Berlin. Das von der Bundeswehr befohlene Bombardement auf einen Tanklastzug in Afghanistan löste vor vier Jahren Debatten aus. Von 91 Toten, darunter viele Zivilisten, geht die Bundeswehr aus - möglicherweise sind es mehr. Die ARD legt nun ein Dokudrama zu dem Thema auf. Doch bereits vor der Ausstrahlung knirscht es im Gebälk.
In der Nacht zum 4. September 2009 bleiben zwei von den Taliban entführte Tanklastzüge der Bundeswehr in der afghanischen Provinz Kundus in einem Flussbett stecken. Oberst Georg Klein, seit April im Amt, befiehlt das Bombardement der Fahrzeuge. Die Bundeswehr geht von 91 Toten aus, möglicherweise sind es mehr, darunter viele zivile Opfer. Der Oberst wird später in einem Ermittlungsverfahren freigesprochen und 2012 sogar zum General befördert.
Der Einsatz deutscher Streitkräfte mit den bislang gravierendsten Folgen im Kriegsgebiet Afghanistan hinterließ viele Fragen, die auch deutsche Filmemacher beschäftigen. Am kommenden Freitag (30.8., 20.15 Uhr) zeigt Arte das Dokudrama "Eine mörderische Entscheidung", eine Mischung aus Interviews und Spielszenen, mit Matthias Brandt als Oberst Klein als Erstausstrahlung, am Mittwoch (4.9.) folgt die ARD.
Bundeswehr erteilte keine Genehmigung
Der Werdegang des Films war dornenreich, wie der Hamburger Produzent Ulrich Lenze schildert. Soldaten und auch hohe Offiziere seien bereit gewesen für Gespräche vor der Kamera, sagte Lenze in einem ARD-Interview. Doch die Bundeswehr habe dazu keine Genehmigung erteilt. Ebenso nach Filmdokumenten aus dem Bundeswehr-Archiv, die ja schließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert würden, habe die Produktion nachgesucht. Auch hier habe die Bundeswehr abgelehnt.
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Das Bundesverteidigungsministerium erklärt auch, warum: Man unterstütze "Produktionsformate, wie "dokumentarische Fernsehspiele" oder "Doku-Fictions", die Dokumentierung von realen Ereignissen in Kombination mit fiktiven und spielerisch freien Elementen grundsätzlich nicht", sagte eine Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Die Gefahr liege darin, dass nicht sicher gestellt werden könne, dass beim Zuschauer "der reale Anteil mit dem spekulativen Anteil auseinanderdividiert werden kann."
Oberst Klein wollte nicht interviewt werden
Vor allem Oberst Klein hätte Lenze gerne vor die Kamera bekommen. "Wir haben dem Oberst einen langen Brief geschrieben und ihm nicht nur angeboten, sondern geraten, sich selbst zu stellen, nachdem sich so viele Leute über ihn geäußert hatten", sagte Lenze. "Die Redaktion und der Justiziar des NDR haben sich parallel an ihn gewandt. Er hat bedauerlicherweise abgelehnt. Was er insgeheim befürchtete, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber wahrscheinlich hätte er, weil er noch im Dienst der Bundeswehr ist, auch keine Genehmigung bekommen."
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Dafür reden Zeitzeugen. Bewegend ist der Auftritt von Galina Motz, der Mutter des in Afghanistan getöteten und aus Kasachstan stammenden deutschen Soldaten Sergej Motz - "Für mich lebt er weiter", weint sie in die Kamera. Sergej Motz war kurz vor dem Tanklastzug-Bombardement bei einem Taliban-Angriff ums Leben gekommen. Der Gouverneur der Provinz Kundus, Mohammed Omar, sagt, warum die Taliban es auf deutsche Truppen abgesehen haben: "Die Deutschen haben nicht genug Härte gezeigt. Daher haben wir so viele Terroristen."
Was hat das Publikum von dem Film? Der Zuschauer, der einen gradlinigen Spannungsaufbau wünscht, kommt schwer in die Handlung rein. Das Bemühen um viele Zeitzeugen führte dazu, dass zu viele Menschen auch aus der zweiten Reihe zu Wort kommen. Das Fiasko in Afghanistan ist letztlich auch schon ein paar Jahre her, es fehlen Identifikationsfaktoren, unerlässlich für einen Film, der sich ins Gedächtnis der Zuschauerschaft eingraben will. (dpa)