Esens. Schüler auf den ostfriesischen Inseln sollen zukünftig die Möglichkeit besitzen, virtuell am Unterricht auf dem Festland teilzunehmen. Damit soll die Qualität im Unterricht verbessert werden. Auch der Übergang in die nur auf dem Festland angebotene gymnasiale Obsterstufe soll damit ausgebaut werden.
Die erste virtuelle Schule in Deutschland hat ihren Betrieb aufgenommen. Schüler auf den sieben ostfriesischen Inseln werden ab sofort auch Online und per Videokonferenz vom Festland aus unterrichtet. Das zeitgleiche Lehren und Lernen über weite Distanzen sei bundesweit einmalig, sagte Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) am Donnerstag zum Start des Modellprojekts im niedersächsischen Internatsgymnasium in Esens (Landkreis Wittmund).
Mit modernen Kommunikationstechniken werden die kleinen Inselschulen in den laufenden Internatsunterricht eingebunden, ohne dass die Schüler ihre weit entfernten Klassenräume verlassen müssen. Vor allem in Fächern, die auf Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge nur unzureichend angeboten werden, wie etwa Französisch, soll dadurch die Unterrichtsqualität steigen. Auch der Übergang in die nur auf dem Festland angebotene gymnasiale Oberstufe soll verbessert werden.
Auf Inseln dürfte trotzdem nicht nur eine Schulform angeboten werden
Zum Start wurden die Schulen auf Spiekeroog und Baltrum zu einer Livekonferenz zusammengeschlossen. Im Biologieunterricht inszenierten sie ein Rollenspiel über Uranabbau und Atomtransporte.
Mit der virtuellen Schule könne es gelingen, nicht nur die geografische Distanz, sondern auch die pädagogische zu überwinden, sagte die Leiterin des Internatsgymnasiums, Petra Palenzatis. Das Projekt bedeute eine Stärkung des insularen Bildungsangebots.
Ähnlich äußerte sich Langeoogs Bürgermeister Uwe Garrels (parteilos). Der direkte Austausch führe auch dazu, dass die Inseln sich nicht mehr länger in einer Randlage befänden, sondern in diesem System gleichberechtigte Partner seien. Die virtuelle Schule dürfe allerdings nicht dazu führen, dass auf den Inseln nur noch eine schulische Grundversorgung aufrechterhalten werde, fügte er an.
Bürgermeister hofft auf Ende der schulischen Insellag
Diese Bedenken wies Althusmann zurück. Die virtuelle Schule sei kein Ersatz für die klassische Schulform, sondern ein Zusatz zur Verbesserung der Unterrichtsqualität. Zukünftig könne er sich auch eine Ausweitung des Systems vorstellen, etwa auf langfristig erkrankte Schüler. Derzeit lägen 1.200 Schüler landesweit in Krankenhäusern. Mit der virtuellen Schule werde es möglich, den Unterricht live im Krankenbett zu verfolgen oder aufgezeichnete Inhalte dort nachzuholen.
Das Projekt basiert auf ähnlichen Programmen aus den USA, Kanada, Australien und Finnland. Es läuft zunächst bis zum Jahr 2015. Die Kosten für die technische Erstausstattung bezifferte Althusmann auf 200.000 Euro. (dapd)