Los Angeles. Bestes Drehbuch, beste Hauptdarsteller, bestes Drama: Bei der Verleihung der Emmys in den USA hat die Serie “Homeland“ gleich drei Trophäen in begehrten Kategorien gewonnen. Die Serie um einen heimgekehrten Elite-Soldaten begeistert nicht nur die Kritiker, sondern auch Präsident Barack Obama.
Im Frühjahr saß Damian Lewis im Weißen Haus bei einem Promi-Dinner direkt neben dem Gastgeber. Was der feuerrothaarige Brite da aus dem Mund des amerikanischen Präsidenten über seine schauspielerische Leistung in der Fernsehserie „Homeland“ hören durfte, kam einem Ritterschlag gleich. Nicht nur, dass Barack Obama gestand, regelmäßig sonntagsabends, wenn die Töchter im Bett sind, den Kanal „Showtime“ einzuschalten. Der Commander-in-Chief qualifizierte die Anti-Terror-Psychothriller-Serie, deren Erfolg nur mit den aus einem diffusen Gefühl der Verwundbarkeit nach dem 11. September 2001 herrührenden veränderten Sehgewohnheiten in Amerika erklärbar ist, nicht nur als unwiderstehlich spannend. Sondern auch als „alles andere als unrealistisch“.
Bei der Verleihung der seit 1948 ausgelobten Emmys für die besten Abendprogramm-Fernsehsendungen des Jahres in Los Angeles folgten die Juroren der "Academy of Television Arts & Sciences" Obamas Urteil am späten Sonntagabend auf breiter Front. „Homeland“ räumte drei der prestigeträchtigsten Preise ab, die in fast 30 Kategorien vergeben werden. Neben Alex Gansa und Howard Gordon, die für das Drehbuch prämiert wurden, bekamen mit Claire Danes und Damian Lewis die beiden Hauptdarsteller die 1. Preise in der begehrtesten Kategorie „Drama“ ab.
Der Gewinn von "Homeland" bricht die Vorherrschaft von "Mad Men" und "Breaking Bad"
Was bemerkenswert war, weil damit die jahrelange Vorherrschaft von „Mad Men“ und „Breaking Bad“ und deren Galionsfiguren Jon Hamm (Don Draper) und Bryan Cranston (Walter White) gebrochen wurde, die bereits den etwas langweilig gewordenen Status von Abonnements-Siegern erreicht hatten. Wer die ersten zwischen Krieg, Terror, Politik und ganz viel Humanitas pendelnden „Homeland“-Folgen gesehen hat, mag nachvollziehen, warum Präsident Obama nicht seine Sicherheitsberater konsultiert, wenn er wissen will, wie weit die Post-9/11-Paranoia in den Vereinigten Staaten inzwischen wirklich den Alltag durchsetzt hat.
„Homeland“, als einzige der erfolgreichsten US-Erfolgsserien in Deutschland bisher nicht mal auf einem Spartenkanal zu sehen, obwohl Pro Sieben die Rechte bereits erworben hat, bietet weitaus tiefere und menschlichere Einsichten in ein Land im Zustand des fortgesetzten Misstrauens gegen alles und jeden. Die beim ersten Hören an den Haaren herbeigezogen anmutende Geschichte kreist um Nicholas Brody, einen nach langen Jahren aus irakischer El Kaida-Foltergefangenschaft heimgekehrten Elite-Soldaten. Alle halten den wortkargen Marine für einen Helden, der schlimmste Qualen für sein Vaterland erlitten hat. Nur die Menschenkennerin Carrie Mathison nicht. Die blonde CIA-Analystin, atemverschlagend intensiv von Claire Danes gespielt, hält Brody für einen von Islamisten umgepolten Terroristen, der als „Schläfer“ zurück auf amerikanischen Boden geschickt wurde, um dort einen zweiten, noch heimtückischeren 11. September zu veranstalten.
In den USA startet Ende September die zweite "Homeland"-Staffel
Ihre Kollegen, mit Ausnahme ihres väterlichen CIA-Führungsbeamten Saul, halten Carrie deshalb für irre. Was sie, weil manisch-depressiv, gewissermaßen ja auch ist. Agent Mathison und Veteran Brody liefern sich ein die Nerven der Zuschauer gnadenlos abschälendes Katz-und-Mausspiel, das zügig süchtig macht. Die Entzugserscheinungen nach der ersten Staffel waren selbst im Weißen Haus zu spüren. Ab 30. September ist Abhilfe in Sicht. Staffel Nr. 2 beginnt. Carrie Mathison ist inzwischen bei der CIA rausgeflogen, aber Nic Brody noch immer eine tickende Zeitbombe. Nicht nur Obama wird einschalten.