Berlin. Der Schauspieler Jürgen Vogel (44) spricht im Interview mit der WAZ-Mediengruppe über das Altwerden und das Jungbleiben, die Zusammenarbeit mit Götz George für den ZDF-Film “Tod einer Polizistin“ und eine Verfilmung der Geschichte von Christian Wulff.

Undressierte Männer in schwierigen Lebenslagen – sowas liegt ihnen im Blut. Jürgen Vogel und Götz George haben zum ersten Mal einen TV-Film zusammen gemacht ("Tod einer Polizistin", Montag, 14.01.2013, 20.15 Uhr, ZDF). Zum Interview mit Julia Emmrich kommt Vogel in schwarzer Lederjacke und nachdenklicher Stimmung und spricht übers Altwerden und übers Jungbleiben.

WAZ-Mediengruppe: George wird dieses Jahr 75 – und er macht das vor: Alt werden, aber ein starker Typ bleiben.

Jürgen Vogel: Götz ist jedenfalls ein richtiger Kerl. Nicht so ein Kopfschauspieler.

...also genau wie Sie.

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Vogel: Das ist mir natürlich nah. Ich bin ja auch nicht gerade ein intellektueller Schauspieler, sondern versuche viel aus dem Bauch heraus zu holen. Und ich sehe bei ihm: Mensch, das muss nicht aufhören! Das kann auch weitergehen, wenn man älter wird. Ich bin schließlich auch schon fast 30 Jahre dabei. Und Götz wird wahrscheinlich immer spielen.

Ein Treffen auf Augenhöhe?

Vogel: Nein! Der Mann hat 30 Jahre mehr Erfahrung! Zwischen Götz und mir – das ist eine Mischung aus väterlich und freundschaftlich. Und als Kollege ist er wirklich nett. Am letzten Drehtag hat er für das ganze Team Champagner besorgt. Das ist keiner, der einfach nur sein Ding macht.

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Die Männer, die Sie spielen, wirken oft, als wollten sie einfach nur ihr Ding machen. Wie spielt man das als Familienvater mit Mitte 40? Viele sind da längst fertig mit Jungsein.

Vogel: Ja schon, aber sobald man dann Leute von früher trifft, aus der Schule, dann ist es wieder wie auf der Klassenfahrt. Irgendwie sind wir älter geworden, aber es fühlt sich in dem Moment nicht so an. Das sollte man sich bewahren. Und ich glaube, ich habe das geschafft.

Gefühltes Alter: Mitte zwanzig?

Vogel: Nee, ich fühle mich schon wie 44. Ich habe keinen Zwang, jünger zu sein. Aber ich hoffe, das Jungsein ist immer ein Teil von mir. Auch wenn ich mal neunzig bin.

Anwältin Nina Klingen (Theresa Hämer) wird von Frank Keller (Jürgen Vogel) in einer Szene des ZDF-Films
Anwältin Nina Klingen (Theresa Hämer) wird von Frank Keller (Jürgen Vogel) in einer Szene des ZDF-Films "Tod einer Polizistin" als Geisel genommen. © Sandra Hoever / ZDF

Sie haben fünf Kinder. Was ist ein guter Vater?

Vogel: Jemand, der einfach da ist, der Zeit hat, von dem die Kinder wissen: Den kann ich ansprechen. Viele Väter sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Ihr eigener Vater war Kellner. Hat er Ihnen etwas fürs Leben mitgegeben?

Vogel: Ich bin ja mit 15 ausgezogen. Für mich war das gut. Ich habe mich dann an Leute wie Richy Müller gehängt. Ich fand gut, was er machte: dieses proletarische Schauspiel. Oder wie Götz George den Schimanski gespielt hat. Diese Art kam damals in den Achtzigern ja gerade hoch. Mit Schauspiel als Kunstform hatte das wenig zu tun. Mehr mit dem echten Leben.

Wieso ist der proletarische Schauspieler Jürgen Vogel letztes Jahr zur Bourgeoisie am Prenzlauer Berg gezogen?

Vogel: Ich habe Kinder. Und ich habe immer geguckt, dass das Umfeld stimmt. Bestimmte Milieus haben eben Nachteile.

Sie wollten es bürgerlich haben?

Vogel: Ja, meinetwegen, bürgerlich.

Kann man in Berlin länger jung bleiben als anderswo?

Vogel: Ich hoffe es. Aber ich würde es nicht „jung“ nennen, sondern „offen bleiben“. Es ist gefährlich, zu sagen: Ich bin jetzt 44, und ich bin im Leben angekommen. Beruf, Kinder, Frau, alles toll. Das ist furchtbar! Es muss doch weitergehen. Als Mensch bin ich doch nie irgendwo angekommen.

Schauen wir doch mal nach vorne. Die Geschichte der Wulffs soll verfilmt werden...

Vogel: ...um Gottes Willen.

Wen würden Sie da spielen wollen?

Vogel: Niemanden. Was will man denn da überhaupt verfilmen? Das war doch eine sehr kurze und sehr unbedeutende Phase. Wulff hat weder zeitgeschichtlich noch menschlich irgendwas bewegt. Die Geschichte hat einfach zu wenig Futter.