Essen. . Es könnte ein Grundsatz-Urteil werden: Die Bezirksregierung Mittelfranken prüft den Verdacht der Schleichwerbung in Youtube-Videos von “Y-Titty“. Nach einem TV-Bericht stehen auch andere Video-Blogs mit Millionenpublikum in der Kritik — ebenso eine Vermarktungs-Agentur.
Sie sind jung, cool, ganz normal und ganz nah dran: YouTube-Stars wie das Comedy-Trio Y-Titty oder Modebloggerin Daaruum stehen bei Jugendlichen hoch im Kurs. Dreieinhalb Millionen Nutzer haben ihre Video-Kanäle abonniert. Die Alltags-Blogger vermitteln das Gefühl eines Kontakts auf Augenhöhe. Sie reden Klartext, sie sind "welche von uns", und ihre Fans vertrauen auf ihr Urteil.
Für die Werbeindustrie ist dieses Vertrauen Gold wert. Es ist doch so einfach: Der Video-Blogger testet unter dem Deckmäntelchen des Privaten ein Produkt, lobt es über den Klee, kritisiert ein unwichtiges Detail wie die Packungsfarbe — fertig ist das Werbevideo. Und keiner hat's gemerkt. Im Fachjargon heißt das "redaktionell integrierte Werbung".
Das Problem: Während Fernseh-Werbung klar geregelt ist, gibt es für Werbung in YouTube-Videos bislang keine rechtliche Grundlage. Ein Bericht im SWR-Magazin "Report Mainz" von Dienstag könnte jetzt einen Stein ins Rollen gebracht haben. Nach einem Beitrag über den Schleichwerbungs-Verdacht hat die Bezirksregierung Mittelfranken ein Prüfverfahren gegen die Agentur "MediaKraft" aus München eingeleitet. Sie organisiert laut Produktplatzierungen in Online-Videos und sorgt für Marketing und Produktion der Clips.
Y-Titty finden versteckte Werbung "cool"
Unter anderem hat Report die Videos der Comedians Y-Titty unter die Lupe genommen. Das Trio wirbt für lecker Cola und BicMac und unterzieht ein Samsung-Smartphone dem Festivaltest. Runterfallen? Kein Problem — das ist so gut, das geht nicht kaputt.
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Die drei coolen Jungs behaupten im SWR-Beitrag, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein: "Wir überlegen schon, was wir da hochladen." Und daran besteht kein Zweifel — fragt sich nur, wohin die Überlegung geht. Das "Coolste an der Werbung" sei, dass man es nicht sofort erkennt, sagen sie. "Die Leute wissen ja, dass wir mit anderen Firmen Geld machen."
Auch der Y-Titty-Anwalt bügelt den Vorwurf der Schleichwerbung ab: "Die Videos unserer Mandanten enthalten weder Kaufaufforderungen noch rücken sie Produkte in den Mittelpunkt", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme an den Sender. Ansonsten werde Werbung "in gebotenem Umfang kenntlich gemacht".
Agentur Mediakraft vermarktet 1000 Kanäle
Auch Lifestyle-Bloggerin Daaruum kommt im SWR-Beitrag schlecht weg. In vielen ihrer Youtube-Videos lässt sie Markennamen fallen oder preist Kosmetik-Produkte an. Zu den Report-Vorwürfen wollte sie sich offenbar nicht äußern.
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Die zuständige Vermarkter Mediakraft produziert und vermarktet laut eigener Aussage 1000 Video-Kanäle und erreicht damit monatlich 14 Millionen Nutzer. Von Schleichwerbung will die Agentur nichts wissen. "Unsere Videostars sind glaubwürdige Markenbotschafter" heißt es offen auf der Firmenhomepage. Übrigens: Y-Titty-Mitbegründer Philipp Laude alias Phil steht als "Senior Creative Director" selbst auf der Gehaltsliste.
Bezirksregierung prüft Vorwurf der Schleichwerbung
Report Mainz hat bei den Recherchen zum Beitrag herausgefunden: Für die "redaktionelle Integration" in Y-Titty-Videos sind 80 Euro für 1000 Klicks fällig. In einem schriftlichen Angebot heißt es: "Bei Y-Titty garantieren wir auf ein Video 650.000 Views, also 52.000 Euro brutto."
Aber mit dieser Form der versteckten Werbung könnte bald Schluss sein. Die Bezirksregierung Mittelfranken hat ein Prüfverfahren gegen Vermarkter Mediakraft eingeleitet. Die Juristen prüfen jetzt, ob ein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag oder das Telemediengesetz vorliegt. Wenn ja, folgt wahrscheinlich ein Ordnungswidrigkeitsverfahren. Einen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Aber fest steht: Ein Urteil hätte Präzedenz-Charakter.