Essen. . Von wegen dumpfe und Menschenfleisch-süchtige Zombies: Jonathan Levines „Warm Bodies“ zeigt uns die Untoten in völlig neuem Licht. In dem Film ist vieles möglich, von dem man in diesem Genre bislang nur zu träumen wagte. Levine, auch Ko-Autor des Drehbuchs, erzählt seine Geschichte aufregend und ironisch.

Freunde des Horrors werden künftig umdenken müssen. Nach Jonathan Levines ungemein einfallsreicher Zombie-Romanze „Warm Bodies“ muss die Geschichte der Untoten dringend neu geschrieben werden. Levine („50/50“, „All the Boys Love Mandy Lane“) langweilt uns nicht länger mehr mit dumpf umhertaumelnden Gestalten auf der Suche nach Menschenfleisch, die schließlich doch wieder reihenweise abgeschossen werden.

Sein junger Zombie (Nicholas Hoult) fungiert stattdessen von Anfang an als Erzähler und berichtet sehr humorvoll von seinem Leben nach dem mysteriösen Virus, der die infizierten Menschen in kannibalistische Monster verwandelt hat. Tatsächlich besitzt dieser Zombie auch einen Namen, der mit R beginnt und von dem ihm der Rest einfach nicht mehr einfallen will. Wir merken schon: Die Spezies der Zombies besitzt noch einen Rest von Erinnerung, der mit der Zeit offenbar immer größer wird.

Mädchen können sich auch in reichlich verrottete Männer verlieben

Was wir auch lernen ist die Tatsache, dass junge Mädchen sich nicht nur in langweilige Werwölfe mit Waschbrettbauch oder schöne Vampire ohne Biss verlieben können. Die hübsche und sehr menschliche Julie (Teresa Palmer) beispielsweise ist schließlich derart von Rs Hilfsbereitschaft beeindruckt, dass sie es durchaus akzeptiert, Hand in Hand mit einem reichlich verrotteten jungen Mann zu gehen. Obwohl sie ahnt, dass er in seiner noch etwas wilderen Zeit vom Gehirn ihres Freundes genascht hat.

In „Warm Bodies“ ist alles möglich, was man bisher in Zombiefilmen nie zu träumen wagte. Man kann sogar eine Verwandtschaft zu Shakespeare entdecken, denn weshalb sollte der männliche Held wohl R heißen und seine Freundin Julie, die aus der Festung ihres Vaters (John Malkovich) ausgebrochen ist, weil sie dessen gnadenlose Vernichtungsarbeit in Bezug auf die Untoten einfach nicht mehr ertragen konnte. Wer ihn nur einmal erblickt hat, der weiß, dass er über den neuen Freund seiner Tochter alles andere als erfreut sein wird.

Auch Untote besitzen noch diesen Handy-Reflex

Jonathan Levine, der auch Ko-Autor des Drehbuchs ist, kann seine Geschichte nicht nur sehr aufregend erzählen, sondern versteht es auch, sie mit gehöriger Ironie auszustatten. Da gibt es beispielsweise diese Horde Zombies, von denen einige noch immer ihr Handy drangsalieren, weil es das letzte ist, was sie zu ihrer menschlichen Zeit noch betätigt haben. Und da gibt es diese herrliche Szene, in der R mit seinem besten Zombie-Kumpel M (Rob Corddry) in einer Flughafen-Lounge an der Theke abhängt. Sie wollen sich eigentlich unterhalten, bekommen aber lediglich Grunzlaute heraus. Seltsamerweise wirken sie dabei kaum anders, als volltrunkene Geschäftsleute bei letzten Kommunikationsversuchen.

Was sich da zwischen R und Julie abspielt, ist alles andere als Liebe auf den ersten Blick, im Gegenteil. Anfangs rettet R das Mädchen zwar vor seinen Artgenossen und schleppt es zum Schutz in seine Behausung mitten auf dem Rollfeld des Flughafens. Hier fühlt Julie sich schon bald ziemlich eingekerkert, auch wenn R ihr ständig romantische alte Vinyl-Platten vorspielt. Doch bei ihrer versuchten Flucht muss sie erkennen, dass auf dem verwaisten Flughafen nicht nur Zombies herumvagabundieren, sondern auch die gefürchteten „Bonies“. Tatsächlich sind das Zombies in fortgeschrittenem Skelett-Zustand, die sich das Fleisch vom Knochen geschabt haben, um fortan als seelenlose und sprungstarke Monster vor sich hin zu vegetieren.

Selbst als Teenager sollte man die verklemmte „Twilight“-Soap endgültig vergessen, um mit fliegenden Fahnen zu R und Julie überzulaufen. Der erste Kuss zwischen beiden, das Treffen von roten und bleichen Lippen, wirkt wie eine Revolution in einem Genre, das als kaum noch entwicklungsfähig galt. Der tankende Zombie zu Beginn von George A. Romeros „Land of the Dead“ (2005) blieb bisher ein einsamer Versuch, die Lernfähigkeit von Untoten zu dokumentieren.