München. Was der Star der Lieblingsserie zum Frühstück isst, ist genauso wenig Zufall wie dessen neues Auto: Product Placement - besser bekannt als Schleichwerbung - ist mittlerweile auch in Deutschland erlaubt. Die Werbebranche ist dabei allerdings noch in der Experimentierphase.
Wenn ein Auto Matthias Schweighöfer die Schau stiehlt, reibt man sich in der deutschen Werbebranche die Hände. Die neue A-Klasse von Mercedes-Benz, die jüngst im Kinofilm «Schlussmacher» zu sehen war, sorgte vielerorts für mehr Diskussionen als die schauspielerische Leistung des Frauenschwarms - und verhalf einer Werbeform zu Aufmerksamkeit, die hierzulande noch Neuland ist: Product Placement.
Dabei werden bestimmte Produkte gezielt in die Handlung von Filmen oder Fernsehsendungen eingebunden. "Wer war eigentlich der Hauptdarsteller?", fragte ein Kinogänger später auf der Facebook-Seite des Films. "Schweighöfer oder die Mercedes-A-Klasse?" Gut kam der unfreiwillige Werbeblock in diesem Fall nicht an: "Das absolut übertriebene Product Placement hat mich schon ziemlich gestört." Neben dem Auto seien noch zu viele andere Produkte im Film untergebracht worden, kritisierte der Zuschauer.
Produktplatzierungen erreichen 30 Prozent mehr Zuschauer
Kein Wunder: Was in den USA längst gang und gäbe ist, ist in der deutschen Werbelandschaft noch weitgehend ein Experimentierfeld. Erst seit dem Frühjahr 2010 sind Produktplatzierungen - im Volksmund auch Schleichwerbung genannt - mit Einschränkungen in Spielfilmen und TV-Sendungen erlaubt. Mercedes-Benz erhofft sich von den Auftritten im Kino nach eigenen Angaben mehr Aufmerksamkeit bei der jüngeren Zielgruppe. «Ich gehe davon aus, dass Product Placement stark wachsen wird in den nächsten Jahren», sagt Andreas von Berg, der beim Vermarkter von RTL II, El Cartel Media, den Bereich Sonderwerbeformen leitet. "Es ist eine Form exklusiver Werbung mit dem Vorteil der vollen Programmreichweite."
Heißt: Anders als bei der klassischen Werbepause im Fernsehen kann der Zuschauer nicht durch Umschalten entkommen. Nach Schätzungen des Verbands für Product Placement erreichen Produktplatzierungen mindestens 30 Prozent mehr Menschen als herkömmliche Werbespots. Dass sie jene irgendwann ersetzen könnten, glaubt man aber selbst beim Verband nicht. "Es sind zwei Werbeformen, die ihre Berechtigung nebeneinander haben", erklärt eine Sprecherin. Der Anteil am Werbebudget der Unternehmen bewegt sich ihrer Einschätzung nach derzeit lediglich im einstelligen Prozentbereich.
Geringere Kosten als bei herkömmlicher Werbung
Gelungen sei ein Product Placement dann, «wenn man Produkte nicht an einem Einzelpunkt, sondern vital und deutlich einsetzt», meint der Marketing- und Werbeexperte Dieter Dahlhoff von der Uni Kassel. Genau das tut derzeit der Mobilfunkanbieter Base - er spielt seit August in Form eines Handy-Ladens eine Rolle in der RTL-II-Serie "Berlin - Tag und Nacht".
Was man sich die enge Tuchfühlung mit den Kunden kosten lässt, verrät die E-Plus-Tochter zwar nicht. Die eigene Rolle dürfte allerdings in die teuerste Kategorie der Produktplatzierungen fallen, denn die Bezahlung läuft in der Regel nach einem Drei-Stufen-Modell, wie von Berg vom RTL-II-Vermarkter erklärt. Die günstigste Kategorie ist demnach die reine Sichtbarkeit des Produkts. In der mittleren wird es "bespielt", statt nur im Bild zu stehen. Und in der teuersten Kategorie wird es sogar in die Handlung eingebaut - wie bei Base.
Zur Einschätzung: Die günstigste Kategorie kostet in etwa so viel wie der klassische 30-Sekunden-Spot. "Die Kosten sind vergleichsweise geringer, wenn man bedenkt, wie häufig wir in verschiedene Szenen integriert sind", betont Patricia Hohendorf, die bei E-Plus für die Markenkommunikation zuständig ist. Allerdings lasse Base bei RTL II zusätzlich auch den herkömmlichen 30-Sekünder laufen. "Die Werbewirkung kann dadurch verstärkt werden."
Film und Fernsehen bald Dauerwerbesendung?
Die Reality-Formate haben auch andere Unternehmen entdeckt. Bei "Berlin - Tag und Nacht" platzierte etwa Ferrero seine Tic Tacs, in den Ableger "Köln 50667" integrierte der Kaffeehersteller Krüger sein Getränkepulver. Und auch bei anderen Privatsendern flimmern Markenprodukte außerhalb der Werbepausen über den Bildschirm: Bei "Germany's Next Topmodel" auf ProSieben brachte sich etwa der Autobauer Opel in Stellung, während sich im Vox-Konkurrenzformat "Das perfekte Model" der Schmuckhersteller Pandora in Szene setzte.
Aber wie viel ist zu viel? Die Sorge, dass Film und Fernsehen künftig zur Dauerwerbesendung verkommen, hält Experte Dahlhoff für unbegründet: "Da haben wir eine kritische Öffentlichkeit, die reagiert." Auch der RTL-II-Vermarkter bläst in dieses Horn. "Noch sticht ein Markenprodukt im redaktionellen Umfeld heraus", sagt von Berg. "Die Sender und ihre Vermarkter werden im eigenen Interesse darauf achten, dass diese Werbeform nicht durch inflationären Einsatz entwertet wird." (dpa)