Essen. . Britische Komödien haben zumeist das gewisse Etwas, das Lustspielen aus Deutschland häufig fehlt. Dass selbst ein Schwede „very british“ inszenieren kann, wenn er nur die richtige Vorlage hat, das beweist Lasse Hallström mit „Lachsfischen im Jemen“. In den Hauptrollen: Ewan McGregor und Kristin Scott Thomas.
„Lachsfischen im Jemen“, das klingt als Filmtitel ähnlich absurd wie „Maulwürfe am Nordpol“. Weiß man doch, dass für die Existenz des Lachses ein kühles Klima und reichlich Wasser unabdingbar sind. Zwei Dinge, für die ein Wüstenstaat wie der Jemen nicht gerade bekannt ist. Wenn aber der dringliche Wunsch eines Scheichs hinter diesem Vorhaben steckt, der als passionierter Angler sehr oft in Schottland weilt, dann müssen Fachleute sich tatsächlich Gedanken machen, ob ein solches Unternehmen am Ende nicht doch irgendwie realisierbar sein könnte.
Roman mit trockenem Humor
Mit dieser Ausgangslage beginnt Lasse Hallströms Verfilmung des gleichnamigen, mit reichlich trockenem Humor gesegneten Erfolgsromans von Paul Torday. Man erkennt den Regisseur dabei fast nicht wieder. Haftete Hallströms Filmen seit „Chocolat“ und zuletzt erst recht bei „Das Leuchten der Stille“ meist etwas Süßliches an, so trifft er hier genau jenen Ton, der britische Komödie so unvergleichlich macht – sehr verschrobene Ideen treffen auf sehr verschrobene Leute.
Politischer Druck aus London
Einer von ihnen ist der Fischereiexperte Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor), der das Ansinnen des Scheichs plötzlich am Hals hat. Anfangs glaubt er noch, das verrückte Unternehmen mit zwei herablassenden Sätzen aus der Welt geschafft zu haben. Doch dann beginnt er plötzlich, politischen Druck aus London zu spüren, wo die Pressesprecherin des Premierministers (herrlich überdreht: Kristin Scott Thomas) verzweifelt nach positiven Schlagzeilen in Verbindung mit dem Nahen Osten sucht.
Organisierte Angler schreien auf
Jones trifft das alles in einem ungünstigen Moment, denn seine Ehe mit Mary liegt in den letzten Zuckungen. Und dann gibt es auch noch einen Aufschrei bei der organisierten Anglerschaft, als ruchbar wird, dass 10 000 schottische Wildlachse in den Jemen transportiert werden sollen. Der einzige Lichtblick in dieser schweren Zeit ist der Kontakt mit der Investmentberaterin des jemenitischen Scheichs, Harriet Chetwode-Talbot (Emily Blunt). Auch sie leidet nicht wenig, gilt ihr Freund und Soldat nach einem Afghanistan-Einsatz doch als verschollen. Der Möglichkeit, Zuneigung füreinander zu entdecken, ist Tür und Tor geöffnet.
Ein Happy End bahnt sich an
Drehbuchautor Simon Beaufoy („Slumdog Millionär“, „127 Hours“) gelingt das Kunststück, Komödie, Drama und Politsatire stimmig miteinander zu verschmelzen. Das ändert sich auch nicht, wenn die Handlung sich in den Jemen verlagert, wo zunächst alles wider Erwarten zu funktionieren scheint. Der vielleicht ein wenig zu freundlich und weise gezeichnete Scheich hat einen Staudamm bauen lassen, der selbst Alfred davon überzeugt, dass Lachse im Jemen tatsächlich existieren könnten. Dann aber scheint das sich anbahnende Happy End zwischen Dr. Jones und Miss Chetwode-Talbot plötzlich stark gefährdet: Islamistische Rebellen jagen den Staudamm in die Luft und Harriets längst totgeglaubter Freund entsteigt sehr lebendig einem Hubschrauber.
Eisiger Sex mit der Ex
„Lachsfischen im Jemen“ erinnert an vielen Stellen an die perfekte Dialogarbeit amerikanischer Screwball-Komödien, vor allem die Wortgefechte zwischen Alfred und Harriet profitieren davon. Da unser Fischerei-Experte noch am eisigen Sex mit seiner Ex zu knabbern hat, macht er auch keine Anstalten, mit der Investmentberaterin schnell intim zu werden. Aber gerade diese Zurückhaltung fördert die erotische Spannung zwischen den beiden ungemein. Ein keuscher Film demnach, der niemand unbefriedigt entlässt.