Köln. Er stellt sich per Händedruck als „Jürgen” vor. Ab Freitag ist Jürgen Vogel (40) als „Hauptmieter” in der Sat.1-Comedyshow „Schillerstraße” zu sehen. Insa Moog sprach mit ihm über Konventionen, Aggressionen und Uri Geller.

Spielen auf Zuruf, wo ist da der Reiz?

Vogel: Generell ist die Schillerstraße ein geiles Format. Der Reiz ist, dass man Leute auf der Bühne sieht, die nicht genau wissen, was als nächstes passiert. Alle improvisieren und das kann auch in die Hose gehen.

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Die "Schillerstraße" ist wieder da - und hat einen neuen "Hauptmieter": Jürgen Vogel (vorne sitzend), Spielleiterin Maike Tatzig (l.), Maddin Schneider (M.), Lisa Feller (r.). (c) Sat.1/S. Menne/Composing:Nikelait

Was ist das Markenzeichen deiner Figur?

Vogel: Ich wollte keine Kunstfigur spielen, also spiele ich mich selbst, nur mit einer anderen Karriere. Ich bin Schauspieler, aber sehr erfolglos. Diese Zeiten, in denen man wenig gearbeitet hat und große Angst hatte, kenne ich ja auch noch und ich nehme das ein bisschen auf die Schippe.

Jürgen Vogel jetzt also als Comedian. Hattest du keine Zweifel, als das Angebot kam?

Vogel: Erst fand ich es super. Dann kamen Zweifel, weil man extrem ausgeliefert ist. Aber ich bin seit 25 Jahren in dem Beruf und ich erfinde mich gern neu. Wer mit Kinofilmen Erfolg hatte, für den ist das oft ein Thema: Fernsehen ja oder nein? Das ist absurd. Wir sind Schauspieler und egal, was für ein Format das ist, wir machen unsere Arbeit so gut wir können. Ich bin trotzig. Wenn mir jemand sagt: „Da musst du aufpassen”, ist das für mich der Grund zu antworten: „Dann mach' ich das.”

Da war der Auftritt bei „The next Uri Geller” wohl der radikalste Schritt.

Vogel: Ja, auch so eine Sache, wo Leute gefragt haben: „Warum hast du das gemacht?”

Und?

Vogel: Weil ich als Kind schon Uri Geller im Fernsehen gesehen hab und das mal aus der Nähe sehen wollte. Als Privatperson. Ich bin einfach neugierig und will dazu lernen.

Was hast du von Uri Geller gelernt?

Vogel: Alles. Der Hintergrund. Wie die ganze Show organisiert ist. Wie das Publikum reagiert und ich selbst. Das Leben ist ein Spielplatz und jedes Karussell, das du fahren darfst, ist eins, das du hinter dich gebracht hast.

Muss man denn in allem gut sein?

Vogel: Null. Muss man nicht, es gibt keine Garantie. Aber wenn man Lust hat, Neues auszuprobieren, kann man das machen. Mir macht das halt Spaß.

Womit könnte man seinen Ruf denn ruinieren?

Vogel: Indem man schlecht spielt. Am Schluss ist das, was einen am Leben hält, die Qualität. Dahinter stecken viel Arbeit und Fleiß. In meinem Gehirn gibt's eine Sicherheitsfunktion, die eine gewisse Form von Angst ausschaltet. Die ist mir genetisch nicht gegeben. Ich bin jemand, der auf viele Konventionen scheißt.

Das klingt jetzt alles sehr locker. Früher hast du oft davon gesprochen, dass Wut und Schmerz wie Motoren für dich sind . . .

Vogel: Ja, Dinge verändern sich, ich habe mich auch verändert. Mein Leben ist total aufregend. Ein Aggressionspotenzial habe ich aber immer noch, das verarbeite ich einfach in anderen Filmen. Flexibilität ist wichtig. Für unterschiedliche Dinge gibt es unterschiedliche Motoren.

Wie viel von dir steckt in den Figuren, die du spielst?

Vogel: Alles. Für mich ist eine Rolle nicht nur eine Aufgabe, sondern die Suche danach, was für ein Teil von mir dabei ist. Das Ergebnis ist eine Metamorphose zwischen mir, meinen Gefühlen und der Aufgabe, der sich die Figur stellt. Ich versuche keine Distanz zwischen mir und den Figuren aufzubauen, die ich spiele.

Schauspieler Jürgen Vogel. (c) imago
Schauspieler Jürgen Vogel. (c) imago © imago stock&people

Du hast auch nicht davor zurückgeschreckt, in „Der freie Wille" einen Vergewaltiger zu spielen. Willst du dein Publikum einfach überraschen oder provozieren?

Vogel: Jeder hat seinen Grund, warum er in dem Beruf ist. Bei mir war das immer so, dass ich Menschen berühren wollte. Mein Anspruch ist, dass die Zuschauer einen Zugang zu meiner Figur finden und es sie mit ihr durch die Geschichte treibt. Das Kino soll Einblicke in Welten bieten, die wir nicht kennen. Horizonte erweitern. Und dazu möchte ich beitragen.

Demnächst als Regisseur. . .

Vogel: Ja, das ist ein Bedürfnis, was man über die Jahre entwickelt. Es begegnen einem einfach viele Stoffe und irgendwann denkt man: „Wär' vielleicht gar nicht schlecht, wenn ich das mache.” Wenn man viel darüber weiß und eine bestimmte Sicht und Erzählweise hat. Für 2010 ergab sich die Gelegenheit, es ist ein super Stoff. Aber viel mehr will ich dazu noch nicht sagen.

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