Cannes. . Der Rummel in Cannes beginnt, dem immer noch wichtigsten Filmfestival der Welt. Deutschland ist wieder mal nur Zaungast, Fatih Akin wird mit seiner türkischen Langzeit-Doku „Der Müll im Garten Eden“ in einer „Sonderveranstaltung“ geparkt. An Stars dagegen kein Mangel: Bruce Willis, Brad Pitt, Nicole Kidman und Kylie Minogue haben sich angesagt.

Von der „Pilgerstätte für die Gläubigen der Filmkunst“ schwärmte einst der legendäre Kritiker André Bazin über das Festival von Cannes. Am Mittwoch geht es wieder los, diesmal eröffnet von der reichlich starbesetzten Pfadfinder-Komödie „Moonrise Kingdom“ von US-Regisseur Wes Anderson. Zum 65. Jubiläum grüßt Marilyn Monroe mit einer Geburtstagstorte vom offiziellen Plakat.

Nur eine Frau hat die Palme

Auf dem Regiestuhl sind Frauen im Olymp der Cineasten derweil weniger gerne gesehen. In der gesamten Geschichte des Festivals kam die „Goldene Palme“ lediglich ein einziges Mal in weibliche Hände, als Jane Campion anno 1993 ihr „Piano“ präsentierte. Auch diesmal schaffte es keine Regisseurin in den Wettbewerb der 22 Palmen-Kandidaten. Traditionell schwach vertreten ist ebenfalls das deutsche Kino. Lediglich Fatih Akin wird mit seiner türkischen Langzeit-Doku „Der Müll im Garten Eden“ in einer „Sonderveranstaltung“ geparkt. Ansonsten kann sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann zum wiederholten Male lediglich die Fördergelder für internationale Koproduktionen als Federn an den schwarzrotgoldenen Hut stecken.

Österreich mit zwei Filmen dabei

Weitaus erfolgreicher ist das kleine Österreich, das gleich zweifach in den Wettbewerb der weltweit wichtigsten Filmschau geht. Der altgediente Cannes-Liebling Michael Haneke („Das weiße Band”) schildert in „Amour“ die tragische Geschichte eines französischen Professorenpaares, dessen Leben durch einen Schlaganfall aus der Bahn geworfen wird. Sein Landsmann Ulrich Seidl erzählt in „Paradies Liebe“ von älteren Damen aus Europa, die an afrikanischen Stränden ihr vermeintliches Liebesglück bei jungen Männern finden.

Deutlicher Trend zur Literatur

Auffallend in diesem Jahr ist der Trend zur Literatur, gut ein Drittel der Palmen-Kandidaten basieren auf Romanen und Kurzgeschichten. Neben allerlei Krimigeschichten steht das Beatnik-Manifest „Unterwegs“ von Kultautor Jack Kerouac auf dem Programm, das sich der brasilianische Erfolgregisseur Walter Salles („Central Station“) vorgenommen hat. Sein kanadischer Kultfilmer-Kollege David Cronenberg griff gleichfalls in den Bücherschrank und inszeniert mit „Cosmopolis“ einen Roman von Don DeLillo. Die Hauptrolle in dieser düsteren Abrechnung mit skrupellosen Finanzhaien spielt passenderweise „Twilight“-Blutsauger Robert Pattinson.

Vorzugsweise persönliche Dramen

Gab man sich im Vorjahr noch gerne philosophisch und rätselte über Weltuntergang und Schöpfungsgeschichte, werden diesmal kleine Story-Brötchen gebacken und vorzugsweise persönliche Dramen inszeniert. Visuell sind reichlich Wundertüten zu erwarten, Bilderkünstler wie Abbas Kiarostami, Carlos Reygadas oder Jacques Audiard streuen traditionell gerne Goldstaub auf die Leinwand. Und Ex-Wunderkind Léos Carax, der nach 13 Jahren Künstlerpause mit „Holy Motors“ ein wildes Werk um Identitäten präsentiert, ist allemal für erstaunliche Effekte gut.

Paparazzi-Futter reicht von Bruce Willis bis Brad Pitt

Wenngleich Hollywood sich mit großen Knallern unter Palmen auffallend zurückhält und seine „Men in Black 3“ lieber zeitgleich in Berlin ihre Premiere feiern lässt, herrscht an Glamour unter Cineasten gleichwohl kein Mangel. Das Paparazzi-Futter reicht von Bruce Willis über Brad Pitt bis Nicole Kidman oder Kylie Minogue. Auch der britische Skandalrocker Pete Doherty schaut vorbei und offenbart an der Seite von Charlotte Gainsbourg und August Diehl „Bekenntnis eines jungen Zeitgenossen”. Damit gibt’s doch noch ein bisschen Deutschland unter Palmen, denn gedreht wurde die Schmachtroman-Verfilmung auch in Bayern.