Gelsenkirchen. Was brauchen Schulen der Zukunft für ein optimales Lernklima? In Gelsenkirchen erarbeitet eine Projektgruppe für eine Grundschule Konzepte.

1980 wurde in Gelsenkirchen die letzte städtische Schule neu gebaut; es war die Gerhart-Hauptmann-Realschule, heute Sitz der Gesamtschule Erle, erinnert sich Klaus Rostek, Leiter des Bildungsreferates und einer der wenigen in seinem Ressort, die selbst noch Schulneubauten in Gelsenkirchen erlebt haben. An der Ebersteinstraße in Bismarck wird nun die jahrzehntelange Bau-Pause beendet: In Rekordzeit soll hier zum Schuljahresstart 2022/23 eine nagelneue, vierzügige Grundschule mit Zweifachturnhalle errichtet werden. Gebaut wird das 22 Millionen-Projekt von der Gelsenkirchener Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (ggw), einer hundertprozentigen Stadttochter, die Stadt wird das Gebäude mieten. Die notwendigen Beschlüsse sollen im Mai in der Bezirksvertretung und im Juni im Rat ergehen.

Fertigung startet schon vor der Baugenehmigung

Dezernentin Anne Heselhaus will den Schulneubau im ganzen Stadtsüden vorantreiben.
Dezernentin Anne Heselhaus will den Schulneubau im ganzen Stadtsüden vorantreiben. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Im Mai 2020 hatte der Bildungsausschuss den Neubau auf den Weg gebracht, der Umsetzungsbeschluss erging im Juni 2020 im Rat. Die Ausschreibung für den Bau auf dem bereits gerodeten Gelände, das die Stadt an die ggw verkauft hat, ist in der letzten Phase, im Juni soll nach Genehmigung des Bauantrags mit dem Bau begonnen werden. „Die Stahlbetonteile werden aber schon vor Erteilung der Baugenehmigung produziert, damit wir den Zeitplan halten können“, verrät ggw-Geschäftsführer Harald Förster. Das sei bei einem normalen Bauprojekt zwar kaum denkbar, mit der Stadt als verlässlichem Partner aber möglich.

Anmeldungen für die neue Schule schon im Herbst 2021

In der Tat drängt die Zeit. Schon im Herbst 2021 beginnen die Anmeldungen für die Erstklässler 2022/23, und die neue Schule kann dann bereits von Eltern aus dem Umfeld für ihr Kind gewählt werden. Um den Neubau auch technisch optimal ausstatten zu können, hat die Stadt bereits einen Förderantrag für Zuschüsse aus dem Digitalpakt gestellt. Was eigentlich gar nicht möglich ist, solange eine Schule noch gar nicht in Betrieb ist und vor allem: keine registrierte Schulnummer hat. Aber auch diese Hürde konnte Bildungsdezernentin Anne Heselhaus überwinden dank frühzeitiger, unbürokratischer Abstimmung mit der Schulaufsicht.

Vier Züge und eine Zweifeld-Sporthalle

Dezernentin Anne Heselhaus, Referatsleiter Klaus Rostek, Guido Molitor vom Büro Baubetreuung Schäf sowie von der ggw Maximilian Pledl und Geschäftsführer Harald Förster vor dem Brachgelände an der Ebersteinstraße, wo schon im nächsten Sommer die neue Grundschule in Betrieb gehen soll.
Dezernentin Anne Heselhaus, Referatsleiter Klaus Rostek, Guido Molitor vom Büro Baubetreuung Schäf sowie von der ggw Maximilian Pledl und Geschäftsführer Harald Förster vor dem Brachgelände an der Ebersteinstraße, wo schon im nächsten Sommer die neue Grundschule in Betrieb gehen soll. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Beim Ratsbeschluss 2020 ging man aufgrund des relativ kleinen Grundstückes von 7500 Quadratmetern noch von der Errichtung einer dreizügigen Grundschule mit Einfachturnhalle aus. Dank Kooperationsbereitschaft der Emschergenossenschaft bei einem Nachbargrundstück und findiger Planung kann nun jedoch vierzügig geplant und eine Zweifeldsporthalle eingerichtet werden. Im Erdgeschoss des dreistöckigen, barrierefreien Gebäudes gibt es keine Klassenräume, sondern multifunktionale Räumlichkeiten, die auch die Nutzung als Familienzentrum erlauben.

Projektgruppe „Klassenzimmer der Zukunft“ mit Planern und Pädagogen

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Die Klassenräume im ersten und zweiten Obergeschoss sollen ergänzt werden durch Differenzierungsräume und vor allem multifunktional nutzbar sein, auch für den OGS-Betrieb. Wie genau sie ausgestaltet werden sollen, ist noch offen. „Wir wollen viel Raum geben für moderne Anforderungen“, verspricht Harald Förster. Dafür wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Bildungsreferat eine Projektgruppe „Klassenzimmer der Zukunft“ gegründet, in der Architekten, Ausstatter und Pädagogen gemeinsam Ideen und Vorschlage dafür entwickeln und in den Bauprozess einbringen sollen. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die audiovisuelle Ausstattung von Klassenräumen aus der Pandemiezeit sowie Möglichkeiten für das Erleben und Erlernen etwa von natürlichen Wachstumsprozessen sollten dabei einließen, auch Inklusion wird mitgedacht. „Die Projektgruppe war eine Anregung von Oberbürgermeisterin Karin Welge“, so Harald Förster.

Bestandsaufnahme zum Nachsteuerungsbedarf bei Digitalausstattung mit Schulleitern

10 Gründe, den Gelsenkirchen-Newsletter gratis zu abonnierenApropos Erfahrungen aus Pandemiezeiten. Dezernentin Anne Heselhaus hat dazu bereits eine weitere Arbeitsgruppe auf den Weg gebracht: „Thomas Sowa als Teamleiter IT Schule und Schulleiter beraten gemeinsam, wo es in der Digitalausstattung in Gelsenkirchener Schulen noch hakt, wo nachgesteuert werden muss und kann und was bei künftigen Neuausstattungen bedacht werden sollte.“

Auch über Möbel wird gesprochen

Mitarbeiter der Projektgruppen sind neben den ggw-Planern Fridtjof Unger, Rektor und im Schulamt mit der Schulaufsicht im Primarbereich befasst, IT-Experte Dieter Sowa, Bildungsentwicklungsplaner Bernd Zenker-Broekmann sowie ein Mitarbeiter, der für die Innenausstattung und Möblierung von Klassenräumen zuständig ist. Erkenntnisse aus einer solchen bereits existierenden Projektgruppe für die Sanierung der Grundschule Stefanstraße in Ückendorf können dabei mit einfließen.

Kleines Grundstück und trotzdem viel Platz

Der Entwurf der neuen Grundschule an der Ebersteinstraße in Bismarck. Zum Schuljahr 2022/23 soll sie in Betrieb gehen können, Baubeginn ist im Juni 2021. 
Der Entwurf der neuen Grundschule an der Ebersteinstraße in Bismarck. Zum Schuljahr 2022/23 soll sie in Betrieb gehen können, Baubeginn ist im Juni 2021.  © GGW | GGW

Von den 22 Millionen Euro Gesamtkosten entfallen 17 Millionen Euro alleine auf das Schulgebäude. Das Gebäude auf dem 7500 Quadratmeter großen Grundstück umfasst auf drei Etagen 5400 Quadratmeter Nutzfläche unter anderem mit 16 Stammklassenzimmern, acht Gruppen- sowie acht Differenzierungsräumen, einem großen Küchen- und Mensabereich und Bibliothek sowie Möglichkeiten zur Nutzung als Familienzentrum. Die Zweifachsporthalle verfügt über 1175 m Quadratmeter Nutzfläche, der begrünte Schulhof misst 2000 Quadratmeter.

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Die Raumstruktur ist mit dem Bildungsreferat abgestimmt und ermöglicht jahrgangsübergreifende Lernformen und rhythmisierten Ganztagsbetrieb. Ein separater Eingang ermöglicht die Nutzung des Erdgeschosses als Familienzentrum auch außerhalb des Schulbetriebs.

Energieeffizient mit Dachbegrünung und Wärmerückgewinnung

In den Klassen- und Gruppenräumen soll es Sichtverbindungen durch Glaswände geben, halbhoch ab Brüstung, um eine Überschaubarkeit in andere Räume zu gewährleisten. Die Klassenräume bekommen aus Infektionsschutzgründen Doppelwaschbecken.

Das Gebäude entsteht wegen des Zeitdrucks mit Betonfertigteilen, die ggw will jedoch möglichst klimafreundlich nach dem KfW70-Energiestandard bauen. Das Energiekonzept sieht Fernwärme, eine Photovoltaikanlage, extensive Dachbegrünung, dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung und teilweise Fassadenbegrünung vor.