Essen. Hochgelobt und vielfach ausgezeichnet: Mit “Homeland“ startet Sat.1 am 3. Februar eine der besten US-Serien der vergangenen Jahre. Zehn Jahre nach dem Terror-Trauma 9/11 verdächtigt CIA-Agentin Carrie den Elite-Soldaten Brody, in der Kriegsgefangenschaft zum Terroristen geworden zu sein.

Acht Jahre war Elite-Soldat Nicholas Brody im Irak in Kriegsgefangenschaft – eingekerkert, isoliert, gefoltert. Dann wird der Marine befreit, kehrt heim. Der Mann ist ein Held, finden alle. Bis auf CIA-Agentin Carrie Mathison: Sie hält Brody für eine Gefahr. Er ist, fürchtet sie, von El-Kaida-Terroristen „umgedreht“ worden. „Homeland“ heißt die in den USA gefeierte und mit Auszeichnungen überhäufte TV-Serie, die Sat.1 ab Sonntag, 3. Februar zeigt – intelligent, tiefgründig und atemberaubend spannend.

Wem kann man noch trauen? In „Homeland“ lügen alle, so viel ist schnell klar: Carrie, die den Heimkehrer Brody auch ohne Genehmigung überwacht. Brodys Frau Jessica, die nicht verrät, dass sie seit Jahren eine Beziehung mit seinem besten Freund hat. Und der Soldat selbst, der dem Geheimdienst ziemlich wichtige Details verschweigt.

Claire Danes brilliert in "Homeland" als Agentin

Die Produzenten Howard Gordon und Alex Gansa haben „Homeland“ nach der israelischen Serie „Hatufim“ entwickelt. Sie haben auch die simplere Agententhriller-Serie „24“ produziert. „Homeland“ ist um Klassen besser: Während in „24“ alles Schwarz und Weiß war, sich nie die Frage stellte, wer Patriot ist und wer Verräter, schillert die neue Serie in den schönsten Grau-Tönen. Was macht die Angst vor Terror mit einer Gesellschaft? Was macht Folter mit Menschen – denen, die sie erleiden und denen, die mit den Opfern leben? Doppeldeutig ist hier Mindestanforderung, und so komplex die Zusammenhänge im Vergleich zu „24“ sind, so viel vielschichtiger ist die Schauspielkunst in „Homeland“.

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Claire Danes brilliert als CIA-Agentin Carrie: Ist es nicht komplett verrückt, den Heimkehrer als Terroristen zu verdächtigen? Nah dran. Ihre bipolare Störung hat Carrie bislang vor dem Arbeitgeber verheimlicht, die behandelt sie selbst, mehr oder weniger erfolgreich - mit Medikamenten gegen Psychosen und mit One-Night-Stands. Im Job versucht sie krampfhaft, cool zu bleiben, aber unter der Agenten-Oberfläche brodelt hyperventilierende Hysterie: Wenn Carrie manisch ist, ist sie eben besonders sensibel. Spürt Gefahren, bevor sie sie belegen kann, sieht Zusammenhänge, die anderen noch verborgen bleiben und kann den Frust nicht verbergen, wenn ihr niemand folgen kann.

Filigranes Stirnrunzeln und stechender Blick

Wenig kann ihr Chef und Mentor Saul Berenson besser: Grandios minimalistisch spielt Mandy Patinkin („Criminal Minds“, „Chicago Hope“) den Geheimdienst-Veteranen als die Beherrschung in Person. Was Saul fühlt und denkt, ist oft nur dem filigranen Stirnrunzeln und stechenden Blick zu entnehmen, und manchmal seiner Tonlage: Wenn der Mann vor Wut bebt, flüstert er nur noch.

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Ähnlich undurchschaubar: Der Brite Damian Lewis („Life“, „Band of Brothers“) als Brody, der, sobald er sich beobachtet wähnt, jede Regung hinter einer Maske versteckt – und glaubhaft den gebrochenen Soldaten gibt. Als Brody im Morgengrauen in die Garage geht und an den Kabeln an der Decke nestelt, ist der Schock nicht die Tatsache, dass er sich jetzt erhängen könnte. Der Schock ist, dass er’s nicht tut. Brody betet. Auf Arabisch.

Präsident Obama ist begeistert von "Homeland"

Zu blöd, dass Carrie das nicht sehen kann: Weil sie die Überwachung erstmal selbst finanziert hat, gibt’s in der Garage keine Kamera. Überall sonst wird die Privatsphäre professionell verletzt: Brody liegt auf dem Sofa und sieht fern, während Carrie auf dem Sofa liegt und ihm auf ihrem Computer-Bildschirm beim Fernsehen zusieht (ganz zu schweigen vom Zuschauer, der vielleicht auf dem Sofa liegt und Carrie dabei zusieht, wie sie Brody dabei zusieht, wie er fernsieht). So schläft Carrie mit Brody, lange bevor sie mit ihm schläft, schreckt mit ihm hoch, wenn seine Alpträume Schlaf unmöglich machen, und kann nur schlecht den Blick abwenden, wenn der traumatisierte Soldat versucht, wieder eine Verbindung zu seiner Frau zu finden, auch körperlich.

Wer Agenten-Thriller mag - aber durchaus mehr als die zweieinhalb Gesichtsausdrücke vertragen kann, die Kiefer Sutherland in „24“ reichten, um Jack Bauer zu spielen – wird „Homeland“ vielleicht so sehr mögen wie Barack Obama: Der US-Präsident ist ein erklärter Fan der Serie. In den USA läuft sie auf dem Bezahl-Sender Showtime und hat – auch wenn die zweite Staffel für zunehmende Unglaubwürdigkeit kritisiert worden ist – Emmys und Golden Globes als beste Drama-Serie und für die besten schauspielerischen Leistungen gewonnen.

Am Sonntag, 3. Februar, zeigt Sat.1 ab 22.15 Uhr zum Auftakt der Serie eine Doppelfolge. Die erste ist bereits online zu sehen. Ab 10. Februar läuft „Homeland“ sonntags um 23.15 Uhr.