Berlin. Wagenknecht provoziert bei “Markus Lanz“ mit einem ganz eigenen Blick auf die Rolle von Nato und Amerika und ihrer Meinung zu Putin.
FDP-Vize Johannes Vogel erwartet, dass die Benzin-Preise ab 1. Juni "kräftig unter 2 Euro sinken werden". Durch die Reduzierung der Spritsteuer, wie sie gerade im Bundestag beschlossen worden war, hatte es auch schon in Schweden einen ähnlichen Effekt gegeben, begründete er bei "Markus Lanz".
Von dem neuen Energie-Entlastungsgesetz würden aber nicht nur Pendler und Arbeitnehmer profitieren, versuchte er dazu die Kritik wegzureden, dass ältere Bürger weniger bis gar nicht entlastet wurden. "Sondern auch alle Rentner, die Auto fahren, ÖPNV fahren, Steuern zahlen."
Seine Ankündigung war immerhin eine positive News, die dieser Lanz-Talk vom Donnerstag brachte. Der Rest war vor allem hitzig und laut und drehte sich um den Angriffskrieg in der Ukraine.
"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:
- Johannes Vogel, stellvertretender Bundesvorsitzender FDP
- Sahra Wagenknecht, Politikerin (Die Linke)
- Daniela Schwarzer, Politologin
- Paul Ronzheimer, Journalist ("Bild"-Zeitung)
Ukraine-Krieg: Wagenknechts singuläres Weltbild
Im Mittelpunkt stand – obwohl gleich links von Markus Lanz platziert – Sahra Wagenknecht mit ihrem einzigartigen Blick auf den Ukraine-Krieg: Die Nato würde diesen Krieg unnütz eskalieren, behauptete sie. Und: Die Ukraine wolle gar nicht mehr verhandeln, weil die US-Amerikaner kein Interesse an einem schnellen Ende hätten.
Das erkannte die Linken-Politikerin wohl vor allem daran, wie sich die Kriegsziele im Verlauf verändert hätten. "Bei den Istanbul-Verhandlungen Ende März standen wir so kurz vor einem Friedensschluss", behauptete sie, mit territorialem Status quo wie vor Kriegsbeginn und Verzicht auf Nato-Mitgliedschaft. Dann aber habe die Ukraine die Verhandlungen abgebrochen, "angeblich wegen Butscha". Für sie war das kein Grund, eher "ein Grund mehr, alles dafür zu tun, dass dieser Krieg schnell endet."
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Sie vermutete dahinter die Interessen der Amerikaner und Briten. Denn dieser Krieg sei für sie sowieso nur einen "geopolitischen Konflikt" zwischen Russland und den USA. "Es geht darum, dass die Russen nicht hinnehmen wollten, dass die Ukraine immer mehr Teil der amerikanischen Einflusszone wird", führte sie aus.
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"Putin-Propaganda": Vogel kontert
"Frau Wagenknechts Welt ist immer recht einfach", kommentierte da Johannes Vogel zunächst nur ironisch. "Die Realität ist aber einen Hauch komplexer als Schwarz-Weiß". Butscha war ein Kriegsverbrechen, stellte er dann unbeirrt fest. Und die Vorstellung, "die Ukraine sollte da mal verhandeln, während ihre Bevölkerung massakriert und hingerichtet wird" hielt er für "abstrus" und "waschechte Putin-Propaganda".
"Die Wahrheit ist, es standen Panzer und Truppen um die Ukraine. Und in Kaliningrad stehen russische Raketen, die auf Europa gerichtet sind", widersprach er ihrer Erzählung von einer Bedrohung Russlands durch die Nato. "Wir dürfen Täter und Opfer nicht umkehren", erklärte er, "wo kommen wir da sonst hin."
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Markus Lanz gab sich als Gastgeber etwas höflicher. Er schätze Sahra Wagenknecht als Publizistin, betonte er, känne aber nicht umhin, den "Sound" zu kritisieren, in dem sie immer wieder "Putins Narrativ" kolportiere.
Krieg in der Ukraine: Strategische Verlängerung?
Da war ihre alternative Lesart des Konflikts allerdings längst über den Sender gegangen, also in der Welt. Schwer einzufangen, selbst mit der fundierten, eher nüchternen Analyse von Daniela Schwarzer.
Gut vernetzt in der US-Administration, erklärte die Direktorin der "Open Society Foundations", dass wenige Monate vor den Kongresswahlen die USA sicher "kein strategisches Interesse" an einer Verlängerung des Krieges hatten.
"Biden muss begründen, warum die USA jetzt 24 Milliarden in die Ukraine stecken sollen", begründete sie bei "Markus Lanz". Nicht alle Kongressabgeordneten seien dafür und die Frage, ob es danach noch ein weiteres Hilfspaket geben könnte, sei völlig offen.
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Wagenknecht eine Putin-Sympathisantin?
Ähnlich fassungslos hörte auch Paul Ronzheimer, was Sahra Wagenknecht sich offenbar aus internationalen Presseberichten zusammengereimt hatte. Der stellvertretende "Bild"-Chef war gerade aus der Ukraine zurückgekehrt, wo er seit 2013 regelmäßig als Kriegsreporter aus dem Osten berichtete.
Schon bei der Krim-Annexion 2014 habe er sich gewundert, wie wenig "die Deutschen wahrhaben wollten, was Putin tut", erinnerte er sich. Dann nahm er Präsident Selenskyj ausdrücklich in Schutz. Noch bei einem Interview wenige Tage nach Butscha war der bereit gewesen, mit Putin direkt zu verhandeln. "Nur erkennt Putin ihn als Präsident nicht an."
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Sahra Wagenknecht ließ sich in ihrer Sicht nicht beirren. Sie erregte sich höchstens, dass sie für eine Putin-Sympathisantin gehalten wurde. Ob sie es richtig finde, wenn sich Russland aus dem Donbass und der Krim zurückziehen würde, wollte Markus Lanz noch mehrfach wissen. Ebenso wenig wollte sie aber sagen, was er sich von ihr wünschte – und was in gewisser Weise auch für diesen Talk galt: "Wir beenden diesen Wahnsinn jetzt. Schluss. Aus."
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Dieser Artikel erschien zuerst bei waz.de