Oberhausen. Die Ausfälle an Steuereinnahmen durch die Corona-Krise sind für arme Städte wie Oberhausen so gigantisch, dass neue Lasten für Bürger drohen.

Die 210.000 Oberhausener müssen in Zukunft damit rechnen, dass das Leben in ihrer Heimatstadt teurer wird und die Stadt selbst weniger Dienstleistungen, Kultur-, Freizeit- und Sportereignisse anbieten kann als bisher.

Schuld daran haben die enormen neuen Schuldenlasten, die die finanzschwache Stadt durch die Corona-Wirtschaftskrise aufhäufen muss. Die Einbrüche an Steuereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe werden nach Angaben des erfahrenen Stadtkämmerers Apostolos Tsalastras bisher von Bund und Land nur zum Teil ausgeglichen.

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„Sollten Bund und Land bei ihren Hilfen für die Kommunen nicht nachsteuern und die anstehenden Gewerbesteuerausfälle nicht ausgleichen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als wieder Einschnitte bei den städtischen Dienstleistungen vorzunehmen und Steuersätze zu erhöhen“, meint Tsalastras, der auch im Präsidium der NRW-SPD eine wichtige Rolle in der Landespolitik spielt. „Dazu darf es nicht kommen, weil dies die Menschen in unserer Stadt zu stark belastet und einen neuen Wirtschaftsaufschwung abwürgen würde. Doch bisher zeichnet sich nicht ab, ob und wie Bund und Land künftig helfen wollen.“

Künftige Generationen müssen Corona-Schuldenlast abzahlen

Nach den neuesten Zahlen muss der Stadtkämmerer 75 Millionen Euro neue Schulden durch die Corona-Ausbrüche aufnehmen. Sie können dank Landesentscheidungen zwar in einen Sondertopf gepackt werden und tauchen deshalb nicht im regulären Haushalt auf – doch innerhalb der nächsten 50 Jahre müssen die nachfolgenden Generationen diese Last abbezahlen. Ohnehin aber sitzt Oberhausen auf einem extrem hohen Schuldenberg von 1,9 Milliarden Euro, den die Stadt nach Aussagen von Finanzexperten niemals aus eigener Kraft zurückzahlen kann. Und durch Corona kommen nach Rechnung von Tsalastras über 150 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren hinzu.

Corona macht Sparerfolge zunichte

Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras.
Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Damit sind wegen der Pandemie praktisch alle Erfolge des seit 2011 laufenden Sparpakets mit massiven Service-Einschnitten und Steuererhöhungen für Bürger zunichte gemacht – Einnahmen und Ausgaben hielten sich dadurch seit 2017 in der Waage, zusätzliche neue Schulden musste Oberhausen seither nicht mehr machen. In den letzten drei Jahren wurden sogar Schulden getilgt und zurückgefahren. Man wollte ab 2022 Grund- und Gewerbesteuern für die Oberhausener senken. Und dann kam Corona.

Bisher haben Bund und Land nur zugesagt, die Einnahmeausfälle an Gewerbesteuern der Kommunen für 2020 auszugleichen. Nach Angaben von Tsalastras beträgt der Einbruch bei der Gewerbesteuer 42 Millionen Euro im vergangenen Jahr, 27 Millionen Euro werden in diesem Jahr prognostiziert. Damit dürfte man allerdings nicht hinkommen, denn die Wirtschaftsforscher haben ihre bundesweite Wachstums-Vorhersage deutlich abgesenkt.

Einnahmeverluste nur für 2020 durch Bund und Land aufgefangen

„Für das vergangene Jahr hat der Bund-Länder-Rettungsschirm die Mehrausgaben aufgefangen, aber für 2021 und die darauffolgenden Jahre ist bisher nicht vorgesehen, dass die notleidenden Städte und Kommunen einen Verlustausgleich erhalten.“ Auch die wichtigste Einnahmequelle von Oberhausen für den 890-Millionen-Jahresetat, die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Kommunen, gespeist aus verschiedenen bundesweiten Steuerquellen, dürften künftig spärlicher ausfallen. Zuletzt lagen diese bei 220 Millionen Euro im Jahr für Oberhausen.

Tsalastras hofft zwar darauf, dass der Druck in der Bundespolitik im Bundestagswahlkampf steigen wird, armen Kommunen zu helfen und endlich zu handeln, doch: „Momentan haben alle, auch die Bürger, verständlicherweise die akute Corona-Lage im Kopf, aber am Ende kommt das böse Erwachen, wenn wir gezwungen werden, wieder im Haushalt einzuschneiden.“

Oberhausen ohne Sparstrumpf

Nach Analyse des Sozialdemokraten haben die letzten Jahre gezeigt, dass Oberhausener Finanzen nicht krisenfest aufgestellt sind – seit mindestens zwei Jahrzehnten hat Oberhausen negatives Eigenkapital in der Bilanz, also keinen Sparstrumpf, in dem ein paar Euros an die Seite gelegt wurden. „Seit 2008 hatten wir drei Krisen: Die Finanzkrise, die Flüchtlingskrise und die Coronakrise. Alle Krisen schlagen auf arme Kommunen direkt durch, weil wir ohne Rücklagen nichts auffangen können.“

Arme Städte äußerst krisenanfällig

Damit die Krisenanfälligkeit armer Städte beendet wird und diese in guten Zeiten Geld für schlechte ansammeln können, muss nach Forderung von Tsalastras dringend eine Lösung für die Milliarden-Last an Altschulden her. Doch alle Anstrengungen des bundesweiten Zusammenschlusses „Für die Würde unserer Städte“ sind bisher gescheitert -- zuletzt im vergangenen Jahr.

Oberhausen hätte dann auch Spielraum, aus eigener Kraft entscheidende Verbesserungen im Stadtgebiet zu gestalten. „Bisher können wir zwar in Sozialberichten genau analysieren, in welchen Stadtteilen sich die Probleme häufen, aber diese dann tatsächlich anzugehen und Projekte umzusetzen, das schaffen wir finanziell nicht.“