Oberhausen. Die Inzidenz steigt - und bald könnte es auch in Oberhausen eine Ausgangssperre geben. Würde das am abendlichen Leben in der Stadt etwas ändern?
- In Oberhausen steigt die Inzidenz weiter an
- Wird die Notbremse gezogen? Es könnte bald eine Ausgangssperre geben wie in Mülheim
- So reagieren die Oberhausener, die nachts in der Stadt unterwegs sind, auf die drohende Corona-Maßnahme
Es wirkt, als wäre die Zeit stehengeblieben. Die Rodelbahn der Flachau-Alm steht trotzig aufgebaut auf dem Platz der Guten Hoffnung. Gehofft haben sie hier vor knapp einem halben Jahr noch auf einen Weihnachtsmarkt. Öffnen konnte die Spaßattraktion aber nie. Am späten Samstag sieht sie wie ein Denkmal aus. Doch die Menschen grübeln nicht über Lockerungen, sondern eine drohende Ausgangssperre.
Normalerweise wären die einfahrenden Busse hier proppenvoll. Samstag. 21 Uhr. Die untergehende Sonne färbt den Himmel neben feinen Wolkenschichten zart rosa. In den Biergärten hätten sie neben Heizpilzen wohl angeregt zugeschaut. Bierchen. Kino. Konzert. Späte Shopping-Rückreise. Lang ist’s her!
Ausgangssperre in Oberhausen: Nichts geöffnet - wenige Orte zum Abhängen
Ein Platz zum Abhängen ist die sonst so trubelige Centro-Promenade im Lockdown nicht. Ohne die Neon-Reklame der Restaurants und Kneipen bleibt es duster. Ein junger Mann hechtet mit schnellen Schritten vom Kino Richtung Bushaltestelle. „Keine Zeit!“, „Ausgangssperre?“, „Ich arbeite für einen Lieferservice, müsste dann sowieso arbeiten!“ Weg ist er.
Zwei junge Frauen verlassen die Linie 960. In der Handtasche klimpert es. Auch für sie ist die sonst so belebte Haltestelle Neue Mitte nur ein Verschiebebahnhof. Es geht mit der 185 weiter nach Essen. „Nach Hause!“ Das Grinsen in den Gesichtern und das Tippen ins Handy lässt auf andere Pläne schließen. Auch wenn sie beteuern. „Ausgangssperre? Egal! Es hat doch sowieso nichts auf!“
Die Straßenbahn 112 fährt ein. Die Tram startet in Mülheim, wo die Ausgangssperre bereits gilt. Doch die Fahrgäste kann man an zwei Händen abzählen. Am Olga-Park steigen nur einige Teenager ein. Eine sonst bekannte Abhäng-Zone. „Besser draußen als drinnen, oder?“, sagt einer der jungen Fahrgäste.
Hohe Inzidenz von über 170 in Oberhausen
Der Entwurf des neuen Infektionsschutzgesetzes sieht Ausgangssperren bei Inzidenzen über dem Schwellenwert 100 vor. Der Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel muss noch durch den Bundestag und Bundesrat. Am Samstagmorgen meldete die Stadt Oberhausen einen Wert von 144,7, am Sonntag von 163,2 und am Montag von 173,7. Viel zu hoch.
„Was passiert schon so spät? Zwischen 21 und 5 Uhr habe ich keine Pläne“, sagt ein Fahrgast. Mit dem Hund raus? Von der Arbeit nach Hause? „Ja, ja - in Ordnung“, sagt er. „Und eine Radtour kann man zeitlich planen. Aber eine Ausgangssperre? Ich weiß nicht!“ Seinen Drahtesel schiebt er am Sterkrader Bahnhof ins Freie. Ob eine Ausgangssperre ausufernde private Treffen erschweren würde, weil Heimwege in die Zeit der Ausgangssperre fallen? „Man wird sehen.“
Ausgangssperre: Leere Einkaufsstraße, volle Supermarkt-Kassen
Kurz vor zehn. Auf der Bahnhofstraße bewegen sich nur einzelne Passanten. Am Kaufland-Eingang laufen aber Menschen mit Einkaufstüten ins Freie. Die letzten einsamen Einkäufer. Wer geht schon so spät Abend einkaufen? Pustekuchen!
Denn im Vollsortimenter herrscht noch reger Konsum. Bierkisten und Jutebeutel mit Flaschen werden zur Pfandrückgabe geschoben. Einkaufswagen mit O-Saft im Sonderangebot vollgeladen. Am Weichspülerregal wird diskutiert. Und der ratternde Wagen in Jogging-Hose zur Kasse bewegt.
Dort gibt es sogar kurz vor dem späten Ladenschluss beeindruckende Warteschlangen. Die Kunden sind überwiegend jünger. Gekauft wird aber nicht nur eine Flasche Bier für den späten Samstag-TV-Abend. „Man muss so spät sicher nicht einkaufen gehen. Das hat sich aber so ergeben“, sagt ein Mann. „Eine Ausgangssperre? Halte ich nichts von.“ Er winkt ab.
Auf den Straßen herrscht noch Verkehr. Mit unbekannten Zielen. Auf der Mülheimer Straße wären sie jetzt wahrscheinlich rege zur Turbinenhalle gerollt. Fitnessstudio, Disco- und Konzertstätten. Gibt es derzeit nicht. Die Autos rollen trotzdem vorbei. Zumindest beim Fastfood-Drive-in gibt es noch einiges zu tun.