Berlin. Sahra Wagenknecht war selbst infiziert. Eine Corona-Impfung lehnt sie weiterhin ab. Doch bei „Markus Lanz“ erwägt sie eine Ausnahme.
Die Situation an der ukrainisch-russischen Grenze ist ernst. Auch wenn Marie-Agnes Strack- Zimmermann sie bei „Markus Lanz“ verglich mit der Begegnung mit einem „Kampfhund, der einen ständig anknurrt, und der Besitzer sagt, der will nur spielen“.
Als „gefühlt: Teil der Bunderegierung“ saß die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion da auf dem Platz, „wo man immer gegrillt wird“, also gleich neben Markus Lanz. Und verteidigte tapfer den Beschluss, zur Unterstützung der Ukraine 5000 Helme zu liefern: „Kommunikativ war das unglücklich, insofern als dass man diese Selbstverständlichkeit verbunden hat mit der Aussage, wir stehen an der Seite der Ukraine.“
„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:
- Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion
- Sahra Wagenknecht, Politikerin (Die Linke)
- Claus Ruhe Madsen, Oberbürgermeister von Rostock (parteilos)
- Kristina Dunz, Journalistin (Redaktionsnetzwerk Deutschland)
„Markus Lanz“: Verteidigungsexpertin liefert Vorschlag zur Ukraine
Zynismus sei aber fehl am Platz: „Wenn wir etwas liefern sollten, dann bitte keine schweren Waffen, sondern Unterstützung in der Logistik“, erklärte sie und schlug beispielsweise vor, Dingos zu liefern, mit denen man Verletzte schnell transportieren könne. „Der Krieg in der Ostukraine ist seit 2014 voll im Gange, nur ist er aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden“, erinnerte sie an die Folgen der russischen Okkupation der Krim. 12.000 Tote seien seither zu beklagen.
Überhaupt: Wie umgehen mit Putin, der gerade 130.000 russische Soldaten an der ostukrainischen Grenze zusammengezogen und gleichzeitig auch eine Übung an der Grenze zu Belarus angeordnet hatte, nur 90 Kilometer von Kiew entfernt?
Wie umgehen auch mit Gerhard Schröder, der kurz zuvor dem russischen Präsidenten hilfreich zur Seite gesprungen war, indem er öffentlich der Ukraine "Säbelrasseln" vorwarf und indirekt unterstellte, den aktuellen Konflikt verursacht zu haben. Sollte nach solchen Aussagen nicht die Apanage, die er als Ex-Bundeskanzler erhält, eingestellt werden? Für Markus Lanz war das eine ebenso spannende Frage wie die nach Putins Motiven für die russische Truppenbewegung.
„Markus Lanz“: FDP-Politikerin greift Ex-Kanzler scharf an
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die in dem russischen Manöver eine bewährte Ablenkung von der innenpolitischen Wirtschaftslage erkannte, sprach sich klar dafür aus: Schließlich „hat ein ehemaliger Bundeskanzler, auch wenn er jetzt in Rente ist, die Interessen Deutschlands zu vertreten“, befand sie.
Nur Sahra Wagenknecht (Die Linke) widersprach, obwohl sie bekanntermaßen „kein Fan von Gerhard Schröder“ ist: „Wenn, dann sollte man generell ein Gesetz machen, dass ehemalige Bundeskanzler und Bundesminister sich nicht für Wirtschaftsunternehmen verdingen dürfen“, relativierte sie. In der Sache war sie jedoch auf seiner Seite. Sie hielt Wladimir Putin für „sehr berechenbar“ und seine Sicherheitsinteressen für legitim, da Russland in der Vergangenheit alle 33 Jahre vom Westen angegriffen worden sei: „In den letzten 15 Jahren hat die Nato ihren Einflussbereich immer weiter ausgedehnt“, begründete sie. Putin wollte Gespräche und nur verhindern, dass die Ukraine Nato-Mitglied wird.
Wagenknecht bei Lanz: Immer schön gegen den Strich argumentieren
Dass sie ohnehin gerne gegen den Strich argumentierte, hatte sie auch schon zu Beginn der Talkrunde bewiesen, als es bei „Markus Lanz“ noch um die „Vergangenheitsbewältigung“ in Sachen Coronavirus ging. Gerade erst nach einer Omikron-Infektion freigetestet, berichtete „Deutschland bekannteste Impfgegnerin“ (Lanz), dass sie außer einem Schnupfen keine Symptome hatte und die Infektion sowieso nur durch einen Zufall herauskam.
Sollte heißen: Alles halb so wild. Mit Omikron hat sich in ihren Augen sowieso die Lage geändert: Nur noch halb so viele Corona-Erkrankte müssen im Krankenhaus behandelt werden, das Gesundheitssystem ist nicht mehr in Gefahr, überlastet zu werden. Höchste Zeit für die Rücknahme der „Bürgerrechtseinschränkungen“, folgerte sie.
Erst auf die dritte, hartnäckige Nachfrage von Markus Lanz gab sie dann halbherzig zu, dass sie sich – mit dem inzwischen zugelassenen Proteinimpfstoff Novavax – impfen lassen würde, wenn es doch noch zu „gefährlichen Mutationen kommen sollte, gegen die es dann einen Impfstoff geben würde.“ Man lasse sich nicht „ins Blaue hinein impfen“, sagte sie. Und zitierte sogleich eine US-amerikanische Studie, wonach Genesene nachhaltiger und länger gegen Corona geschützt seien als Geimpfte. Der Virologe Christian Drosten dagegen hatte in seiner jüngsten Podcast-Folge darauf hingewiesen, dass nur eine Dreifach-Impfung plus durchgemachte Infektion langfristig vor Neuansteckung schützen.
Journalistin bei Lanz: „Corona-Maßnahmen laufen am 19. März aus“
Kristina Dunz, Redakteurin vom „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, rief der Runde bei Lanz ins Gedächtnis, was die Ampel-Koalition beschlossen hat: Trotz aller widersprüchlichen Meinungen, wann Corona-Maßnahmen gelockert werden sollten, sollen alle Einschränkungen am 19. März automatisch auslaufen. „Es sei denn, der Bundestag beschließt noch eine einmalige Verlängerung von drei Monaten“, erläuterte Dunz.
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Allerdings bescheinigte sie sowohl der alten wie auch der neuen Regierung eine „katastrophale Kommunikation“, die ihrer Meinung nach eine „Führung von vorne“ vermissen ließ. Wie gerade jetzt wieder zu besichtigen bei der Debatte zur allgemeinen Impfpflicht, wo sich nicht nur der Bundeskanzler in eigenartiger Zurückhaltung übte: „Der Bundesjustizminister hat keine Meinung dazu. Christian Lindner weiß auch noch nicht, wie er abstimmt“, schoss sie ebenfalls gegen die FDP. „Da kommen die Menschen nicht mehr mit.“
„Markus Lanz“: Rostocker Bürgermeister kritisiert Bundesregierung
Ihrer Kritik konnte sich Claus Ruhe Madsen nur anschließen: „Immer, wenn ein bisschen Hoffnung aufkam, wurde die Kerze wieder ausgepustet“, kritisierte der Rostocker Bürgermeister den Kommunikationsstil auf Bundesebene. Und meinte die ständigen Versprechungen, Einschränkungen für Geimpfte aufzuheben, die dann gleich wieder einkassiert wurden. „Das System lebt vom Mitmachen“, bekräftigte er. Er dagegen habe den Eindruck, dass man in Deutschland lieber auf Verbote statt auf Angebote setzte.
Da lobt der gebürtige Däne mehr seine Landsleute, die mit den Corona-Herausforderungen viel pragmatischer, auch weniger ängstlich umgingen. Dadurch erzielte Dänemark höher Impfquoten und konnte nun alle Maßnahmen aufheben – trotz bestätigter Omikron-Neuinfektionen, die im Bevölkerungsvergleich bei täglich 700.000 liegen. Lesen Sie mehr: Trotz Omikron-Welle: Diese Länder in Europa lockern Auflagen
Besonders anschaulich berichtete er dann, mit welchen praktischen Schwierigkeiten er in Rostock auf lokaler Ebene zu kämpfen hat: Weil sich die Impfunterlagen auf Papier ausgedruckt in Umzugskartons stapeln und erst noch „entheftet“ werden müssen, bevor sie digitalisiert werden können, hat er „immer noch keinen Überblick, wie viele meiner Rostocker geimpft sind“.
Schlimmer noch: In nur drei Tagen läuft die Frist ab, um noch rechtzeitig bis zum Start der einrichtungsbezogenen Impfpflicht am 16. März den kompletten Impfschutz zu erhalten. Aber immer noch ist kein Leitfaden da, wie das Gesetz von den lokalen Gesundheitsämtern umgesetzt werden soll: „Wir führen das Bundesgesetz gerne aus, nur sagen Sie uns, wie“, forderte Madsen. „Was sollen wir mit einem nicht-geimpften Feuerwehrmann dann machen?“
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