Gelsenkirchen. Gelsenkirchens erste Fahrrad-Zone: Im Kreativquartier in Ückendorf sollen Radler bald Vorrang haben. Autofahrer müssen sich hier zurückhalten.

  • Die Stadt Gelsenkirchen will im Ückendorfer Kreativquartier die erste Fahrradzone der Stadt einführen – also ein Bereich aus zusammenhängenden Fahrradstraßen.
  • Hier gilt überall Tempo 30 und es darf auch nebeneinander geradelt werden. Radfahrer haben Vorrang.
  • Geplant ist eine zweijährige Testphase, die auch von der Polizei begleitet wird. Nun muss nur noch die Politik zustimmen.

Ein Unfallschwerpunkt ist die Ückendorfer Straße laut aktueller Unfallstatistik der Polizei Gelsenkirchen zwar nicht – allerdings bedauert Gianluca Bruno, dass es dort für Radfahrer alles andere als gemütlich zugeht. „Ich will mit dem Fahrrad möglicht sicher vom Süden zur Arbeit in die Innenstadt kommen“, sagt der SPD-Bezirksverordnete. Einen bedeutenden Beitrag dazu leisten soll bald die erste Fahrradzone Gelsenkirchens.

Sofern die Bezirksvertretung Süd einem Vorschlag der Verwaltung am kommenden Dienstag (17. Mai) zustimmt, wird der Radverkehr im Kreativquartier Ückendorf zwischen westlich der Bochumer Straße und östlich der Ückendorfer Straße dann künftig Vorrang haben. Im Norden wird das Gebiet durch die Dessauerstraße und den Cramerweg, im Süden durch den Bühlweg begrenzt. In der Zone gilt Tempo 30 und es darf auch nebeneinander geradelt werden. Spielstraßen in dem Bereich bleiben auch weiterhin Spielstraßen.

Ückendorfer Fahrradzone ist Teil von 44 Rad-Projekten in Gelsenkirchen

Da eine solche Fahrradzone, also eine Gebiet aus mehreren zusammenhängenden Radstraßen, für die Stadt etwas völlig Neues ist, soll erst einmal eine zweijährige Testphase anlaufen. Polizei und Mitarbeiter der Stadt sollen dann beobachten, wie die Straße angenommen wird und das Unfallgeschehen vor Ort bewerten.

https://www.waz.de/archiv-daten/fahrradzone-in-ueckendorf-id235325093.html

Zurück geht das Konzept der Stadt auf eine Anfrage von Gianluca Bruno, der 2020 eine Anfrage zur möglichen Umsetzung einer Fahrradzone gestellt hat. Die Stadt hat die Idee aufgenommen, zu Ortsbegehungen mit Anwohnern eingeladen und die Fahrradzone schließlich in ihr „Zukunftsprogramm Radverkehr“ geschrieben, das 44 Projekte zur Verbesserung des Radverkehrs in Gelsenkirchen auflistet.

Keine Fahrbahnmarkierungen, nur Schilder in Gelsenkirchens erster Fahrradzone

Eingesetzt hat sich für den neuen Bereich zudem die „Initiative Fahrradzone Ückendorf“, die von der SPD und dem ADFC getragen wird. Günter Jahn, der das SPD-Parteibuch mit der Radclub-Mitgliedschaft verbindet, freut sich zwar sehr über die Zone, bedauert jedoch zugleich, dass sie nicht genauso kommt, wie es die Initiative vorgeschlagen hat.

Denn vorgesehen sind nur Schilder und keine Fahrbahnmarkierungen. „Dabei“, findet Jahn, „würde man durch eine Markierung doch viel deutlicher machen, dass man sich auf einer Fahrradstraße befindet.“ So könne man dafür sorgen, dass Autofahrer die Umgestaltung schneller bemerken und sich eher eingewöhnen. Ob Streit mit ihnen in der neuen Rad-Zone nicht so oder so vorprogrammiert ist? „Ich habe den Eindruck, dass es anderswo akzeptiert wird“, sagt Jahn und bezieht sich unter anderem auf die Nachbarstadt Essen, wo es bereits mehr Fahrradstraßen als in Gelsenkirchen gibt.

Hervorzuheben ist laut Jahn jedoch, dass durch die Fahrradzone eine direkte Anbindung an die Kray-Wanner-Bahn entsteht und zukünftig eine Anschluss an den Radschnellweg Ruhr (RS1) möglich wäre. „Aber auch das Umfeld des Kreativquartiers um die Heilig-Kreuz-Kirche wird so attraktiver“, ergänzt Gianluca Bruno. „Das ist doch genau der richtige Ort für kreative Lösungen.“

„Das Thema Radpolitik ist jetzt nicht erledigt, weil wir jetzt eine Fahrradzone geschaffen haben“, meint der SPD-Bezirksverordnete Gianluca Bruno (r.), hier mit Parteikollegen und ADFC-Mitglied Günter Jahn.
„Das Thema Radpolitik ist jetzt nicht erledigt, weil wir jetzt eine Fahrradzone geschaffen haben“, meint der SPD-Bezirksverordnete Gianluca Bruno (r.), hier mit Parteikollegen und ADFC-Mitglied Günter Jahn. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Die Fahrradzone ist aber auch ein Kompromiss und eine Alternative, um bei der Sicherheit für Radfahrer Gelsenkirchen überhaupt voranzukommen. „Jahrelang haben wir über die fahrradtaugliche Umgestaltung der Ückendorfer Straße diskutiert“, merkt Günter Jahn an. „Wir waren da in einer Sackgasse.“

Auch Gianluca Bruno merkt an, dass man auf Autos ausgerichtete Straßen wie die in Gelsenkirchen eben nicht von heute auf morgen umbauen könne. Den Bereich zwischen Ückendorfer und Bochumer Straße nun umzuwidmen, sei da einfach eine pragmatische und schnell umzusetzende Lösung – die man aus seiner Sicht allerdings nicht als Anlass nehmen sollte, sich nun fahrradpolitisch zurückzulehnen. „Das Thema ist nicht erledigt, weil wir jetzt eine Fahrradzone geschaffen haben.“

Erfahrung in Bremen

Die Reform der Straßenverkehrsordnung 2020 hat es überhaupt erst möglich gemacht, Fahrradzonen auszuweisen. Mit ihr wurde das neue Verkehrsschild „Beginn Fahrradzone“ eingeführt. Positive Erfahrungen mit Fahrradzonen hat man beispielsweise in Bremen gemacht, die „Initiative Fahrradzone Ückendorf“ sieht die Hansestadt hier als Vorbild.