Köln. . Durch Köln weht ein Hauch von Hollywood: Oscarpreisträger Ben Kingsley steht in historischen Kostümen für die aufwändige Romanverfilmung des „Medicus“ vor der Kamera. Zeit für einen Spaziergang durch die Stadt habe er aber nicht gehabt, erklärt der Star. Ein Besuch am Set.

Junge, Junge, wie das wieder aussieht hier beim Schah zu Hause. Wie bei Hempels unterm Diwan. Möbel sind verrückt, und feucht durchwischen müsste auch mal wieder jemand, um das ganze Blut zu beseitigen. Aber besser, man sagt mal nichts. Sonst ergeht es einem hinterher noch wie dem Boten gerade. Hat schlechte Nachrichten überbracht und zack, schon war er ab der Kopf und liegt jetzt hinten in der Ecke. Keiner hat eingegriffen. Aber einer hat „Cut“ gerufen.

Ja, durch die MMC-Studios im Kölner Stadtteil Ossendorf weht in diesen Tagen ein Hauch von Hollywood. Wo sonst nebenan nach Superstars gesucht wird, türmen sich große Kartons mit der Aufschrift „Turbanstoffe“. Und in der Mittagspause kann man leicht bekleidete Haremsdamen sehen, die in ihr Handy sprechen, während grimmig aussehende Männer in langen Kaftans am Ausgang ihre langen Schwerter abgeben. Schon damit es keine Missverständnisse gibt, draußen auf dem Parkplatz.

Ein 26-Millionen-Euro-Projekt

Es geht also in den Orient. Isfahan, 11. Jahrhundert, um genau zu sein. Es geht um den „Medicus“, „die letzte noch nicht verfilmte epochale Romanerzählung“, sagt Nico Hofmann, einer der beiden Produzenten des Projektes. „The Physician“, wie das Buch im Original heißt, erzählt die Geschichte des Waisen Rob Cole, der aus dem mittelalterlichen England nach Persien reist, um dort unter Ibn Sina, dem Arzt aller Ärzte, Medizin zu studieren. Was aufregender ist, als es jetzt klingt.

26 Millionen Euro kostet der Film, der Ende 2013 in die Kinos kommen und später als Zweiteiler auch in der ARD laufen soll. „Wir drehen mehr, als wir für die Kinoversion brauchen“, erklärt Regisseur Philipp Stölz („Nordwand“). Mit einer Besetzung, die man teilweise hochkarätig nennen darf. Auch wenn Tom Payne in der Titelrolle ein in Deutschland noch recht unbekanntes Gesicht ist. In seiner Heimat England wird er aber bereits hoch gehandelt. Was in Deutschland ähnlich für Elyas M`Barek („Türkisch für Anfänger“) gilt, der Robs Freund Karim spielt. Stellan Skarsgard („Fluch der Karibik 2“) gibt den ersten Lehrmeister, der Franzose Olivier Martinez den Schah. Und dann ist da natürlich noch Oscarpreisträger Sir Ben Kingsley als weiser Arzt.

Bald zieht die Filmcrew nach Marokko

In Ostdeutschland haben sie schon gedreht, nach Marokko geht es in den kommenden Wochen. Ein paar Tage aber hat der Medicus nun auch in Köln praktiziert. Hier – in einem der größten Studios Deutschlands – haben sie den Schahpalast gebaut. Gut 30 Meter hoch, mit großem Innenhof und imposanten Säulen. 800 000 Euro hat das Gebäude gekostet, kann aber dafür auch als mittelalterliches Krankenhaus verkauft werden. Oder als Kulisse für Fotos am Pressetag.

In ihr steht Ben Kingsley plötzlich. 70 Jahre ist er mittlerweile alt aber das merkt man ihm nicht an. Kingsley beherrscht immer noch jeden Raum, den er betritt. Und wenn er spricht, wird es still um ihn herum. Leider spricht er nicht viel. Schweigend und mit ernster Mine lässt er das minutenlange Blitzlichtgewitter der Fotografen über sich ergehen. Ist aber nicht böse gemeint, versichern die Kollegen. „Sehr nett und freundlich“ sei Kingsley, erklärt M`Barek. „Und unglaublich professionell bei der Arbeit.“

Ben Kingsley ist kein großer Redner

Er antwortet ja auch, wenn man ihn etwas fragt. Nicht immer auf das, was man ihn gefragt hat, aber dafür meist sehr ehrlich und mit sehr klugen Worten, die auch mal aus einem Shakespeare-Stück stammen. Nein, den Medicus hat er nicht gelesen, als Schauspieler fühlt er sich privilegiert, weil er für seine Arbeit quasi durch die Zeit reisen darf, möchte selbst aber nur im hier und jetzt leben. Und nein, Zeit durch Köln zu gehen, hat er kaum gehabt. Er bedauert.

Der 29-jährige Payne dagegen war schon in der Stadt. Dom, Museum, alles „quite funny“. Ganz lustig. Und Martinez, der blutrünstige Schah? Er winkt ab. „Arbeit, Arbeit, Arbeit.“ Was er damit meint? Besser, man fragt jetzt nicht nach.