Essen. . Film-Produzentin Minu Barati und Schauspieler Armin Rohde erzählen zur Weltpremiere von „Ausgerechnet Sibirien“ in Essen von den Dreharbeiten im fernen Sibirien, über reichlich Wodka und anschließendes Schielen, endlose Weiten und die Sonne, die nie untergehen wollte.
Ausgerechnet Sibirien! Was hat die Frau nur geritten, ihr Debüt als Filmproduzentin nach Sibirien zu verlegen? In eine gottverlassene Gegend, wo man oft nicht mal einen anständigen Latte Macchiato findet, geschweige denn Internet-Anschluss. Minu Barati, Ehefrau des ehemaligen Bundesaußenministers Joschka Fischer, greift sich ins schwarze Haar und lächelt ein Mädchenlächeln in die Runde. „Mit Räuberpistolen können wir leider nicht dienen. Das Schlimmste, was uns passiert ist, war ein Achsbruch am LKW.“ Mit 40 davon sind sie losgetuckert, zwischen Murmansk und Sankt Petersburg, und die Sonne ist einfach nicht untergegangen. Das Ergebnis dieses Abenteuer-Trips kann man ab Donnerstag im Kino sehen. Vor der Weltpremiere in Essen fanden Barati und Rohde am Montag noch Zeit für einen Redaktionsbesuch.
Der Bochumer Armin Rohde genießt sein Heimspiel, zusammen mit Hauptdarsteller Joachim Król. Zwei Bergmanns-Söhne in Murmansk, was erlebt man da? „Am ersten Abend sind wir gleich in die Wodka-Falle gelatscht!“ Rohde hat dunkle Erinnerungen an diese exzessive Form von Gastfreundschaft. „Ich hab am nächsten Tag lange geschielt.“
"Bierchen" Armin Rohde hat ordentlich Russisch gepaukt
Sieht man aber nicht in diesem herzerwärmend-skurrilen Roadmovie über den spießigen Firmenlogistiker Matthias Bleuel (Król), der auf einer Dienstreise nach Sibirien Herz und Scheuklappen verliert. Rohde spielt Bleuels alten Schulfreund Holger, der in Russland zu Wohlstand und Superperoxyd-Blondine gekommen ist. Für die Rolle hat das einstige „Bierchen“ Russisch gepaukt, bis das er nach diesem „Poser-Anwalt in Öl und Gas“ klang, den Barati im echten Politikergatinnen-Leben vielleicht schon mal getroffen hat.
Wenn man die beiden miteinander flachsen sieht, hat man den Eindruck, dass sich da oben in den Weiten von Kemerova zwei Menschen begegnet sind, die sich mögen. Während Barati das Raubein Rohde mit seinem dröhnenden Sendungsbewusstsein zu nehmen weiß ( „Du bist kein Mann für unter dem Radar“), preist Rohde die großen Qualitäten der Film-Einsteigerin. „Minu ist richtig alte Schule. Da fühlt man sich gut aufgehoben.“ So muss es Barati gelungen sein, neben Regisseur Ralf Huettner (mit „Vincent will Meer“ Gewinner des Deutschen Filmpreises) auch Katja Riemann, Armin Rohde und Joachim Król aus der A-Klasse der deutschen Schauspielzunft für ihren Einstieg zu gewinnen. „Du bist ja auch eine Besessene, so eine Beziehungs-Komödie in Berlin-Mitte hätte dich doch gar nicht interessiert“, zeigt sich Rohde überzeugt.
Baratis Mann Joschka Fischer versteht viel von Politik, aber nichts von ihrer Arbeit
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Und tatsächlich liest sich Baratis Weg zum Film zielstrebiger, als ihr das mancher Roter-Teppich-Chronist bislang hat zugestehen möchte. 2001 hat sie ihr Studium an der deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin begonnen, da war ihre Tochter noch im Kindergarten. Nach dem Studium hat sie Joschka Fischer geheiratet, ein Jahr in den USA gelebt und vor einiger Zeit in ihre eigene Produktions-Firma gegründet. Die Idee, dass sich manche Tür leichter öffnet, weil die Frau des Außenministers a.D. anklopft, scheint ihr da abwegig. „Er tut seine Arbeit, ich mache meine. Und von meiner versteht er ja auch nichts.“ Natürlich rede man zu Hause über Politik. Aber dieser Film sei nicht der Anlass für eine tiefe politische Debatte.
Tatsächlich ist Sibirien hier eher die malerische Kulisse für eine Art Entpuppung, bei der der kauzige Spießer Bleuel mit jedem Meter Entfernung zur alten Heimat ein bisschen näher an seine Sehnsüchte heranrückt. Und an Sayana, die schöne Sängerin und Schamanin.
Wer ihren schorischen Gesang fremd findet, wird sich in spontan in die großen Landschaftsbilder von Kameramann Stefan Ciupek verlieben. Barati ist stolz darauf. „Unser Film braucht die große Leinwand.“ – „Hauptsache, den Film sehen viele Menschen“, findet Armin Rohde. Wenn’s klappt, trinkt er doch noch einen Wodka drauf.