Essen. Von Essen-Kray bis Gelsenkirchen wird ein 1,8 Kilometer langes Teilstück des RS1 gebaut. Auf weitere Abschnitte müssen Radfahrer noch warten.
Offiziell heißt er „Radschnellweg“, Radautobahn wird er genannt. Doch nach dem Geschmack vieler Fahrradfahrer geht es nur im Schneckentempo voran. Die Rede ist vom RS1, dem Vorzeigeprojekt aller Fahrradtrassen. Immerhin, es bewegt sich was. Wie der Landesbetrieb Straßen NRW mitteilt, beginnen am Mittwoch „Holzfällarbeiten“ auf einem 1,8 Kilometer langen Teilstück der künftigen Trasse von der Joachimstraße in Kray bis zur Hattinger Straße an der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen.
Bei den „Holzfällarbeiten“ handelt es sich laut Straßen NRW überwiegend um den Rückschnitt von Brombeersträuchern. Bis Ende Februar soll das wildwuchernde Grün verschwinden. Anschließend wird der Baugrund untersucht und vermessen. Die eigentlichen Bauarbeiten sollen im Laufe des Jahres beginnen.
Der ADFC freut sich über „ein paar Meter Radschnellweg“ in Essen
Straßen NRW arbeitet sich also auch auf Essener Stadtgebiet weiter vor, nachdem der Landesbetrieb im vergangenen Jahr Streckenabschnitte des RS1 in Gelsenkirchen und Dortmund freigegeben hat. Auch wenn „alles viel zu langsam geht“, wie Mirco Sehnke, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, betont, nimmt Essens Fahrradlobby den Baufortschritt zufrieden zur Kenntnis. „Wir sind froh, dass wir ein paar Meter Radschnellweg bekommen“, sagt Sehnke.
Ein paar Meter, die die Bezeichnung Radautobahn wohlgemerkt auch verdienen. Denn ausgebaut wird das Teilstück zwischen dem Bahnhof Kray Nord und Gelsenkirchen nach dem vom Land für Radschnellwege festgelegten Standard mit einer Breite von 7,50 Meter, einschließlich eines 2,50 Meter breiten Fußweges.
Mit Ausnahme der neuen Radbrücke über den Berthold-Beitz-Boulevard werde dieser Standard in Essen nicht eingehalten, bedauert Mirco Sehnke. Der RS1 verläuft hier überwiegend auf der Trasse der ehemaligen Rheinischen Bahn und ist deutlich schmaler. Stellenweise sind es gerade mal 3,50 Meter. Straßen NRW hatte angekündigt, diese Engstellen auf 6,50 Meter zu verbreitern.
Von der Hattinger Straße bis zur Joachimstraße sollen Fahrradfahrer laut Straßen NRW 2023 radeln können, voraussichtlich ab der zweiten Jahreshälfte. Wann es weiter geht in Richtung Westen bis zur Essener Innenstadt, ist noch offen. Zur Erinnerung: Die Deutsche Bahn hatte westlich des Bahnhofs Kray-Nord 83 neue Strommasten aufgestellt – mitten auf die geplante Trasse des RS1. Dort stehen sie den Planungen von Straßen NRW buchstäblich im Weg. Da die Masten stehen bleiben, muss die Trassenführung überarbeitet werden. Man befinde sich dazu in Abstimmung mit der Deutschen Bahn, erklärte eine Sprecherin des Landesbetriebes.
Gerade der Abschnitt des RS1 zwischen Kray und der Innenstadt wäre aufgrund der Topographie für Fahrradfahrer ein echter Gewinn, betont Mirko Sehnke. Radler werden sich gedulden müssen. Das gilt allen voran auch für das Teilstück durch das nördlich der Innenstadt gelegene Eltingviertel. Um dort wie geplant einen Bahndamm für die Trassenführung nutzen zu können, muss zunächst ein neuer Gleisanschluss an das Betriebsgelände von Evonik gelegt werden. Erst dann kann die heutige Gleistrasse entwidmet und schließlich zurückgebaut werden. Straßen NRW befinde sich auch dazu in Abstimmungsgesprächen mit der Bahn und mit Evonik.
Eine „A40 für Fahrradfahrer“
Der Radschnellweg RS1 sollte ursprünglich quer durchs Ruhrgebiet über 101 Kilometer von Duisburg bis Hamm führen. Mittlerweile wurde die geplante Trassenführung bis nach Moers verlängert. der Landesbetrieb Straßen NRW spricht von der „A40 für Fahrradfahrer“. Der Regionalverband Ruhr (RVR) hatte bereits 2015 eine Machbarkeitsstudie für den Radschnellweg vorgelegt und eine Fertigstellung bis 2019 in Aussicht gestellt. Die Realisierung erwies sich allerdings als komplizierter.
Entlang des Radschnellwegs durchs Eltingviertel sollen bis zu 220 neue Wohnungen gebaut werden. Noch gibt es dafür keinen Bebauungsplan. Auf die Trassenführung haben sich Stadt und Straßen NRW aber bereits verständigt, so dass Radtrasse und Wohnbebauung laut städtischem Planungsamt unabhängig voneinander realisiert werden können. ADFC-Sprecher Mirko Sehnke hat daran seine Zweifel. Was den RS1 angeht: 2025 sollte der Radschnellweg in Essen fertig werden, hieß es zuletzt vorsichtig formuliert vonseiten des Landesbetriebes. Darauf festlegen will sich Straßen NRW aber nicht.