Oberhausen. Viele neue Kunden kaufen in Oberhausen auf dem Markt ein. Welchen Trend die Händler in Corona-Zeiten erkennen und welche Käufer plötzlich fehlen.
Wenn andere samstags aufstehen, hat Johannes Billen beinah schon wieder Feierabend. Um fünf Uhr morgens steht er bereits auf dem Großen Markt in Oberhausen-Sterkrade.
Er lädt Kisten ab, setzt Eisengestänge zusammen. Zwei Stunden später landen neben der Propsteikirche St. Clemens die ersten Vitamin-Bomben in den Tüten der Kunden. Johannes Billen ist Markthändler - und seit der Corona-Krise stellt er fest: „Die Kunden setzen bewusster auf frische Artikel als vor der Pandemie.“
Corona-Krise: Kunden kaufen lieber an der frischen Luft
Seit dreieinhalb Jahren fährt der Landwirt aus Wesel zum Sterkrader Markt. Ein älterer Herr begutachtet zwar eine Kiste mit roten Äpfeln. Doch seine Frage zielt nicht auf die Familie der Rosengewächse. „Spargel - den können sie doch schälen, oder?“ Zurzeit sind die Spargelstangen genauso wie Erdbeeren die Renner im gesunden Kosmos von Obst und Gemüse.
Johannes Billen hat seine Schälmaschine an der Kante zur Steinbrinkstraße aufgebaut. „Die zieht!“, sagt er - während einige Marktbesucher neugierig auf die rotierende Apparatur blicken. Was denkt er, hat Corona mit einer steigenden Nachfrage auf dem Frischemarkt zu tun? „Manche Kunden kaufen lieber an der frischen Luft ein als im engen Supermarkt.“ Diese Vorliebe halte sich auch bei sinkender Sieben-Tage-Inzidenz an Neuinfektionen.
Tatsächlich ist der Markt am Vormittag sehr gut besucht. Normalerweise würden die Besucher hier jetzt über die Fronleichnamskirmes ziehen - manche schauen tatsächlich etwas wehmütig auf Buden und Stände. Am Kleinen Markt zuppeln Kunden an den Reißverschlüssen von Stoffhosen, die an Kleiderständern baumeln. Oder sie fragen nach neuen Batterien für die Armbanduhr. Nicht immer geht es um Artikel, die wirklich frisch sind.
Markt: Bürger haben in der Corona-Krise mehr Zeit zum Kochen
Am Stand mit Fisch aus Niederlanden flachsen zwei Männer herum. „Schön dich zu sehen - so früh schon auf den Beinen?“, rufen sie sich entgegen. Der eine schiebt sein Fahrrad neben sich her, an dem schon ein gefüllter Jutebeutel hängt.
„Die Leute verbringen wegen Corona mehr Zeit zu Hause - wahrscheinlich kochen dadurch einfach mehr Leute wieder selbst“, meint er. Auch die lange Zeit der geschlossenen Lokale hätte wohl zu einem Anstieg der selbst gebrutzelten Gerichte beigetragen. Die Folge: Weniger Vorrat im Tiefkühlfach, mehr frische Zutaten durch häufigere Einkäufe in der Küche.
Schaut man sich auf dem Markt um, so erkennt man viele Kunden, die mit eigenen Körben unterwegs sind. Auch wiederverwendbare Papiertaschen sind häufig zu sehen. Viele Händler sagen: „Ja, die Kunden achten gezielter auf lose Artikel, wenig Plastik und bringen oft eigene Transportbehälter mit.“
Am Stand von Verkäuferin Barbara Pöss spielt Nachhaltiges sowieso eine besondere Rolle. Das Obst und Gemüse stammt, je nach Saison, vom Biolandbetrieb Enninghorst im Duisburger Stadtteil Röttgersbach.
Markt: Eigener Einkaufskorb ersetzt häufig die Plastiktüte
Viele Kunden kennt sie seit vielen Jahren mit Vornamen - Stammkundschaft spielt im Geschäft mit Biogemüse eine große Rolle. Trotzdem sagt auch sie: „Seit der Corona-Krise ist die Nachfrage gestiegen.“ Die Kunden kaufen gezielter ein - häufig für Salate.
An dem kleinen Marktstand legen sie die Artikel in einen geflochtenen Korb und bringen diesen dann zur Kasse. Der besondere Charme, dass man hier wie auf dem Landhof einkaufen kann, spielt eine Rolle.
Dass das Landleben im Trend liegt, ist dabei nicht neu. Doch dass sich dieser langfristiger halten könnte, beweisen größere privatwirtschaftliche Investitionen in der Stadt. Zuletzt hatte der Erdbeer-Produzent und Freizeitparkbetreiber „Karls Erlebnis-Dorf“ bestätigt, den Centro-Park in einen Bauernmarkt mit Freizeitattraktionen umwandeln zu wollen.
Die neuen Käufergruppen lassen sich auf dem Markt in Sterkrade aber in keine bestimmte Altersgruppe einsortieren. Auch wann es auf dem Markt voll wird, können Händler schwer vorhersagen. „Das ist sehr unterschiedlich“, sagt Johannes Billen. „Viele schlafen lieber aus. Zwischen 10 und 13 Uhr haben wir regelmäßigen Zulauf.“
An diesem Samstag hat er allerdings einige Stammkunden vermisst. „Man merkt, dass durch die jüngsten Corona-Lockerungen wieder mehr Menschen reisen. Das spüren die Markthändler.“
>>> Maskenpflicht auf dem Sterkrader Markt ist verlängert
Die Maskenpflicht wurde trotz der sinkenden Corona-Inzidenzwerte in Oberhausen an zentralen Orten im Freien verlängert. Damit müssen Besucher in den Innenstädten weiterhin eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.
Dies umfasst neben Bahnhöfen, Bushaltestellen, den Zentren von Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld sowie dem Umfeld rund um das Centro Oberhausen samt Centro-Promenade auch den Frischemarkt.