch noch die letzten finanziellen Mikrofettpolster abzusaugen. Am Ende stand erneut eine Punktlandung. Das zu schaffen war angesichts der bereits erwähnten Haushaltsrisiken und des sich eintrübenden wirtschaftlichen Umfeldes sicher kein Betriebsausflug. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir über einen so engagierten, fachkundigen und weit über die Stadtgrenzen hinaus vernetzten obersten Kassenwart und ersten Beigeordneten in diesem Verwaltungsvorstand verfügen.
Sehr geehrte Frau Stehr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, ich frage mich deshalb nach wie vor, warum Sie im Juli nicht bereit oder in der Lage waren, über ihren parteipolitischen Schatten zu springen und Apostolos Tsalastras auch mit ihren Stimmen wiederzuwählen. Stattdessen haben Sie sich lieber von Ihrem eigenen Oberbürgermeister beschämen und vorführen lassen. Der hat nämlich keine Sekunde gezögert, für die Wiederwahl zu stimmen, ganz im öffentlich dokumentierten Gegensatz zu Ihnen, weil er genau weiß, was wir in Oberhausen an diesem Kämmerer haben. Ihre Stimmbotschaft ist angekommen, Herr Oberbürgermeister, jedenfalls bei uns. Wo wir gerade beim Verwaltungsvorstand sind. Auch 2019 ging das muntere politische Legendensterben weiter. Dieses Jahr erwischte es den Mythos vom „roten Filz“, der spätestens im Frühsommer endgültig zu Grabe getragen werden musste.
Personalpolitisches Ausrufezeichen in XXL
Mit der wirklich sehr schweren, aber leider unumgänglichen Entscheidung, eine Beigeordnete der eigenen Partei abzuwählen, hat die SPD-Fraktion im Mai ein personalpolitisches Ausrufezeichen in XXL gesetzt. Der unumstößliche Grundsatz ‘erst die Stadt, dann die Partei’ ist für uns eben kein billiges Lippenbekenntnis, sondern knallharte Selbstverpflichtung. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Dieser Grundsatz war, ist und bleibt die politische Hauptdirektive der Oberhausener SPD und ihrer Ratsfraktion, auch wenn es manchmal bitter weh tut und man sich aus parteipolitischer Sicht die Hände schmutzig macht. Ein für allemal: Für unsere Personalpolitik ist nicht das Parteibuch ausschlaggebend. Entscheidend sind Kompetenz und Können, Engagement und Leidenschaft für unsere Stadt. Deshalb hatten wir auch kein Problem damit, den Kollegen Michael Jehn von der CDU zum Beigeordneten zu wählen. So sieht er dann aus, der ‘rote Filz’ anno 2019, der ‘rote Filz’ für Farbenblinde.
Runter von den Schuldenbergen
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sowohl der Oberbürgermeister als auch der Kämmerer sind in ihren Einbringungsreden im September ausführlich auf die nun erstmals möglich erscheinende Lösung des kommunalen Altschuldenproblems eingegangen. Völlig zu Recht, denn diese überraschende und mehr als erfreuliche Entwicklung lässt sich in ihrer potenziellen Bedeutung für die Zukunft unserer Stadt gar nicht überschätzen. Seit der Bund seine grundsätzliche Bereitschaft angedeutet hat, die Hälfte der aufgelaufenen Kassenkredite in die Bundesschuld zu übernehmen, falls auch die betroffenen Länder ihren Beitrag leisten, besteht erstmals berechtigte Hoffnung, runter von den Schuldenbergen zu kommen. Das ist für Oberhausen und viele andere hochverschuldete Städte gerade hier in Nordrhein-Westfalen letztlich eine Frage des Überlebens, von Sein oder Nichtsein.
Finanzpolitische Zeitbombe
Denn die Kassenkredite sind eine finanzpolitische Zeitbombe. Die brummende Konjunktur und die tieffliegenden Zinsen haben das Ticken dieser Bombe in den letzten Jahren nur übertönt. Oberhausen sitzt auf Kassenkrediten in Höhe von knapp 1.600 Millionen Euro. Im Wald- und Wiesendeutsch kann man sagen: Das städtische Girokonto ist um etwa zwei Jahresgehälter überzogen. Aufgrund der historisch beispiellosen Niedrigzinsphase zahlt der Kämmerer für diese kommunalen Überziehungskredite im Moment im Schnitt allerdings weniger als ein Prozent Zinsen. Das wird nicht ewig so bleiben. Sobald die Zinsen wieder steigen, fliegt uns der ganze Haushalt mit einem Riesenknall um die Ohren. Ein zusätzlicher Prozentpunkt allein bei den Kassenkreditzinsen würde bereits ein Haushaltsloch von 16 Millionen Euro aufreißen. Das wäre aus Bordmitteln nicht mehr zu stopfen oder abzudichten, das haben die Haushaltsberatungen auch in diesem Jahr wieder deutlich gezeigt.
Der Bundesfinanzminister hat mit seiner überraschenden Initiative ein politisches Zeitfenster für die Lösung des Altschuldenproblems aufgestoßen. Allerdings ist das sehr wahrscheinlich nur ein sehr enges und begrenztes Zeitfenster. Alles hängt davon ab, dass die Beteiligten diese einmalige Chance jetzt auch entschlossen nutzen und so schnell wie möglich Nägel mit Köpfen machen. Denn diese Chance kommt nie wieder. Ich appelliere deshalb eindringlich an die Landesregierung und den Ministerpräsidenten, ihren finanziellen Beitrag zu leisten und den erforderlichen Eigenanteil für die Entschuldung der Städte zu stellen. Es wäre doch ein Treppenwitz, wenn dieses Jahrhundertprojekt am Widerstand des Landkreistages NRW scheitern sollte.
Wahlversprechen Stellenabbau
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, eines ihrer zentralen Wahlversprechen im Oberbürgermeisterwahlkampf 2015 war der beschleunigte Stellenabbau in der Stadtverwaltung. Keine Rede, kein Interview von Ihnen ohne den Hinweis auf die enormen Sparbeiträge, die durch konsequente Konsolidierung im Personalbereich zugunsten der Bürger erzielt werden könnten. Das war Ihr ungehobener Schatz im Galgenberg, die schlummernde Goldader, die Sie zur Finanzierung Ihrer sonstigen Wahlversprechen umgehend anzubohren versprachen. Bereits als CDU-Fraktionsvorsitzender hatten Sie sich keine Gelegenheit entgehen lassen, Ihrem Vorgänger Klaus Wehling und uns Sozis mangelnden Sparwillen beim Rathauspersonal vorzuwerfen. Das lief über Jahre in akustischer Dauerschleife bis zur Ohrenfolter. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sie erlauben sicher, dass wir knapp ein Jahr vor der Kommunalwahl den Realitäts-Check wagen und mal kurz nachschlagen, was aus Ihrem Wahlversprechen geworden ist. Die Stellenpläne der letzten Amtsjahre von Oberbürgermeister Klaus Wehling weisen folgende Veränderungen aus: 2013:- 2 Stellen, 2014:+ 3 Stellen, 2015: - 6,5 Stellen. Der 5-Jahres-Stellenplan des Verwaltungschefs Daniel Schranz sieht hingegen so aus: 2016:+ 30,5 Stellen, 2017:+ 68,5 Stellen, 2018: + 55,5 Stellen, 2019: + 74 Stellen, 2020: + 37,5 Stellen. Entgegen Ihren forschen Ankündigungen im Wahlkampf, haben Sie nicht nur kein Personal abgebaut. In jedem Jahr Ihrer Amtszeit sind im Schnitt 50 Stellen hinzugekommen. Für eine solch himmelschreiende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit gab es in der ehemaligen DDR übrigens einen Fachausdruck: Nannte sich „sozialistische Planerfüllung“.
Verbal aus allen Rohren und Kalibern
Herr Oberbürgermeister, damit wir uns nicht falsch verstehen. Es mag für jede einzelne dieser zusätzlichen Stellen gute Argumente, überzeugende Gründe und auch zwingende gesetzliche Anforderungen geben, das ist hier gar nicht der springende Punkt. Die spannende Frage ist vielmehr: Wie würden Sie selber, Herr Schranz, diese vom aktuellen Oberhausener Verwaltungschef zu verantwortende Personalpolitik bewerten und kommentieren, wenn Sie heute noch Frontmann der CDU-Opposition wären? Es würde einem rhetorischen Talent wie dem Ihren gewiss nicht die Sprache verschlagen. Im Gegenteil. Sie würden verbal aus allen Rohren und Kalibern feuern und einen solchen Oberbürgermeister mit beißender Kritik, mit Hohn und Spott unter politischen Dauerbeschuss nehmen. Und das nicht nur beim Personal. Sie würden aus Prinzip in jedem Projekt und bei jeder Maßnahme, die der Oberbürgermeister angeschoben und ergriffen hat, nicht nur ein Haar, sondern ganze Haarbüschel in der Suppe finden.
Mit anderen Worten: Das Schlimmste, was Ihnen passieren könnte, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wäre ein Oppositionsführer, wie Sie mal einer waren. Sie haben schon Glück mit uns: Die SPD-Fraktion in diesem Haus betreibt keine Fundamentalopposition. Wenn wir einem Ihrer Vorschläge mal nicht zustimmen können, wie jüngst zum Beispiel bei der Luise-Albertz-Halle, hat das Gründe, die in der Sache selbst liegen. Wir tun das nicht, weil es so schön wäre, Ihnen eine Abstimmungsniederlage zu bereiten. So sind wir nicht drauf. Wir wollen das Beste für unsere Stadt. Das allein ist maßgeblich für unsere Entscheidungen hier in diesem Rat. Wenn etwas gut für Oberhausen ist, Herr Oberbürgermeister, können Sie sich auf unsere Unterstützung verlassen, auch auf die Gefahr hin, dass Ihnen das politisch vielleicht mehr nützt als uns. Wir sind und bleiben überzeugte und engagierte Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei, aber als Oberhausenerinnen und Oberhausener sind wir zuallererst leidenschaftliche Angehörige der Oberhausen-Partei.Wir mögen diese Stadt und ihre Menschen. Wir stimmen dem Haushalt zu.“
>>> Simone-Tatjana Stehr, Fraktionsvorsitzende der CDU
„Lassen Sie mich mit der Tür ins Haus fallen, die Redezeit ist begrenzt: Heute ist der Tag, an dem wir das vierte Mal in Folge einen ausgeglichenen Haushalt verabschieden können; nach einem Vierteljahrhundert zuvor, in dem Jahr für Jahr ein gigantischer Schuldenberg aufgeschichtet wurde. Heute ist der Tag, an dem wir gewöhnlich das Jahr bilanzieren. Und ich nehme vorweg, was Ihnen allen hier im Saal und den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt bekannt ist: Die Bilanz ist positiv. Ich darf hinzufügen: Es ist vielleicht sogar die beste, die ich in meiner Zeit als Vorsitzende der Oberhausener CDU-Fraktion ziehen durfte.
Und dennoch beginne ich mit dem, was wir als CDU-Fraktion für überflüssig, ja sogar für kontraproduktiv gehalten haben. Liebe Grüne, ihr wolltet für Oberhausen den Klimanotstand ausrufen. Was sollte das? Ich habe noch immer nicht verstanden, worum es euch wirklich ging? Ging es darum, Panik zu schüren? Oder ging es ganz einfach darum, die anderen Fraktionen und Gruppen hier in diesem Rat als sogenannte Leugner des Klimawandels zu diffamieren? Am Ende ging es vielleicht darum, Wählern zu gefallen? Wir haben den Notstand nicht ausgerufen. Was wir aber getan haben, und zwar bereits lange vor dieser Resolution: Wir haben als CDU-Fraktion viele ganz konkrete Anträge gestellt, die, anders als ein Lippenbekenntnis zur Beruhigung des eigenen Gewissens, tatsächlich dem Klimaschutz dienlich sind.
Mehr als ein Schritt fürs Klima
Ich erinnere daran, dass wir die Suche nach ‘1000 Baumstandorten’ für Oberhausen angeregt haben. Ein Schritt für das Klima. Wir haben die Installation von sogenannten ‘Lebenswelten’ angeregt. Große Pflanzbeete mit selten gewordenen Pflanzen, vor allem da, wo sich Kinder aufhalten. Die Flächen sollen einen Lebensraum bieten, Insekten anziehen und idealerweise auch einen pädagogischen Zweck erfüllen, indem die Zusammenarbeit mit Kitas und Schulen die Gestaltung bestimmt. Ein Schritt für das Klima. Wir wollen Grün auf allen Oberhausener Dächern, die dafür geeignet sind. Das bedeutet: Wärmedämmung, Hitzeschutz, Energieeinsparung, Verbesserung des Umgebungsklimas und Feinstaubreduzierung. Ein Schritt für das Klima. Wir haben Baumscheibenpatenschaften, die Intensivbegrünung vor Lärmschutzwänden, eine Entsiegelungsoffensive und spezifische Qualifizierungsmaßnahmen für städtische Mitarbeiter in Grün-Berufen angeregt. Mehr als ein Schritt für das Klima. Wir haben konkrete und umsetzbare Vorschläge gemacht.
Die damalige Koalition aus SPD, Grünen und FDP konzentrierte sich drauf, ‘die Zähne zu fletschen’, wie die WAZ seinerzeit berichtete, und lehnte die Vorschläge zunächst ab. Die Kollegen der SPD bemängelten die Anzahl unserer Anträge (neun): ‘Viel zu viele, um sich damit ernsthaft auseinanderzusetzen’, zitierte die WAZ die SPD (WAZ, 08.09.2019). Ich habe, liebe Ratmitglieder, liebe Verwaltung, keinen Schimmer, was eine solche Belastungsgrenze nun für eine Sitzung wie die heutige bedeutet, in der mehr als dreimal so viele Anträge vorliegen.
Klima im Rat ohne Ampel besser
‘Und wo bleibt das Positive’, Frau Stehr? Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Ratsmitglieder: Seit es diese Ampelkoalition und den damit verbundenen Koalitionszwang nicht mehr gibt, hat sich das Klima in unseren Ausschüssen und in diesem Rat verbessert. Ideen und Anträge für unsere Stadt werden genauer angeschaut und immer häufiger wird auf der Sachebene beurteilt. Das ist aus unserer Sicht das einzige, was zählt: Eine kritische Analyse auf der grundsätzlichen Basis von Offenheit gegenüber der Sache. Dafür, dass wir diese Offenheit bei allen notwendigen Auseinandersetzungen und Debatten nun viel häufiger feststellen dürfen, bedanke ich mich bei Ihnen, verehrte Ratskolleginnen und -kollegen.
Manches macht uns allerdings noch immer fassungslos. So verfolgen wir beispielsweise seit 2016 unsere Idee eines Radschnellweges für Oberhausen. Er soll das Umsteigen aufs Rad attraktiv machen und den Pendlern eine gute und gesunde Alternative bieten. Folglich: Ein Schritt für das Klima. Vor genau einem Jahren haben wir dann hier im Rat beschlossen, dass es eine Machbarkeitsstudie zu diesem Radschnellweg geben soll. Wir haben nachgefragt... Die Machbarkeitsstudie wurde bis heute noch nicht vergeben. Ein Vertreter des ADFC formulierte in unserem Arbeitskreis Rad verwundert: ‘Ich dachte, für die Vergabe einer Machbarkeitsstudie benötige man drei Tage.’ Nicht drei Tage. 360 Tage. Ein Jahr ist vergangen, geschehen, meine Damen und Herren, geschehen ist nichts! Für die konkrete Erstellung dieser noch nicht in Auftrag gegebenen Studie - es sei denn Frau Lauxen, die zuständige Dezernentin von den Grünen, verkündet uns gleich etwas anderes - setzt das Umweltdezernat einen Zeitrahmen von etwa 18 Monaten an. Es sieht so aus, als müssten wir fröhlich sein, wenn nach insgesamt zweineinhalbjähriger Wartezeit - und wir beschäftigen uns seit 2016 mit dem Radschnellweg - eine Studie vorliegt, die uns über die Machbarkeit informiert, die dann ihrerseits umgesetzt werden müsste.
Greta Thunbergs Halbsatz
Klimanotstand, liebe Grüne? Lassen Sie mich mit Greta Thunbergs Halbsatz des Jahres antworten: ‘How dare you’? ‘Wie könnt ihr es wagen’? Wissen und passiv bleiben, das ist Verantwortungslosigkeit im höchsten Maße. ‘Nur grün blinken’, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ‘reicht (in der Tat) nicht’. (WAZ, 09.03.2018) Es geht nicht um Panikmache, sondern um wichtige Entscheidungen, die auf Folgegenerationen wirken. Es geht um das Verändern von Lebensweisen zur Erhaltung von Leben.
Und es muss irgendwie in Vergessenheit geraten sein, dass es auch bei der Parkraumbewirtschaftung darum geht. Es geht darum, die Wohn- und die Lebensqualität in unseren Innenstädten zu steigern. Es geht ganz konkret darum, Umweltbelastungen potenziell zu reduzieren. Ich sage sehr offen und ehrlich, dass wir uns als CDU-Fraktion äußerst schwer damit getan haben, dem Konzept zuzustimmen. Nicht einmal, weil die Parkgebühren erhöht wurden. Seit Einführung der Parkgebühren, 1987, gab es keine Erhöhung - in 32 Jahren keine Erhöhung. Wir sehen die Erleichterungen für die Anwohnerinnen und Anwohner und den positiven Effekt für die Umwelt. Wir sehen natürlich auch, dass Pendlerinnen und Pendler, die aufgrund ihres beruflichen Einsates mit dem Auto nach Oberhausen fahren, Probleme mit dieser Parkraumbewirtschaftung haben.
Von Blechlawinen befreit
Deshalb haben wir 2017 - mit Beginn der Debatten überlegt: Was kann man tun, um attraktive Alternativen zu bieten und auch Pendlerinnen und Pendlern ein gutes Angebot zu machen? Unsere Überlegung: Angemessen bepreister Parkraum in Parkhäusern, deren Dächer - nebenbei bemerkt - begrünt sein sollen, kann den Parkraumsuchverkehr deutlich reduzieren. Damit würde der von Blechlawinen befreite öffentliche Raum Platz für genau die Lebensqualität bieten, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ihnen allen im Alltag wichtig ist: begrünte Aufenthaltsflächen, Treffpunkte, Fahrrad- und Spazierwege usw. Unser erster Antrag hierzu wurde Ende 2017, in der Zeit der Großen Koalition, krachend abgelehnt. Vielleicht war es ja tatsächlich so, wie wir es seinerzeit erklärt bekamen, dass wir unsere Ziele nicht in ausreichender Weise kommuniziert hatten, dass wir uns missverständlich geäußert hatten. Das überarbeitete Konzept der Stadtverwaltung zur Parkraumbewirtschaftung enthält im Ansatz unsere Parkhausidee. Und wir weisen darauf hin, dass wir unseren Antrag, den Weg hin zu modernen Quartiersparkhäusern mit Gründächern, E-Auto- und E-Bike-Ladestationen und vielem mehr zu ebnen, für einen sinnvollen und sehr wichtigen Antrag halten, da er zum Wohle unserer Stadt ist.
Bezogen auf die damalige Abstimmung zum Parkraumbewirtschaftungskonzept sei angemerkt, dass der Rat der Stadt mit großer Mehrheit inklusive der Stimmen der SPD den Beschluss und dessen Umsetzung gefasst hat. Das umfassende Klimaschutzpaket auf Bundesebene ging der Bundes-SPD nicht weit genug. Es sei „politisch mutlos“ (DIE ZEIT, 20.09.2019). Ich bin gespannt, wie mutig und ehrlich im Sinne des Klimaschutzes die SPD auf kommunaler Ebene ist.
Moralische Daumenschrauben
Erlauben sie mir noch eine Anmerkung, auf die ich bei der Bilanzierung des Jahres nicht verzichten möchte, weil es etwas ist, was uns als CDU-Fraktion bewegt und getroffen hat. Wir kennen uns hier im Rat untereinder, teilweise schon über Jahre. Ich nehme in Anspruch, dass wir als CDU-Fraktion nicht durch einen Mangel an Wertschätzung gegenüber jedem einzelnen hier auffällig geworden sind. Deshalb frage ich mich, ob es notwendig war, im Rat die Seenotbrücken-Resolution aufzurufen? Warum wurde eine Situation hergestellt, an deren Ende wir auf der Website der Seenotbrücke zu lesen bekamen: ‘Wir danken den Fraktionen von SPD-Oberhausen und CDU-Oberhausen für ihren eindrucksvollen Einsatz für ein Absaufen im Mittelmeer’? Mit dem Blick auf das kommende Wahljahr: Wir alle wissen, dass - so, wie es bei Wahlen ist - der eine mehr, der andere weniger zu feiern haben wird. Vor allem wissen wir aber doch bei der anstehenden Wahl: Jede Feier, die kleinere wie die größere, wird von einem Schleier überzogen sein, den wir nicht werden rauswaschen können, mit dem wir hier im Rat werden umgehen müssen. Allein deshalb müssten wir meiner Ansicht nach grundsätzlich so respektvoll miteinander umgehen, dass wir vermeiden, moralische Daumenschrauben anzulegen. Ich fühlte mich als Politikerin und als Mensch betroffen und verletzt. Für uns, für mich, ist die Sachebene die Ebene auf der politischer Diskurs stattfinden muss. Panik ist immer ein schlechter Ratgeber, ein noch schlechterer ist Hysterie. Und sie ist perfide, wenn sie von ‘Taktiktüftlern’ im kleinen Politlabor künstlich erzeugt wird - was ich manchmal leider nicht für ausgeschlossen halte.
110 Millionen Euro investieren
‘Und wo bleibt das Positive’, Frau Stehr? Hier ist es wieder: Wir werden im Jahr 2020 in unsere Stadt 110 Millionen Euro investieren können, nach 82,5 Millionen Euro in diesem Jahr. Das ist gut, das ist, wie Oberbürgermeister Daniel Schranz festgestellt hat, ein Langzeitrekord. So investieren wir beispielsweise in Kindergärten, Schulen, Straßen und modernste Kommunikationstechnik. Wir sind in der Lage dazu, durch Investitionen das Leben in unserer Stadt weiter zu verbessern. Wir sehen zum Beispiel neben den Segro-Ansiedlungen mit großer Freude, dass der Grundstein für das Edeka-Warenzentrallager gelegt ist. Wir dürfen dort mehr als 1000 Arbeitsplätze erwarten. Arbeitsplätze die unserer Stadt gut tun, deren Arbeitslosenzahl zwar stark gesunken ist, in der wir aber dennoch weiterhin jede Anstrengung unternehmen müssen, Arbeit zu schaffen. In der Innenstadt können die Fortschritte beim Umbau der alten Problemimmobilie Kaufhof in ein Hotel beobachtet werden. Dass die Marktstraße, diese Straße, über die der Zustand unserer Stadt nicht nur von Auswärtigen, sondern auch von den Oberhausenern häufig definiert wird, das erste Mal grundgereinigt wurde: Das trägt zur Aufenthaltsqualität, das trägt zur Imageverbesserung bei. Dass die von uns geforderte gemeinsame Anlaufstelle von Kommunalem Ordnungsdienst und der Polizei bald kommen wird, stärkt das Sicherheitsgefühl in der Innenstadt.
Sicherheit und Sauberkeit sind Grundbedürfnisse
Dass wir uns als CDU-Fraktion Anlaufstellen dieser Art auch für Sterkrade und Osterfeld wünschen, haben wir in einem Antrag dokumentiert. Sicherheit und Sauberkeit, das sind, das hat auch die Bürgerbefragung 2018 wieder ergeben, Grundbedürfnisse unserer Bürgerinnen und Bürger. Und, ich darf das hier ein wenig stolz unterstreichen: Oberhausen ist seit dem Amtsantritt von Daniel Schranz sauberer und sicherer geworden. Ich weiß, es wird auch weiterhin viel geklagt. Aber wenn die Marktstraße nun mittlerweile zwölfmal in der Woche gereinigt wird, dann ist sie eben sauberer als früher. Das ist vor allen Dingen erst einmal Fakt. Für uns gehört zum Aspekt Sicherheit auch ganz entschieden die Sicherheit auf den Straßen. Wir sind der Ansicht, dass diejenigen, die meinen, sich zum Beispiel vor einer Kindertagesstätte nicht an die Tempo-30-Regel halten zu müssen, sondern mit 50 oder gar 60 Stundenkilometern vorbeibrettern, entsprechend spürbar sanktioniert werden müssen. Dass es Menschen gibt, die in irgendwelchen „sozialen“ Medien auch noch darüber klagen, dass ihre Raserei geahndet wird, dem stehe ich wirklich mit Unverständnis gegenüber.
Warum erste Liga
Was ich auch nicht verstanden habe: Dass der Betreibervertrag für die Luise-Albertz-Halle mit 27 zu 27 Stimmen abgelehnt wurde. Da wird nach zahlreichen Verhandlungen der gesamte Rat im Rahmen einer Sondersitzung erneut zusammengeholt und dann heißt es: ‘Die Konditionen sind stark nachgebessert worden, aber das reicht uns am Ende doch nicht’. Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, Sie hatten von Anfang an nicht die Absicht, einem Vertrag mit SMG zuzustimmen. Die Chance, die Luise-Albertz-Halle wirklich als Gute Stube zu behandeln und sie an Profis zu geben, die international in der Event-Szene vernetzt sind, haben Sie nicht ergreifen wollen und daher verhindert. Wessen Haltung sich an dieser Stelle auch immer durchgesetzt hat: Das war ein Rückfall in alte Zeiten: Warum Erste Liga spielen, wenn man auch Zweite Liga haben kann...
Zurück zum Positiven. Die Stadt mit Daniel Schranz an der Spitze ist entschlossen, die Gewerbesteuer und die Grundsteuer spätestens 2022 zu senken, positive Signale also auszusenden an die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger. Das, meine Damen und Herren, liebe Gäste, ist keineswegs selbstverständlich. Unsere Nachbarstadt Mülheim zum Beispiel hat aktuell eine Erhöhrung der Gewerbesteuer beschlossen. Insofern ist die Botschaft, sowohl die Grund- als auch die Gewerbesteuer absehbar zu senken, eine wertvolle Nachricht für Oberhausen. Entschlossen dazu waren wir als CDU schon immer. Wir haben nur in den Jahren vor Daniel Schranz nie Spielräume gesehen, unsere Entschlossenheit in Taten münden zu lassen. Die Bundesregierung hat zudem signalisiert, die Hälfte der Kassenkredite unserer Stadt zu übernehmen. Kassenkredite, das sind 1,5 Milliarden Euro von den insgesamt 1,9 Milliarden Euro Schulden. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, Armin Laschet, kündigte in diesem Zusammenhang am 23.09.2019 in der WAZ an: ‘Sobald wir konkret wissen, wie sich der Bund bei den kommunalen Altschulden finanziell einbringt, werden wir als Land ebenfalls mit einem Eigenanteil helfen’.
Lob an Kämmerer Tsalastras
Sie, Herr Tsalastras, haben erklärt, dass Sie sich Sorgen machten: Was passiert nach dem Auslaufen des Stärkungspaktes? Aus unserer Sicht sind die positiven Signale von größerer Strahlkraft als in den vergangenen Jahrzehnten. Notfalls aber werden wir weiter um gerechte Lösungen kämpfen. Denn Ihr Ziel als Kämmerer und unser gemeinsames Ziel als gewählte Vertreterinnen und Vertreter muss es doch sein, für unsere Stadt die gleichen Lebensverhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten zu realisieren, wie in anderen, besser betuchten Städten. Wir ringen und streiten miteinander. Das gehört dazu, wenn man Politik macht. Es gehört dazu, wenn man sich dafür einsetzt, Lebensqualität zu sichern und idealerweise zu steigern. Lassen Sie uns die gegenseitige Wertschätzung, die daraus erwächst, im kommenden Jahr, im Wahljahr, bitte nicht vergessen. Sehr geehrter Herr Tsalastras: Ich danke Ihnen und dem gesamten Team, das hinter den Kullissen gute Arbeit leistet. Es gibt zwar bekanntlich den Gewöhnungseffekt, aber ich versichere: Wir werden das Besondere immer als das Besondere würdigen. Dem Oberbürgermeister gilt unser Dank, weil er Oberhausen lebt - sieben Tage die Woche in jeder einzelnen Sekunde. Wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Ich habe in meiner Rede mehrfach ein Zitat bemüht, das ich in Anlehnung an Erich Kästners 1930 erschienenem Gedicht: ‘Und wo bleibt das Positive, Herr Kästner?’ frei verändert habe. In den ersten drei Versen des Gedichtes heißt es: ‘Und immer wieder schickt ihr mir Briefe, in denen ihr, dick unterstrichen, schreibt: [...], wo bleibt das Positive?’ Kommunalpolitikerinnen und -politiker kennen diese Frage nur zu gut. Und da ich nunmehr - wie gerade dokumentiert - seit 15 Jahren dem Rat der Stadt Oberhausen angehöre, kann ich feststellen, dass ich über viele Jahre hinweg das Gedicht einfach hätte weiter zitieren können: ‘Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.’ Heute bin ich dankbar und froh, dass ich die Verse nicht aufgreifen muss, in denen es weiter heißt: ‘[...] die Zeit ist schwarz, ich mach euch nichts weis’, sondern dass ich hier mit Ihnen behutsam behaupten darf, unsere Mühen lohnen sich, und bei allem, was noch zu tun ist und immer zu tun sein wird: Wir sind auf einem guten Weg.“
>>> Andreas Blanke, Fraktionsvorsitzender der Grünen
„Am 5. November warnten 11.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter 900 deutsche, in einer gemeinsamen Erklärung der ‘Alliance of World Scients’ vor einem weltweiten ‘Klima-Notstand’ oder, bevor es hier wieder zur semantischen Diskussion kommt, vor einem „Climate Emergency’. Im Sommer, meine Damen und Herren, lehnte die Mehrheit von Ihnen genau das für Oberhausen ab, was renommierte Wissenschaftler für die ganze Welt erwarten: den Klima-Notstand. Sie lehnten das nicht zuletzt ab, weil - zugegebenermaßen - die Übersetzung, historisch bedingt, nicht ganz gelungen ist. Meiner, unserer grünen Meinung nach, haben wir aber keine Zeit, um uns über Begrifflichkeiten zu streiten.
Nun gut: Statt des Ausrufens des ‘Klima-Notstandes’ beschlossen Sie die Resolution zum sogenannten ‘Oberhausener Bündnis für Klimaschutz’. In dieser Resolution finden sich u.a. folgende Aussagen: ‘Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Nur die Städte, die über eine belastbare Finanzausstattung verfügen, können auch in den Klimaschutz investieren.’ Dass es Klimaschutz nicht zum Nulltarif gibt, dem stimmen wir Grünen absolut zu. Mit der Verwendung des kleinen Wortes ‘nur’ grenzen Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, aber erheblich ein, leiten weiter an Land und Bund und das – so unsere Überzeugung – ist verantwortungslos oder, um es milder auszurücken, recht bequem!
Wir Grünen sehen klare Parallelen zwischen Berlin und Oberhausen. Einerseits werden Ansagen getroffen, Abkommen geschlossen, wie eben das Pariser, aber die eigenen Maßnahmen - siehe das Klimapaket der Bundesregierung - können die angestrebten Ziele, die allein durch den Druck der Fridays for Future-Bewegung auf den Straßen erzeugt wurden, nicht erreicht werden und setzen der Vogel Strauß-Mentalität auch noch die Krone auf. Gerade diese Bewegung zeigt aber deutlich, dass der Schutz des Weltklimas uns alle angeht, getreu dem Ausspruch: Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Wir alle müssen deshalb in Sachen Klimaschutz Verantwortung tragen, jede und jeder in seinem Rahmen und wichtig: das so extensiv wie möglich! Ich, als verbrauchender, konsumierender Mensch, kann das Weltklima zwar nicht retten, wenn ich auf Flüge verzichte. Ich, als verbrauchender Mensch habe aber durch meinen Verzicht aufs Fliegen meine Möglichkeiten als Verbraucher erheblich ergriffen.
Lebensgrundlagen sichern
Genauso verhält es sich, wenn ich weniger oder gar kein Fleisch esse, auf den Kauf der x-ten Hose und des x-ten T-Shirts verzichte usw. usw. Dann habe ich als Individuum genau das getan, was meiner Wirksamkeit in Sachen Klimaschutz entspricht. Kann das die Stadt Oberhausen auch von sich als Kommune behaupten? Ist der Ruf, dass vor allem andere das Klima schützen sollen, weil man selbst ja nicht finanziell belastbar sei, nicht allzu bequem? Klimaschutz und gefährliche Bequemlichkeit, im Stil von ‘Weiter so’, passen einfach nicht zusammen. Und das, meine Damen und Herren, ist keine Bürde, nein, das ist eine Chance, die wir nutzen müssen! Es geht nämlich um nicht weniger als unsere Lebensgrundlagen zu sichern. Und nein, das ist kein Pathos, das ist keine Übertreibung, keine Panikmache. Nicht ich behaupte das, sondern eine riesige wissenschaftliche Gemeinde belegt: ‘Weiter so’ bedeutet bis Ende des Jahrhunderts einen Anstieg der Temperatur von drei bis vier Grad über dem vorindustriellen Niveau. Das geht nahezu der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gleich.
Angst vor dem Ende der Menschheit
Teile unseres Planeten werden dann unbewohnbar sein. Das alles ist beängstigend. In Oberhausen aber scheint die Angst vor dem Ende der Menschheit, so wie wir sie kennen, sich – politisch – noch nicht verbreitet zu haben. Denn: Wie ist das gerade zitierte ‘Nur’ sonst zu verstehen?! Ein knapp aufgestellter Haushalt rechtfertigt auf keinen Fall, die Hände vermeintlich pragmatisch in den Schoß zu legen, Sonntagsreden zum Klimaschutz zu halten, darauf zu warten, dass Fördergelder rieseln und all das mit dem Argument unterlegt, dass allein eine belastbare Finanzausstattung zum wirksameren Handeln befähige. Wir müssen jetzt und vor allem konsequent handeln! Wir brauchen viel mehr Grün und Wasser in der Stadt, PV-Anlagen und Gras auf dem Dach. Wir wollen einen Batzen Energie durch ordentlich gedämmte Gebäude einsparen. Wir müssen die Bio-Diversität schützen. Den Menschen auf Fuß- und Radwegen ein sicheres, komfortables Fortkommen ermöglichen. Flächen ent- oder gar nicht erst versiegeln.
Henne-Ei-Dilemma
Wir dürfen nicht nur davon reden und uns wünschen, dass so ein wichtiger Baustein wie der Ausbau des ÖPNV kommen muss. Nein, wir müssen uns auch dazu entscheiden, entscheiden, dafür Geld einzusetzen und nicht allein darauf warten, was Land und Bund machen werden. Auch wenn ich ganz klar sage: Diese Ebenen dürfen nie auch nur ein Fitzelchen von ihrer Pflicht befreit werden. Wir Grünen werden – wie gerade angekündigt – zum ÖPNV inhaltliche Anträge in die nächste Beratung einbringen und appellieren daher an Sie: Lassen sie uns gemeinsam handeln! Damit endlich ein spürbarer Schritt Richtung ‘Stärkung ÖPNV’ getan wird. Wir können und wollen nicht weiter das Henne-Ei-Dilemma hegen und pflegen, wie allein die Diskussion um die Parkraumbewirtschaftung zeigt. Wir müssen irgendwo anfangen, um autofreie Innenstädte, insgesamt eine drastische Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs zu erreichen.
ÖPNV bis in den letzten Zipfel der Stadt
Wir Grünen fordern deshalb seit Jahren einen richtig gut aufgestellten ÖPNV - der bis in den letzten Zipfel der Stadt und darüber hinaus reicht - eine vorbildliche Radewegeinfrastruktur und komfortable Fußwege. Die Realität aber sieht anders aus: Alles rund ums Auto gilt quasi als Menschenrecht. Und deshalb wird hier ein leidig politischer Eiertanz aufgeführt, wenn es um die moderate Erhöhung der Parkgebühren geht. Klar, soll schlecht bezahltes Pflegepersonal darunter nicht leiden, deshalb kümmert sich ja nun auch endlich der Arbeitgeber darum. Genau das ist seine Aufgabe und nicht die Aufgabe der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Und natürlich geht es bei unseren Grünen-Forderungen um Investitionen, um Geld, was an anderer Stelle wohl eingespart werden muss. Deshalb ist es unsere Pflicht, darüber nachzudenken, welche Stellen wir uns erlauben können. Meiner, unserer Grünen-Ansicht nach können wir es uns deshalb ruhig erlauben, einen Kauf wie auf der Essener Straße ad hoc nicht hinzunehmen, wenn wir Sommer für Sommer erleben, in denen Menschen, Tiere, Bäume und Pflanzen von Hitze geplagt werden oder gar zugrunde gehen. Wenn diese Zustände nicht wirksam eingedämmt werden, meine Damen und Herren, lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen, dann brauchen wir in wenigen Jahrzehnten keine Dienstgebäude auf der Essener Straße oder sonst wo. Lassen Sie uns daher gemeinsam handeln.
>>> Lühr Koch, Fraktion Linke Liste
„Die schwarze Null steht! Das ist für den Haushalt wichtig, denn ansonsten könnten wir nach Hause gehen, weil die Bezirksregierung ihn nicht genehmigt hätte. Die schwarze Null steht! Sind jetzt alle zufrieden? Ist Oberhausen wieder eine blühende Stadt? Die Schulden passé? Weit gefehlt! Denn - so eine schwarze Null gibt es nicht umsonst! Die Kürzungen des HSP sind überall zu sehen und zu fühlen! Weil der Rotstift weiter wütet, fehlen über 800 Plätze im Kita-Bereich, sowohl baulich als auch stellenbezogen. Oberhausens Schulen sind sanierungsbedürftig und verfallen immer mehr. Und obwohl die Schüleranzahl schon jetzt steigt, steckt die Verwaltung den Kopf in den Sand und präsentiert Zahlen, die noch nicht einmal den Vorgaben der Landesregierung entsprechen. Nur, um keine neue Schule bauen zu müssen, denn das würde die schwarze Null gefährden.
Nach wie vor fehlt mindestens ein Freibad und wer die Sporthallen von innen sieht, den gruselt es! Die Förderung des im Grundgesetz vorgeschriebenen ‘Inklusiven Lebens’ - eine glatte Fehlanzeige! Wenn überhaupt, dann wird darüber mit Bezug auf Kita und Schule gesprochen. Dabei geht es um eine inklusive Gesellschaft. Darum, dass jeder Mensch, ob arm, reich, ob geflüchtet oder hier geboren, ob mit oder ohne Handicap, ob jung oder alt, in unserer Gesellschaft vom Anfang bis zum Ende ein gutes und wertvolles Leben führen kann. Doch zum Erhalt der schwarzen Null werden Menschenrechte in Produkte gepresst, die sich kostenmäßig rechnen müssen. Was das für viele Menschen bedeutet?
Natur wird geschädigt
Fragen Sie sie doch einfach mal bei diesen Menschen nach, meine Damen und Herren! Viel Lärm um nichts, was das Abbremsen des menschengemachten Klimawandels betrifft. Viele schöne Reden, der Beitritt zu wohlklingenden Organisationen – aber kein Konzept, das auch nur ansatzweise den Anforderungen genügen würde. Stattdessen werden Gewerbeflächen gesucht, wird die Natur immer weiter geschädigt, nur, um das Wachstum zu befördern und Niedriglohn-Arbeitsplätze zu sichern.
Das alles ist leider noch nicht einmal neu! Und das alles ist Ihnen ja auch bewusst! Aber Sie können sich noch so oft darüber beklagen, dass Oberhausen und andere Städte vom Land und Bund nicht die notwendige Unterstützung erhalten. Tatsächlich ist es doch die von Ihnen hier, im Land und im Bund unterstützte Politik, deren Ergebnisse Sie dann hier wortreich einerseits verteidigen, andererseits bedauern (müssen). Es ist Ihre Politik, die ein System unterstützt, das ausgerechnet die Ausgegrenzten verfassungswidrig sanktioniert, das im Gegenzug aber ausgerechnet einer wohlhabenden Auslese die Freiheit gibt, keine oder weniger Steuern zu zahlen. Ein System, das Krisen und Kriege benötigt, um sich selbst immer wieder neu zu erfinden. Ein System, das auf unendliches Wachstum und unendliche Profitgier aufgebaut ist, das also ohne die rücksichtslose Ausbeutung dieser Erde und ihrer Menschen überhaupt nicht existieren kann!
Kapitalismus bedroht Zukunft der Menschen
Es ist dieses von Ihnen unterstützte System des Kapitalismus, der imperialen Lebensweise und der postkolonialen Freihandelsverträge, das heute die Zukunft der Menschen bedroht. Deswegen ist es sehr erfreulich und höchste Zeit, dass immer mehr junge und ältere Menschen dagegen aufbegehren! Von all dem, meine Damen und Herren, findet sich, wie gesagt, in diesem Haushalt nichts! Auch mittelfristig nicht! Nichts zu einem radikalen Umsteuern in der Verkehrspolitik. Keine Posten, aus denen herauszulesen wäre, dass die Ergebnisse des Klimawandels für das Leben in dieser Stadt berücksichtigt werden. Kurz – nichts, was unseren Kindern und Enkelkindern den Weg in eine lebenswerte Zukunft auch nur ansatzweise absichert. Um nur eine Möglichkeit anzureißen: Immer wieder hören wir, Oberhausen wünsche sich eine Universität! Bitteschön – zukunftsorientierte Forschungsfelder für ein gerechteres Wirtschaftssystem und ein gutes Leben für Alle gibt es genug! Das wäre doch eine tolle Idee, statt immer mehr Verkehr durch Edeka- und andere Verteilzentren zu erzeugen, diese Flächen für den Bau einer Universität zu nutzen. Wir finden es sehr schade, dass solche Anregungen nicht aufgenommen werden. Vermutlich haben Sie es sich schon gedacht – aus all diesen Gründen wird die Linke Liste dem Haushalt 2020 nicht zustimmen.“
>>> Peter Bruckhoff, Bündnis Oberhausener Bürger (BOB)
„Vielen Dank an den Kämmerer und sein Team für die Einbringung des Haushalts 2020. Zum vierten Mal in Folge legt der Kämmerer - auch dank der Finanzmittel aus dem ‘Stärkungspakt Stadtfinanzen’ - einen ausgeglichenen Haushalt vor. Der Rat will mit dem Haushalt 2020 die Weichen stellen und das Leben in unserer Stadt für das nächste Jahr gestalten. In Wirklichkeit haben wir aber zwischen den Sparzwängen, die uns durch Ratsbeschlüsse der letzten Jahre entstanden sind und den weiter zunehmenden Aufgaben, die uns Bund und Land aufbürden, kaum noch finanziellen Handlungsspielraum.
Das Haushaltsjahr 2020 wird kein einfaches. Schon kleine Verschlechterungen der Erträge oder Erhöhungen der Aufwendungen bringen das ganze Kartenhaus zum Einsturz. Verminderungen der Gewerbesteuereinnahmen oder soziale Mehrbelastungen auf denen die Stadt sitzen bleibt, machen den Haushaltsausgleich unmöglich. Mit dem Haushalt 2020 endet der ‘Stärkungspakt Stadtfinanzen’ und es fließen aus diesem Topf keine Mittel mehr nach Oberhausen. Es ist völlig offen, ob und wie aus eigener Kraft der Haushalt ab 2021 mit einem zweistelligen Millionenbetrag kompensiert werden kann. Bund und Land lassen die Kommunen in NRW bezüglich einer Nachfolgeregelung für den Stärkungspakt und in der Frage einer Altschuldenregelung völlig in der Luft hängen. Ein nun schon über Jahre andauernder Eiertanz, der für die Politik und die gesamte Stadtgesellschaft eine enorme Belastung darstellt.
Altschulden-Fonds
BOB im Rat appelliert daher dringend an alle Mitglieder der im Land und Bund vertretenen Parteien die Frage auskömmlicher Kommunalfinanzen nicht im politischen Gerangel der ideologischen Befindlichkeiten zu vergessen. Oberhausen braucht eine Finanzausstattung, die uns in die Lage versetzt, die kommunalen Aufgaben nachkommen zu können. Wir brauchen ein Gemeindefinanzierungsgesetz, das die Bedürfnisse der Ruhrgebietskommunen berücksichtigt, eine Zinsabsicherung von kommunalen Krediten und dringend einen Altschulden-Fonds, der Oberhausen von den Lasten des Strukturwandels der Vergangenheit entlastet, liebe Kolleginnen und Kollegen!
2020 ist auch Wahljahr. Offensichtlich hat für einige Parteien der Wahlkampf schon jetzt begonnen: Die Chance, die Luise-Albertz-Halle auf eine solide wirtschaftliche und professionelle Basis durch die Pachtvertragsvergabe an SMG zu stellen, ist durch das Verhalten der SPD in der Sondersitzung des Rates am 09. Oktober 2019 leider vertan worden. Ab dem 01. Januar 2020 muss nun wieder improvisiert werden. Die Stadthalle steht nun wieder vor einer ungewissen Zukunft. In der Öffentlichkeit muss sich der Rat dieser Stadt der Lächerlichkeit preisgeben, weil nach jahrelangem Hin und Her die wirtschaftlich beste Lösung ausgeschlagen wurde.
Wahltaktische Überlegungen
Auch die Posse um das Moratorium zur Ausweitung des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes kann nur wahltaktischen Überlegungen entsprungen sein. Die WAZ titelte am 23. September 2019 „Oberhausener Rat knickt vor Parkgebühren-Protest vorerst ein.“ Dabei knickte ausschließlich die SPD-Fraktion ein - alle anderen Ratsmitglieder blieben bei ihrem bisherigen Votum. Wir sind gespannt, wie sich die SPD-Fraktion bei der heutigen Abstimmung verhalten wird. Wir müssen die beschränkten Finanzmittel, die wir zur Verfügung haben, auf die Projekte fokussieren, die wirklich wichtig sind für die Menschen in unserer Stadt und nicht für Prestigeprojekte verschwenden.
Im Sozialbereich macht uns immer noch die Flüchtlingskrise und die Zuwanderung von Menschen zu schaffen, die die Stadt unterbringen muss. Das bedeutet für die Stadt nicht nur organisatorische, sondern auch finanzielle Herausforderungen. Ob mit den knappen Kassen die selbstgesteckten Ziele des ‘Sozialen Arbeitsmarktes’ erreicht werden können, ist äußerst fraglich. Wir müssen den Ausbau von Kita-Plätzen forcieren und die Betreuung der Kindergartenkinder generell kostenfrei gestalten.
Finanzierung des Theaters
Vor dem Hintergrund der heute und zukünftig erforderlichen Sparmaßnahmen müssen wir prüfen, ob wir die Finanzierung bzw. Subventionierung des Stadttheaters noch weiter in diesem Umfang betreiben können. Vielleicht sollten Steuergelder eher für wirklich notwendige Dinge, wie z.B. soziale Aufgaben oder dringend erforderliche Infrastrukturmaßnahmen aufgewendet werden. Das Bemühen um Sicherheit und Sauberkeit zeigt erste Erfolge. Die Bürger wollen mit ihren Sicherheitsbedenken ernst genommen werden, so dass wir daran weiterarbeiten müssen. Eine Verkehrswende können wir nur erreichen, wenn der ÖPNV massiv ausgebaut und verbessert wird. Die Taktung muss verbessert und lange Wartezeiten auf Anschlüsse vermieden werden. Das Engagement für den Ausbau des Radverkehrs muss deutlich verstärkt und der Bau von sicheren, stressfreien Radwegen verbessert werden.
Kostenfreie Betreuung für Kinder
Insgesamt gesehen, ist Oberhausen auf dem richtigen Weg, deshalb werden wir dem Haushalt 2020 auch zustimmen. Doch gibt es noch viel zu tun und deshalb abschließend die drei wichtigsten Aufgaben für 2020 in Oberhausen: Die Sicherheit und Sauberkeit muss deutlich und nachhaltig verbessert werden. Die Kindergartenbetreuung muss ausgebaut und für alle Kinder kostenfrei werden. Sparen heißt nicht Steuern und Abgaben erhöhen. Das ist mit uns nicht zu machen! Die Ausgaben der Stadt müssen auf die für die Bürgerinnen und Bürger wirklich wichtigen Dinge konzentriert werden.“
>>> Albert Karschti, Offen für Bürger
„Offen für Bürger wird diesen Haushalt leider ablehnen müssen. Wir sagen ‘leider’, weil – wie in der Vergangenheit auch – die großen Herausforderungen für Oberhausen nicht angegangen werden! Die großen Parteien geben keine Antworten darauf. Wir sehen sind enttäuscht, dass abermals keine Impulse zu erkennen sind. Die schwarze Null darf nicht davon ablenken, dass für ein weiteres Jahr der Stillstand droht, den sich Oberhausen nicht leisten kann. Und übrigens auch nicht davon, dass auch im kommenden Jahr in der ersten Ratssitzung wieder ‘völlig unerwartete’ Dringlichkeitsentscheidungen in Millionenhöhe getroffen werden, die den heute zu beschließenden Haushalt ohnehin ad absurdum führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger, in diesem Haushalt sind die notwendigen politischen Ziele nicht zu finden. Es fehlt Geld für 1. eine dringend notwendige Mobilitätswende, 2. eine dringend notwendige Verbesserung der Infrastruktur, 3. eine dringend notwendige Verkehrswende, 4. eine dringend notwendige Klimawende. Wohin gehen zum Beispiel die deftigen Parkgebühren, die die Stadt künftig von ihren Bürgern einkassieren möchte? Werden sie für den ÖPNV oder Radwegeausbau verwendet? Wo sind die Konzepte für den ÖPNV?Wo sind die Investitionen für den vor anderthalb Jahren versprochenen Mobilitätsentwicklungsplan?Wo ist das Budget für einen Nahmobiliätsmanager, vor allem für den alternativen Radverkehr? Wo sind die klaren Zielsetzungen ür den Klimaschutz und wo sind die dafür dringend notwendigen Gelder?
Klein-Klein von Einzelmaßnahmen
Wo sind die Pläne zur die Mülheimer Straße? Sieben Jahre Grüne Umweltdezernentin und immer noch keine Idee, wie man ein Fahrverbot verhindern könnte. Wo sind die sichtbaren Impulse, die die Klimamanager gebracht haben? Hier steht ein Klein-Klein von Einzelmaßnahmen den großen Herausforderungen des Klimawandels gegenüber. Wie schreitet die Ausstattung der Schulen und der Erhalt ihrer Gebäude voran? Wie steht es um die Straßen in Oberhausen? Wie steht es um die Fahrradwege in Oberhausen? Wie steht es um die Kanalisation in Oberhausen?
Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, wie in der aktuell veröffentlichten Bürgermeinung zu lesen ist, machen sich große Sorgen um die Infrastruktur und erwarten berechtigter Weise eine substantielle Verbesserung. Doch im Haushalt zeigen sich hierzu Kürzungen in Millionenhöhe, die zum Investitionsstau und zu weiteren Problemen führen. Wir fordern: Keine Symbolpolitik mehr, sondern nachhaltige Antworten auf die aktuellen Herausforderungen. Klare Prioritäten bei der Mobilitätswende und beim Klimaschutz. Wir wollen günstigere und damit attraktive Lösungen für den Nahverkehr, weniger Autoverkehr durch die Förderung von praktikablen und aber auch innovativen Alternativen.
Stoag und Politik stehen auf der Bremse
Unser Vorschlag einer Seilbahn ist dazu nur der Auftakt. Offen für Bürger hat der Politik und der Stoag eine Bus-Linie vorgeschlagen, die das Drei-Städte-Eck zwischen Oberhausen, Mülheim und Essen verbindet. Der oft in Sonntagsreden geforderte Lückenschluss zwischen der 105 und der Trasse hätte längst umgesetzt sein können. Doch Stoag und Mehrheitspolitik verweigern sich seit Jahren dem Dialog und stehen auf der Bremse. Es muss Schluss sein mit dem Kirchturmdenken: Die Stoag sollte daher endlich mit der Ruhrbahn fusioniert werden. Auch das wird Mittel im Verwaltungsapparat einsparen und freisetzen, um den ÖPNV in der Stadt anzukurbeln. Die interkommunale Zusammenarbeit ist leider nur Lippenbekenntnis. Wir sollten sie endlich mit Leben füllen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger, wie wird Oberhausen die Problematik der aktuell schwächelnden Gesundheitsversorgung angehen? Die Politik muss hier die Verantwortung annehmen. Deshalb fordern wir die Einberufung eines „Runden Tisches“ für die Krankenhausversorgung. In dem aktuellen Ranking ist Oberhausen bei der Digitalisierung auf den hinteren Plätzen zu finden. Falls man die Zukunft nicht verpassen möchte, müssen wir auch hier wesentlich mehr investieren. Mit dem jetzigen Haushaltansatz spielen wir weiterhin in der vierten Liga.
Arbeit von Dezernenten bewerten
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Verwaltung und Macht-Politik verstecken sich hinter dem Argument, dass diese Ziele aus finanziellen Gründen nicht angegangen werden können. Doch provokant gefragt: Wofür sind ein Umwelt- und ein Stadtentwicklungsdezernat notwendig, wenn diese keine Impulse setzen können? Man könnte diese Aufgaben genauso gut an anderen Stellen zusammenziehen und einsparen. Wir als Offen für Bürger vermissen hier klare Kriterien für die Bewertung der Arbeit von Dezernenten.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, zum letzten Haushalt in dieser Legislaturperiode lohnt es sich Bilanz zu ziehen. Denn gerade Sie haben seit der Einführung des so genannten Stärkungspaktes jedes Jahr mehr Lasten tragen müssen: Die Mittel in der Bildung und in der Kultur sind drastisch gestrichen worden. Wer ein Geschäft oder ein Haus besitzt, um damit sein Leben und seine Rente zu finanzieren, musste immer höhere Gewerbesteuer und Grundsteuer zahlen, um die „Schwarze Null“ im kommunalen Haushalt zu gewährleisten. Das alles – so hat es Ihnen die Stadt verkaufen wollen – sollte der Stärkung der Kommune und ihrer Entschuldung dienen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Oberhausen hat weiterhin 1,9 Milliarden Schulden, der Großteil davon sind Altschulden. Und kommt auch durch diese drastischen Sparmaßnahmen nicht aus der Schuldenfalle. Die Einsparungen haben keine Perspektiven geschaffen, sondern nur das soziale und kulturelle Leben in unserer Stadt abgewirtschaftet.
Bürger sollen mit entscheiden bei Haushalt
Dafür hat die Stadt heute eine geringere Wirtschaftskraft als vergleichbare Städte im Bund. Sie hat eine geringere Kaufkraft (20.541 Euro pro Kopf, bundesweit 23.322 Euro/Kopf) und sie hat eine höhere Unterbeschäftigung als in anderen Teilen des Landes. Die Versprechungen des Kämmerers, dass die harten Einsparungen für die Bürger zu einer besseren Haushaltslage führen, haben sich nicht erfüllt. Vor kurzem musste er in der WAZ einräumen: Wenn der Stärkungspakt ausgelaufen ist – und keine Anschlussregelung gefunden wird – steckt Oberhausen wieder in der Falle einer Nothaushaltskommune. Genau wie vor knapp zehn Jahren. Wenn es also keine Alternativen gibt, fragen wir uns: Warum darf der Bürger nicht mitentscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird? Warum hat es wieder einmal Keine frühzeitige Beteiligung der Bürger gegeben? Offen für Bürger hat sich stets für einen Bürgerhaushalt ausgesprochen. Er wäre aus unserer Sicht geeignet als Mittel zur Transparenz und auch als wirksames Mittel gegen Steuermittelverschwendung. Wir sind überzeugt: Könnte der Bürger über den Haushalt mitbestimmen, gäbe es auch eine höhere Bereitschaft, bestimmte Erhöhungen etwa von Parkgebühren, Gewerbe- und Grundsteuer mitzutragen. Und nicht zuletzt wird ein Bürgerhaushalt dazu führen, dass sich die Menschen mit ihrer Stadt, unserem Oberhausen, identifizieren.“