Essen. Das Interesse am Stummfilm wächst wieder. Der Erfolg des französischen Oscar-Gewinners „The Artist“ hat dazu sicher am meisten beigetragen. Aber auch Martin Scorseses „Hugo Cabret“, eine Hommage an Georges Meliès und seine Filme. Zwei DVD-Editionen knüpfen hier an.

„Er war der Erste“, sagt der Regisseur Costa-Gavras bewundernd, „der den Film zum Spektakel gemacht hat.“ Gemeint ist der französische Kino-Phantast Georges Meliès, der von 1896 bis 1913 mehr als 500 Stummfilme in seinem gläsernen Atelier gedreht hat. Martin Scorsese hat in seinem Film „Hugo Cabret“ jüngst das Phänomen Meliès (in Gestalt von Sir Ben Kingsley) zu neuem Leben erweckt – und damit das Interesse an dessen Werk steigen lassen. Das wird nun zumindest teilweise durch eine DVD-Edition gestillt, die immerhin mit 28 Kurzfilmen aufwarten kann und das 15-minütige Meisterwerk „Die Reise zum Mond“ von 1902 in neuer Pracht präsentiert.

Erfinder der Spezialeffekte

Die Filme des Bilderträumers Georges Meliès bilden ein Universum an Phantasie und Wundern. Der rastlose Filmpionier wollte nicht einfach nur Bilder produzieren, er wollte sein Publikum staunen machen angesichts der Magie in seinen Filmen. Meliès lieferte den Grundstein aller späteren Spezialeffekte. Mal vervielfacht er sich auf der Leinwand zu einem sechsköpfigen Orchester, mal jongliert er mit abgetrennten Köpfen, die sich neue Wirtskörper suchen. In der fast 15-minütigen „Reise zum Mond“ ist schon kein Halten mehr: Da fliegt die Rakete dem Himmelskörper mitten ins Gesicht, da schweben Sterne mit Gesichtern durchs Bild und feindselige Mondbewohner tauchen auf.

Meliès dürfte mit seinen erfolgreichen Kino-Miniaturen im übrigen der Erste gewesen sein, der es mit der Herstellung von Raubkopien zu tun bekam. Seine Mondreise war so begehrt, dass schon bald zahlreiche illegale Filmrollen im Umlauf waren.

Karl Valentins Anfänge

Rare Kurzfilme bietet auch die DVD-Kollektion „Der komische Kintopp“ in Gestalt von 16 deutschen Komödien aus der Zeit von 1908 bis 1919. Selbst da trifft man hin und wieder noch auf Bekannte. Auf Curt Bois zum Beispiel, der die längste Karriere eines Schauspielers aufzuweisen hat. Der Mann, der später noch mit Wim Wenders „Der Himmel über Berlin“ gedreht hat, taucht hier bereits 1909 als Achtjähriger in „Willys Streiche“ auf, wo er rüden Gebrauch von starkem Klebstoff macht.

Aber auch Karl Valentin ist mit zwei ganz frühen Arbeiten vertreten, von denen „Der neue Schreibtisch“ (1914) bereits alle Zutaten besitzt, die den späteren verqueren Sinnsucher ausmachen. Und ohne diese DVD hätten wir nie von Gerhard Dammann gehört, der etwa 400 Kurzfilme als Regisseur, Autor und Darsteller fertigte und dabei gelegentlich sehr modern wirkt in seinen Klamotten.