Gelsenkirchen. Was machen Gelsenkirchener Schulen mit dem Extra-Geld, das sie für das Aufholen nach Corona bekommen? Was aktuell geplant ist.

Es ist mehr Geld, als viele Schulleitungen zu hoffen gewagt hatten, das im Rahmen der „Aufholen nach Corona“-Programme in Gelsenkirchen investiert werden kann. Die Anträge für Extra-Personal sind längst geschrieben und zum Großteil auch bewilligt. Besetzt werden können angesichts des ohnehin grassierenden Lehrkräftemangels jedoch längst nicht alle. Wir haben an Gelsenkirchener Schulen nachgefragt, wie sie das „Aufholen“ mit Unterstützung der Bundes- und Landesförderung angehen wollen.

Gelsenkirchen: 10.600 Zusatzstunden für Grundschüler

Für die 39 Grundschulen etwa wurden bis zum August 2022 insgesamt gut 10.600 zusätzliche Stunden über das Extra-Personal bewilligt, 38 Projekte vom Schulamt bereits genehmigt. Dabei wird es ebenso um gezielte, individuelle Lernförderung gehen wie um Kreatives. „Vom Trommelzauber über ein Projekt mit einer Kickboxerin bis zu Musik- und Kunstprojekten: Das meiste organisieren die Grundschulen selbst, über ihre guten Netzwerke“, fasst Schulrätin Petra Bommert zusammen.

Sechs zusätzliche Grundschulkräfte ab November

Die Verträge mit den Durchführenden allerdings werden über das Schulamt geschlossen, die Inhalte liegen letztlich bei den Schulen. „Wir werden jede dieser Stunden auch durchführen können“, verspricht Bommert. Immerhin konnte das Personal an Grundschulen in Gelsenkirchen mit den Lehramtsanwärtern, die die Ausbildung zum 1. November abgeschlossen haben, um sechs Kräfte aufgestockt werden. Zwei bewarben sich schulscharf, vier davon kommen als Abgeordnete für zwei Jahre nach Gelsenkirchen.

Gelsenkirchen: Mehrarbeit vorhandener Lehrkräfte über Extra-Personal finanziert

Carsten Nagel, neuer Leiter der Lessing-Realschule, kann vom Extra-Personal besonders gut profitieren: „Wir konnten mit Mehrarbeit von Mitgliedern unseres Kollegiums aufstocken, die zuvor mit reduzierter Stundenzahl arbeiteten.“ Zum einen sei dadurch Doppelbesetzung im Unterricht möglich, zum anderen soll es Extra-Angebote wie eine Schwimm AG geben. „Für die Siebener-Klassen ist Schwimmen wegen Corona ausgefallen, das können wir so nachholen“, kündigt Nagel an.

Sprachsensiblen Unterricht ausbauen

Das Ricarda-Huch-Gymnasium will mit Hilfe des Aufhol-Programmes auch den sprachsensiblen Unterricht ausbauen.
Das Ricarda-Huch-Gymnasium will mit Hilfe des Aufhol-Programmes auch den sprachsensiblen Unterricht ausbauen. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Am Ricarda-Huch-Gymnasium helfen dank Extra-Personal Praxissemesterstudenten im Unterricht beim gezielten Fördern. Zusatzpersonal zu gewinnen ist ansonsten für die laut Schulleiter Dr. Michael Frey sehr gut ausgestattete Schule nicht leicht. Wie genau das Extra-Geld eingesetzt wird, ist noch offen. Die Anschaffung diagnostischer Programm steht dabei ebenso auf dem Plan wie der Ausbau des bereits praktizierten sprachsensiblen Unterrichtes, dann mit externer Expertise. Auch erlebnispädagogische Angebote sind geplant. „Kinder lernen besser, wenn sie sich in der Gemeinschaft wohl fühlen“, bestätigt Michael Frey aus eigener Erfahrung jüngste Studienergebnisse, die in dem Bereich Defizite aus dem Lockdown zeigten.

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Gezielte Förderung mit Studierenden in Deutsch und Mathe

Michael Scharnowsky, Leiter des Leibniz-Gymnasiums, hat bei seinen Schülerinnen und Schülern viel Eigeninitiative beobachtet beim Aufholen. „Wir wollen freie Zeiten nicht auch noch mit Zusatzkursen belasten.“ Die beiden gewonnenen Vertretungskräfte mit ihren 25,5 Stunden werden hier im Unterricht mit eingesetzt. Dem Grillo-Gymnasium hat das Extra-Personal eine befristete Schulsozialarbeiterstelle beschert. Fünf Studierende fördern zudem in 24 Stunden je Woche gezielt Fünft- und Sechsklässler in Deutsch und Mathe. Über die Extra-Zeit soll ein Projekt mit dem DGB finanziert werden.

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Die Gesamtschulen bekamen zwar über das Extra-Personal Verstärkung genehmigt, konnten aber nicht alle Stellen besetzen. Andreas Lisson, Leiter der Gesamtschule Erle, zählt zu den Glücklichen, die für alle fünf Stellen Bewerber bekamen. Sie sollen für Projekte, Sprachförderung und Schulsozialarbeit eingesetzt werden.

AG-Angebote nach einem Acht-Stunden-Schultag sind grenzwertig

Auch Achim Elvert, Leiter der Gesamtschule Ückendorf, bekam viel bewilligt, aber nicht alle Stellen besetzt. Mit einzelnen Projekten warten er und auch Kollegen zum Teil zunächst ab, welche Projekte die Stadt als Schulträger über die freien Träger anbietet, um Dopplungen zu vermeiden. Kooperationen soll es in Ückendorf aber geben mit dem dem Förderkorb, über den es auch an die Schule gekoppelte Angebote für Schüler Internationaler Förderklassen geben soll.

Für Fünftklässler sind erweiterte Arbeitsgemeinschaften mit dem freien Träger Plan B angedacht, Rap- und Tanz-AGs sind dabei ebenso möglich wie Sportliches. „Aber AG-Angebote noch zusätzlich zu den Acht-Stunden-Tagen der Schülerinnen und Schüler zu machen, da schauen wir auch, wo das zeitlich überhaupt noch passt“, schränkt Elvert ein. Auch die Gesamtschulen wollen beim Aufholen vor allem auf Förderung von Lernmotivation und Gemeinschaftssinn setzen.

Gelsenkirchen: Mit dem Extra-Geld sind auch Ausflüge finanzierbar

Das Extra-Geld von Land und Bund – je nach Schulstandort bis zu 20 Euro je Schüler – sei „erfreulich flexibel einsetzbar“, so Elvert. Erst wenn die Angebote des Schulträger feststehen, werde dieses Geld nach Bedarf verplant. Neben Diagnose-Materialien für den Förderbedarf, die auch langfristig genutzt werden können, sollen damit auch Freizeit-Aktivitäten wie Ausflüge inklusive Eintrittsgeld und Fahrtkosten ermöglicht werden.

Die angekündigten Bildungsgutscheine sind noch nicht angekommen. Auch an wen sie wofür genau verteilt werden sollen, steht noch nicht fest. Es dürfte sich aber im Rahmen der Bedingungen des Bildungs- und Teilhabegesetzes bewegen.