Essen. Probleme in der Partnerschaft? Da hat RTL ein Rezept: Eine Woche lang jeden Tag Sex haben. Dann wird das schon wieder. Aber natürlich nur, wenn die Kamera dabei ist. „Sieben Tage Sex“, am Montag gestartet, ist eine Sendung zwischen Fremdscham und Mitleid.

Nach verzweifelten Bauern, einsamen Korpulenten und getauschten Frauen gibt es jetzt auf dem Privatsender-Markt einen weiteren Tiefpunkt. RTL kündigte die Sendung „Sieben Tage Sex“ als Experiment an. Ach nein, als „Sexperiment“, so viel Zeit für geistreiche Wortakrobatik muss sein. Nach bereits knappen fünf Minuten rollen dem Zuschauer die Ekelschauer über den Rücken.

Die vorab gezeigten Szenen ließen Schlimmes à la Nachmittagsserie erwarten. Und das gab es dann auch. Durchgescriptete Geschichten, absolut realitätsferne Situationen und das alles garniert mit einer gewissen Schlüpfrigkeit. Natürlich nicht zu viel, denn im expliziten Moment bleibt die Kamera aus. Glücklicherweise.

Bei Alltag, Kindern und Arbeit bleibt Erotik auf der Strecke

Die Ausgangssituationen sind schnell erzählt. Zwei Paare haben Probleme in der Partnerschaft. Und tja, was läge da näher, als sich in die liebevollen Hände von RTL zu begeben? Was hätte größere Erfolgsaussichten, als die sanfte, Privatsphäre-schonende Methode: Sieben Tage Sex?

Nadin und Marcel sind seit elf Jahren ein Paar. Die drei Kinder halten die Mutter und Hausfrau auf Trab. Am Ende des Tages gibt es statt Zärtlichkeiten: Kopfschmerzen, Müdigkeit und einen Kopf voller Gedanken.

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Marcel könnte, wie er sagt, immer. Dafür bietet Nadin dann aber auch eine reiche Palette an Möglichkeiten: Marcel darf sich im Badezimmer alleine vergnügen, fernsehen oder manchmal lässt sich die Hausfrau dann doch auch mal zu mehr herab. Das sieht dann so aus: Zehn Minuten, sie liegt rum, feuert ihn an mit „Ja gut, komm, mach mal fertig.“ Alles nach dem Motto: Augen zu und durch.

Marcel wirkt beinahe heldenhaft. Diese Art Reaktionen muss fürs Ego eine harte Probe sein.

Die Freunde der Paare sind skeptisch

Petra und Frank sind seit zehn Jahren zusammen. Sie ist, wie sie im Laufe der Sendung niemals müde wird zu erwähnen, Geschäftsfrau und nimmt die Arbeit mindestens im Kopf mit nach Hause.

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Auch hier kann der Mann scheinbar immer, ständig, ist allzeit bereit. Sie ist skeptisch, weiß nicht, wie sie auf das Experiment reagieren wird. Weiß nicht, was sie erwartet. Vielleicht hatte sie den Titel der Sendung noch nicht ganz verinnerlicht.

RTL macht es pathetisch: Können sieben Tage Sex die Alltagsprobleme der Partnerschaft lösen? So absurd die Frage ist, so absurd sind auch die Antwort und vor allem der Weg dahin. Die Freunde beider Paare reagieren auf das Experiment mit Skepsis. Marcels Bier-Buddies zweifeln an dessen Standhaftigkeit, prosten sich dann aber auf „Ein Stößchen auf deine Stößchen“ zu. Petras Freundinnen scheinen im Experiment eine Art Himmelfahrtskommando zu sehen. „Hältste es durch, wenn du weißt, du musst heut’ noch?“

Eine Sendung zwischen Softporno und banaler Nachmittagssendung

RTL hat natürlich dafür gesorgt, dass es an starren, hakeligen und peinlichen Situationen voller Klischees und Fremdschäm-Potenzial nicht mangelt.

Marcel will das Kamasutra durchblättern und schleppt seine Nadin in Spitzendessous an einen See und vor seine Kamera. Schönes kommt dabei nicht herum, aber am Ende landen die beiden im Bett. Immerhin. Marcel ist zufrieden, Nadins Aussage zerstört dann jegliche Romantik – oder zumindest jegliches sportliche Erfolgserlebnis: „Ich hatte jetzt nicht wirklich Spaß.“

Mit „Oh la la“-Kommentaren und softer Pornosprache vergehen die Tage. Garniert werden die Tage von angestrengtem Candlelight-Dinner, Cocktails, Massagen und Ausflügen in die ach so romantische Natur. Am Ende blendet RTL immer wieder eine Skala ein und setzt ein Häkchen für den „geschafften Erfolg“.

Auch Steffen Halaschka scheint „Sieben Tage Sex“ peinlich zu sein

Als Zuschauer sehnt man bei „Sieben Tage Sex“ die Werbepause herbei. Allein, um die verstört zusammengezogenen Augenbrauen zu entspannen. Und dann sieht man den Nächsten, dem die Fremdscham ins Gesicht geschrieben ist. Steffen Halaschka, der seine Folgesendung Stern TV ansagen will, kommen die Worte „Im Anschluss an ‚Sieben Tage Sex’“, kaum über die Lippen.

Was natürlich nicht fehlen darf, ist das Happy End. Alle Paare haben es geschafft, sie haben durchgehalten, und sie sind sich irgendwie auch zwischenmenschlich näher gekommen. So soll es nun in die Zukunft gehen. Danke RTL, danke Geschichtenschreiber. Nun aber bitte wieder ohne Kamera.