Mülheim. Mit heimischen Pflanzen will eine Initiative „neues Leben für den Kleeberg“ schaffen und Nachbarschaft fördern. Warum die AfD dagegen stimmte.

Hinter historischen Siedlungshäusern und privaten Gärten, gleich hinter der Wilhelm-Busch-Schule, eröffnet sich ein erhabener Blick über die Ruhrstadt. Die Papenbuschler wissen den Kleeberg als Naherholungsoase und Hundeauslauf zu schätzen. Und bald schon soll der Berg selbst in den tollsten Farben erblühen – wenn es nach dem Willen von Bürgern geht. Der AfD allerdings passt das nicht.

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Bürger greifen Wildbienen unter die Flügel

Warum eigentlich nicht? Vielleicht zu bunt und vielfältig – Franz Verhaag und Melanie Wolters können sich jedenfalls darauf keinen Reim machen. Die beiden Nachbarn aus der Siedlung haben am Donnerstagmorgen ihre Gartenwerkzeuge geschultert und zeigen, wie sie etwas für den Erholungsfaktor tun wollen, und damit gleichzeitig die Vielfalt von Pflanzen sowie - hoffentlich - auch Wildbienen und Schmetterlingen steigern.

So sollen die Beete am Kleeberg angelegt werden.
So sollen die Beete am Kleeberg angelegt werden. © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Denn bunte Wildblumen sollen als anderthalb Meter breite Streifen den Weg von Osten bis zur Aussicht im Westen säumen. Anstelle des kurz geschorenen Rasens. An der Weggabelung wird ein breiteres Beet von etwa 80 Quadratmetern angelegt und vor dem Zaun der Wilhelm-Busch-Schule entsteht ein etwa 25 Quadratmeter großes Staudenbeet mit Wildrosen und -tulpen. „Neues Leben für den Kleeberg“ haben sie ihr Nachbarschaftsprojekt genannt.

Initiaitive setzt bewusst auf heimische Pflanzen

„Wir haben bewusst heimische Pflanzen wie die Kornblume und Margeriten ausgesucht, die man in der Stadt mittlerweile nicht mehr sieht, und die Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten ernähren. Wir wissen, dass die Gesamtmasse der Fluginsekten in Deutschland in den vergangenen Jahren um mehr als 75 Prozent zurückgegangen ist“, meint Melanie Wolters, die sich bereits mit Baumwatch und „Wilde Biene“ für mehr Natur in der Stadt einsetzt.

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Mehr heimische Pflanzen können also dafür sorgen, dass ihre Zahl wieder wächst und somit das gesamte Umfeld mitprofitiert. Das Saatgut ist danach zertifiziert und stammt von den Anbietern Rieger Hofmann und Syringa. Die Stauden beziehen Verhaag und Wolters von der Oberhausener Gärtnerei „Gartenwert“, die nicht nur Wert auf ökologischen Anbau legt, sondern auch bewusst solche Pflanzen anbietet, die im Baumarkt nicht zu haben sind.

Projekt soll auch die Gemeinschaft erblühen lassen

Franz Verhaag hofft natürlich auch, dass die Saat auch im übertragenen Sinne angeht und beim gemeinsamen nachbarschaftlichen Harken und Sensen die Gemeinschaft wächst. „Viele Erwachsene werden sich an Pflanzen von früher erinnern, die Kinder werden dabei Spaß haben, die Pflanzen und Tiere zu entdecken. Vielleicht hat auch die Schule Lust, das Beet als Schulprojekt zu pflegen?“ In den nächsten Wochen will Verhaag unter den Nachbarn kräftig die Werbetrommel für das Projekt rühren.

Denn letztlich sollen sie auf den gut 275 Quadratmetern mit anpacken und auch bei der Pflege für die kommenden drei Jahre mithelfen. Wobei: Wildblumenwiese und auch Stauden sind so angedacht, dass sie kaum Pflegearbeit benötigen und damit kaum Kosten verursachen sollen. Und auch beim ersten Anlegen hilft ein Gartenbauer mit, den Boden abzumagern, den alten Boden zu entsorgen und die Fläche fachmännisch einzusäen.

Saarner Umweltverein unterstützt die Initiative

Mit im Boot für „Neues Leben für den Kleeberg“ ist der Saarner Umweltverein. „Für uns ist das ein sehr interessantes Projekt, weil es wichtig ist, Wildbienen und Schmetterlinge zu fördern“, ist der Vorsitzende Detlef Habig ebenso sicher, dass das Nachbarschaftsprojekt erfolgreich und akzeptiert sein wird, „weil die Menschen vor Ort miteingebunden und federführend sind“.

Aufklärung mit Bienen und Blüten

Für das Projekt „Neues Leben für den Kleeberg“ tickt allerdings schon die Uhr, denn die Pflanzen müssten bis April gesät werden. Und zuvor muss noch der Rasen abgetragen und der lehmhaltige Boden mit Sand abgemagert werden.

Steht die Wiese aber in Blüte, wollen Wolters und Verhaag das Projekt begleiten und mit Informationen und Hilfen über den Erhalt der Artenvielfalt aufklären. Auch sollen Beschilderungen auf den Nutzen der Fläche hinweisen. Wolters hofft, dass vielleicht auch nahe Schulen oder Kitas diese Fläche nutzen werden, um ihren Unterricht anschaulich zu gestalten.

Mehr Infos hat Franz Verhaag: franz.verhaag@gmx.de

Auch wenn der Umweltverein selbst hauptsächlich ideeller Unterstützer des Projekts sein wird, ist er doch zentral, denn über ihn werden die Fördergelder voraussichtlich in Höhe von rund 6000 Euro fließen. Den Antrag an die Heinz-Sielmann-Stiftung hat Melanie Wolters bereits fertig gestellt. Auch die Stadt, der das Grundstück am Kleeberg gehört, und die Politik lobten bereits im vergangenen November das Bürgerengagement und stimmten zu.

Wobei: nicht ganz. Bedenken gegen die Bürgerinitiative trug die AfD vor. AfD-Mann Michael Schweer fragte nach den späteren Kosten für die Stadt, wenn die Fläche wieder in die Pflege zurückgehe. „Überschaubar“, legte Verhaag damals in der Bezirksvertretung dar. Die Wildblumenwiese werde ein- bis zweimal im Jahr gemäht und säe sich immer wieder selbst aus. Für das Wasser in den voraussichtlich heißen Sommern will die Initiative mit den beantragten Fördermitteln aufkommen. Über die Wilhelm-Busch-Schule könnte ein Wasseranschluss bereit gestellt werden.

Ob dies der „Alternative“ als Antwort nicht ausreichte oder noch andere Einwände bestanden? Sie stimmte als einzige Partei in der Bezirksvertretung 2 gegen das Bürgerprojekt.