Mülheim. Im Rat hatte die Mülheimer AfD uneinheitlich abgestimmt. Die SPD stellt deshalb eine Anfrage, den Fraktionsstatus abzuerkennen. Die AfD kontert.

Wie steht es um den Zusammenhalt in der frisch in den Rat eingezogenen Mülheimer AfD-Fraktion? Zumindest ihr uneinheitliches Abstimmungsverhalten im Stadtrat hat nun die SPD veranlasst, das in einem Antrag an die Verwaltung zu hinterfragen und womöglich den Fraktionsstatus der vier Mitglieder aberkennen zu lassen. Die Alternative kontert.

Dahinter allerdings steht mehr als nur eine Spitzfindigkeit der Mülheimer Genossen: Der Paragraf 56 der Gemeindeordnung NRW legt Fraktionen fest als „freiwillige Vereinigungen von Ratsmitgliedern, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben“.

Gleichgerichtetes Wirken ist entscheidend

Das gleichgerichtete Wirken ist entscheidend. „Uns ist aufgefallen, dass die AfD in Sitzungen zu Beschlüssen uneinheitlich abgestimmt hat, teils war sie dafür, teils hat sie sich enthalten“, erläutert SPD-Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler die Anfrage seiner Fraktion. Tatsächlich hatte die Alternative im Rat am 11. Dezember gleich bei mehreren Tagesordnungspunkten nicht geschlossen agiert: So stimmten zur Gründung einer Energie GmbH etwa drei der vier AfD-Mitglieder gegen die Beschlussvorlage der Verwaltung. Ein AfDler enthielt sich.

Gegen ein Beibehalten der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer hatten sich nur zwei Fraktionsmitglieder gestemmt. Auch zur Anschaffung von Schultablets und zur neuen Müllgebührensatzung, die den Einsatz von Mülldetektiven vorsieht, zeigte die AfD kein einheitliches Abstimmungsverhalten: Zwei Fraktionsmitglieder stimmten gegen die Vorlage zu den Gebühren, zwei enthielten sich. Ob das angesichts der weichen Formulierung in der Gemeindeordnung, "möglichst" gleichgerichtet zu wirken, für eine Aberkennung des Fraktionsstatus' ausreicht?

Es geht auch um viel Geld

Doch geht es nicht zuletzt auch um Geld. Denn eine Fraktion kann über üppige Mittel verfügen, die eine Kommune zur Verfügung stellen muss. Die AfD-Fraktion etwa erhält jährlich 72.600 Euro und weitere 9000 Euro einmalig zur Einrichtung einer Geschäftsstelle. Eine Gruppe bekommt zwei Drittel einer Fraktion (ca. 45.000 Euro), einzelne Stadtverordnete eine Grundausstattung von etwa 11.300 Euro im Jahr.

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Ferner erhält ein Fraktionsvorsitzender das Zwei- bis Dreifache der Aufwandsentschädigung (nach Landesvorgaben) von derzeit monatlich 412,30 Euro, zusätzlich gibt es Sitzungsgeld von 21,30 Euro pro Sitzung. Für eine Fraktion in Größe der AfD erhält ein Vorsitzender eine Pauschale von 824,60 Euro im Monat.

Schon 2015 zerlegte sich die Mülheimer Alternative

Die Aberkennung eines Fraktionsstatus' hätte daher für die AfD schwerwiegende finanzielle Auswirkungen. „Es gibt natürlich für Stadtverordnete keinen ,Fraktionszwang', aber ab welchem Punkt wird die Frage nach der gemeinsamen politischen Richtung essentiell? Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir erleben, wie die AfD sich zügig zerlegt“, spielt Schindler auf den Streit in der Alternative 2015 nach nur einem Jahr Ratsarbeit an.

AfD weist Verdacht zurück: Ratsfraktion stehe geschlossen hinter Kommunalwahlprogramm

Die jetzige AfD-Fraktion nimmt die Anfrage der SPD allerdings „mit Verwunderung“ zur Kenntnis. Der Fraktionsvorsitzende Alexander von Wrese kontert scharf: „Unsere Fraktion besteht aus eigenständigen politischen Persönlichkeiten. Kadavergehorsam, wie ihn die SPD zu leben scheint, ist uns fremd.“ Statt sich um die Aufarbeitung ihrer Vergangenheit aus der letzten Wahlperiode zu kümmern und sich auf die Umsetzung ihrer sozialdemokratischen Grundsätze zu konzentrieren, so von Wrese weiter, versuchten die Genossen "erneut vom eigenen politischen Versagen abzulenken".

Die AfD-Ratsfraktion stehe „geschlossen hinter dem Kommunalwahlprogramm 2020. Enthaltungen einzelner Ratsmitglieder zu bestimmten Einzelfragen stehen dazu nicht im Widerspruch.“