Essen. . Gerade mal zwei Stunden lang haben Unwetter am Donnerstag in NRW gewütet. Umso heftiger die Schäden, die örtlich zu beklagen sind. Was sollten Versicherungsnehmer jetzt beachten? Und: welche Versicherung haftet für die Schäden?
Bis zu 70 Liter Wasser sind am Donnerstag in NRW örtlich vom Himmel gefallen. Im Raum Bochum etwa war das so viel Regen, wie normalerweise in einem ganzen Monat Juni. Bis in die Nacht pumpte die Feuerwehr mehr als 400 Keller aus, die mit Wasser voll gelaufen waren, auch am Freitag gab es weitere Einsätze. Was bleibt, sind Schäden. Die sollte man "umgehend" seiner Versicherung melden, empfiehlt Christoph Hartmann, Sprecher der Provinzial Rheinland, den Betroffenen.
"Die Schadenmeldung sollte möglichst konkret sein. Was ist beschädigt, wie groß ist der Umfang des Schadens, sind Folgeschäden entstanden?", sagt Hartmann. Zudem rät die Versicherung dazu, dass "schnellstmöglich Sofortmaßnahmen ergriffen werden, damit sich ein Schaden nicht durch erneute Niederschläge noch vergrößert." Wichtig ist, alle Schäden zu fotografieren. So dringend eine Reparatur ist: Sie sollte erst veranlasst werden, nachdem die Versicherung den Schaden vor Ort begutachtet hat. "Notfallmaßnahmen sind davon natürlich ausgenommen", sagt Hartmann. Leichtfertig wegwerfen sollte man beschädigte Objekte zudem nicht: "Beschädigte Sachen sollen an der Schadenstelle aufbewahrt werden" - es muss eben auch in der Unordnung alles seine Ordnung haben.
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Standard-Versicherung deckt nicht alle Schäden ab
Zudem gilt: Nicht jede Standard-Versicherung haftet für Unwetterschäden: Unwetterschäden an Häusern oder Wohnungen übernehmen übliche Gebäudeversicherungen höchstens zum Teil. Sie umfassen standardmäßig meistens zwar noch Policen gegen Sturm-, Hagel- und Feuerschäden durch Blitze, müssen dies jedoch auch nicht zwingend. Versicherungsschutz gegen weitere sogenannte Elementarschäden wie Überschwemmungen, Erdrutsche und Schneedruck bieten in jedem Fall nur ganz spezielle Zusatzverträge.
Auch das Risiko eines Rückstaus von Wasser aus der Kanalisation etwa bei heftigen Regenfällen muss eigens im Rahmen einer Elementarschadensversicherung abgedeckt werden. Versicherungen verlangen dabei außerdem meist Sicherungsmaßnahmen.
Ein eigener Fall sind auch Überspannschäden durch Blitzeinschlag, etwa an der hauseigenen Elektroleitungen. Sie können von Gebäudeversicherungen erfasst sein, müssen aber nicht. Immobilienbesitzer sollten ihre Verträge in jedem Fall sehr genau kennen, um im Schadensfall böse Überraschungen zu vermeiden.
Bei Überschwemmung hilft eine Hausratversicherung nicht unbedingt
Hausratsversicherungen decken Schäden am Inventar durch Sturm und Hagel prinzipiell ab. Anders sieht dies aber bei den Folgen von Überschwemmungen oder anderen Naturkatastrophen aus. Möbel und Einrichtung sind dann durchaus nicht mehr automatisch versichert. Für solche Fälle können auch für den Hausrat Elementarschadens-Verträge abgeschlossen werden. Gleiches gilt für Schäden durch Rückstau und durch Überspannungsschäden bei einem Blitzschlag, die an elektronischen Geräten entstehen.
Bei Schäden an Fahrzeugen greift bis zum einem gewissen Grad die Teilkaskoversicherung. Das gilt uneingeschränkt etwa für Beulen, die durch umstürzende Bäume an geparkten Fahrzeugen oder durch Hagelschlag entstehen. Auch bei plötzlich auftretenden Überschwemmungen in Tiefgaragen übernehmen diese die Schäden.
Wird ein Auto während der Fahrt von Bäumen oder Ästen getroffen, kommt es auf die genauen Umstände an. Stürzen Gegenstände plötzlich vor das Fahrzeug auf die Straße, greift die Teilkaskoversicherung. Liegen Hindernisse aber bereits länger auf der Straße, dann hilft nach Angaben des ADAC nur noch eine Vollkaskoversicherung. Nicht übernommen werden generell auch Schäden durch Überflutungen, wenn der Autofahrer sich fahrlässig in Gefahr begibt - etwa weil er eine überschwemmte Fahrbahn benutzt.
Versicherungswirtschaft rechnet mit deutlich häufigeren Unwettern
Nach Einschätzung von Rebekka Krampitz, Wetter-Expertin bei Bochumer Wetterdienst Meteomedia waren die jüngsten Unwettern zwar auffallend heftig, aber für die Jahreszeit nicht unüblich: "Das war ein klassisches Sommer-Unwetter". Bei der Provinzial Rheinland geht man allerdings davon aus, dass sich derartige Unwetter in den kommenden Jahrzehnten auch in hiesigen Breiten häufen.
"Einzelne, extreme Unwetter werden in Zukunft öfter auftreten und deutlich größere Schäden an Gebäuden verursachen als heute", hat der Gesamtverband der deutschen Versicherer bereits im Jahr 2011 in einer Studie geschätzt. "Ein besonders schadenträchtiges Sturmereignis von einer Intensität, wie wir es heute alle 50 Jahre erleben, kann zukünftig alle 10 Jahre eintreten". Die Versicherer erwarten deshalb, dass sich in den kommenden Jahrzehnte die Schadenssummer verdreifacht.
Bei den Unwettern der jüngsten Tage sieht man sich bei der Provinzial Rheinland sogar noch "mit einem blauen Auge davon gekommen". Weil die Regenfront von Tief "Norbert" NRW zwar in gesamter Breite erfasst hatte, aber nur sich lokal zu einzelnen Unwettern entwickelte. Sprecher Christoph Hartmann jedenfalls versichert mit Blick auf Versicherungsnehmer: "Die aktuellen Unwetter-Ereignisse im Rheinland werden keine Auswirkung auf die Prämien haben." (dae/WE/mit afp)