Gelsenkirchen. Der neue Leiter des Ricarda-Huch-Gymnasiums Gelsenkirchen setzt bei der Talentförderung auf kulturelle Bildung. Außerdem setzt er auf Teams.

Der neue Leiter des Ricarda-Huch-Gymnasiums (RHG) ist für Schüler und Kollegen ein alter Bekannter, wenn auch in anderer Funktion: Michael Frey hat in Gelsenkirchen im Dienst der Schulaufsicht die Referendarausbildung betreut und in dem Rahmen auch regulär am RHG selbst Geschichte unterrichtet. Nun ist er Rolf Möller, der im Sommer 2020 in den Ruhestand gewechselt ist, als Schulleiter gefolgt.

Musik und Geschichte als Unterrichtsfächer

Der 49-Jährige Frey hat die ungewöhnliche Fächerkombination Musik und Geschichte fürs Studium gewählt; Klarinette, Klavier und klassische Gitarre sind seine Instrumente. Seit 20 Jahren leitet er "nebenbei" ein symphonisches Blasorchester, in der "verbotenen Stadt"; auch mit dem Wohnort folgt er somit Rolf Möller.

Allerdings hat dieser Wohnort vor allem den Hintergrund der Familienzusammenführung: Die Frau des dreifachen Familienvaters arbeitet ebenfalls als Pädagogin, Dortmund ist der Kompromissort zwischen beider Arbeitsorten.

Talente entdecken und fördern übers Heranführen an kulturelle Bildung

Besonders gereizt an der Leitung des RHG hat Michael Frey dessen Status als Talentschule. "Die Konzeptentwicklung habe ich mit begleitet", erklärt Frey seinen Weg, gemeinsam mit Kollegin Katja Seidl habe er daran mitgewirkt. Der Ansatz, Talente von Kindern über kulturelle Bildung beziehungsweise die Möglichkeit der Teilhabe an kultureller Bildung zu fördern, hat es ihm besonders angetan. 

Selbstvertrauen gewinnen

Michael Frey ist promoviert, kommt "von der akademischen Laufbahn". Im Fachmagazin "Schulwelt" hat er das besondere Talentschulkonzept am RHG gemeinsam mit Katja Seidl bereits im August 2019 vorgestellt. Kinder, die von zuhause aus keine oder wenig Erfahrungen mit kultureller Bildung haben, werden in der Schule mit Lehrern und externen Experten wie Musikern und Theatermachern damit vertraut gemacht. Und vor allem werden sie selbst kreativ, lernen Instrumente. Was ihnen letztlich auch dabei helfen könne, Vokabeln zu lernen und vor allem Selbstwirksamkeit zu erfahren und in der Folge Selbstvertrauen zu gewinnen, ist Frey überzeugt. Zwei Bläserklassen gab es bereits, als Frey an die Schule kam, diese werden auch fortgeführt.

Mehr als jeder dritte Schüler spricht daheim nicht deutsch

Tatsächlich lernen am RHG die 186 Fünft- und Sechstklässler an der Schule ein symphonisches Instrument ihrer Wahl. Die meisten von Ihnen wären von Hause aus eher nicht mit klassischer kultureller Bildung in Kontakt gekommen, schätzt Frey.

Mehr als drei Viertel der Schüler kommen aus Familien mit Migrationshintergrund, rund 40 Prozent der Haushalte liegen stark unter dem Durchschnittseinkommen. Mehr als zwei Drittel der Schüler sprächen zu Hause kein Deutsch, so Frey; eine Herausforderung für Schüler und Lehrer.

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Und so will Frey neben der kulturellen Bildung, die sich nicht auf bildungsbürgerliche Bereiche beschränken soll, sondern auch interkulturell und interreligiös offen sein, auch den sprachsensiblen Fachunterricht ausbauen, der Verständlichkeit für alle zuliebe. Die dafür geplante Fortbildung musste bislang allerdings corona-bedingt mehrfach verschoben werden. Für 2021 habe er das jedoch in Kooperation mit Experten der Universität fest auf dem Plan.

Politische Projekte weiterhin fördern

Beim für die Kommunikation schwierigen Neustart in Lockdown-Zeiten sei er froh, dass seine anerkannte "digitale Schule" bereits gut ausgestattet sei, das Kollegium bereits hilfreiche Lernvideos erstellt habe, die über die Homepage für alle zugänglich seien. Als Geschichtslehrer will er auch politische Projekte an seiner UNESCO-Schule weiterhin unterstützen.

Teambildung nach Vorbild der Gesamtschulen einführen

Neu einführen will Frey Teambildung. "Meine erste Stelle war an einer Gesamtschule in Unna. Dort habe ich Teambildung kennen- und schätzen gelernt", berichtet er. Lehrer könnten sich so besser über die Schüler einer Klasse, die sie unterrichten, austauschen, sich gegenseitig und auch die Schüler besser unterstützen.

Fünf Talentschulen in Gelsenkirchen

Am Ricarda-Huch-Gymnasium unterrichten derzeit 76 Lehrkräfte, drei sind dank Status als Talentschule zusätzlich zum normalen Stellenschlüssel. Rund 700 Schüler lernen hier aktuell.   

In Gelsenkirchen gibt es fünf Talentschulen, das Ricarda gehört bereits seit der ersten Runde dazu. Außerdem sind die Berufskollegs Technik und Gestaltung sowie an der Königstraße dabei sowie die Gesamtschulen Horst und Ückendorf.