Gelsenkirchen. Bei der Bildung ist die Gelsenkirchener Groko sich einig: Es muss sehr viel investiert werden und der Bund muss helfen. Was auf dem Plan steht
Die Gelsenkirchener Variante der Groko ist sich bei der Bildung einiger als es die Berliner je war. Ihr gemeinsames Hauptziel: Die Emscher-Lippe-Region braucht finanzielle Unterstützung im Bildungsbereich. CDU und SPD berufen sich auf den Artikel 104c des Grundgesetzes, der dem Bund gestattet, den Kommunen zur Stärkung der Infrastruktur im Bildungsbereich Finanzhilfen befristet zu gewähren. Markus Karl (CDU) fordert – nur teils ironisch – eine „Bildungsbazooka“ für den Emscher-Lippe-Raum. Und auch SPD-Sprecher Ulrich Jacob denkt eher groß, wenn es um die Unterstützung für die Emscher-Lippe-Region geht.
Schere öffnet sich seit Jahrzehnten immer weiter
Bildungsmilliarden müssten es sein, um die Herausforderungen bewältigen zu können, die die Pandemie noch vergrößert habe, so Jacob. Es gehe ihnen um Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit, betonen beide Parteien. Die Schere dabei sei in den letzten Jahrzehnten – gleich, unter welcher Regierung, wie beide betonen – stetig weiter aufgegangen, in der Pandemie noch deutlich stärker.
Kostspieliges Programm
Tatsächlich ist das Bildungsprogramm, auf das sich SPD und CDU geeinigt haben, nicht aus der Portokasse zu bezahlen. Mindestens vier Grundschulneubauten, neben der Europaschule eine weitere Gesamtschule, der quantitative und der qualitative Ausbau der Offenen Ganztagsschule, Aufbau eines Bildungscampus als zentrale Anlaufstelle für für Jugendliche auf dem Weg in den Beruf, umfangreiche Schulsanierungen, der lange verschobene Sporthallenneubau für das Annette-von Droste-Hülshoff- und das Max-Planck-Gymnasium, der Ausbau des schulpsychologischen Dienstes, um im Lockdown entstandene Probleme besser auffangen zu können und der weitere Ausbau des Medienkompetenzzentrums in der Volkshochschule als außerschulischem Lernort. Wobei letzteres zumindest im Bildungsbunker noch dauern dürfte. Dort müssen zunächst Asbestbelastungen behoben werden.
Bis 2024 müssen Schulneubauten stehen
Bis 2024, wenn laut Prognose der Höhepunkt bei den Schülerzahlen erreicht wird, müssten die Grundschulen spätestens stehen. „Wir wollen für jedes Kind einen Platz in der Schule haben, ohne viel zu große Klassen mit 32 Kindern bilden zu müssen. Das klingt selbstverständlicher, als es ist“, erklärt Martina Rudowitz, die Vorsitzende des Bildungsausschusses. Um die Schulentwicklungsplanung für alle Schulformen inklusive Förderschulen und Berufskollegs und auch die Neubauten schneller vorantreiben zu können, will Rudowitz „zu interfraktionellen Gesprächen mit allen demokratischen Parteien“ einladen. Auch Dezernentin Anne Heselhaus hat bereits angekündigt, gezielt das Gespräch mit allen zu suchen, um in der Sache schneller zum Ziel zu kommen.
Anreize für Lehrer mit guter Ausstattung
Ob die Finanzspritze mit der „Bildungsbazooka“ auch beim Gewinnen von Lehrkräften helfen kann, darüber ist man sich nicht ganz einig. Gehaltszulagen nur für neue Lehrkräfte könnten Neid bei alteingesessenen Kollegen hervorrufen. Über andere Anreizmöglichkeiten wie erleichtertem Zugang zu Baugrundstücken denke man noch nach. Hilfreich sei es jedenfalls nicht, die Stadt immer nur schlecht zu reden, zumal Gelsenkirchen gerade bei der Digitalisierung an Schulen Modellkommune sei, von außen kommende Lehrkräfte immer wieder erstaunt seien über die gute Ausstattung der Schulen hier. Eine gute Ausstattung von Schulen sei auf jeden Fall ein Anreiz, der wirken könne – wenn diese gute Ausstattung denn auch bekannt werde.
Gemeinsame Forderung: Auf das Zentralabitur verzichten
In der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses am 29. April wird es auch um die aktuelle Situation an Schulen gehen. Extrem eng dürfte es an den Grundschulen bereits in diesem Sommer werden, auch wenn die Übergangslösung an der Caubstraße in Schalke-Nord bis dahin, wie avisiert, fertig ist.
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Für das anstehende Abitur und auch die beiden folgenden Jahre wünscht sich die Gelsenkirchener Groko klar einen Verzicht auf das Zentralabitur zugunsten angepasster Abituraufgaben aus einem erweiterten Aufgabenpool. Die Auswahl soll nach ihrem Willen den Schulen überlassen bleiben, die am besten wüssten, welcher Stoff behandelt werden konnte. Die Befürchtung, dass die Wirtschaft so ein Abitur nicht anerkenne, teilen die Koalitionäre an der Emscher nicht. Schülervertreter hatten gefordert, Abiturienten die Wahl zu lassen zwischen einem Abitur nach Vornote oder geschriebenen Klausuren.
Vorbereitung in Präsenz für die Abiturfächer nutzen
Unterricht nach Lehrplan, wie von Ministerin Gebauer erwünscht, halten Jacob (Lehrer) und Karl (Vater von Schulkindern) ebenfalls beide für realitätsfern. Die kurze Vorbereitungszeit für das Abitur in Präsenz müsse für Abiturfächer genutzt werden. Auch hier herrscht Einigkeit, ungeachtet der Linien der Bundesparteien.
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