„Wetten, dass..?“ – Gottschalks letzte Show markiert das Ende einer Ära
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Essen/Friedrichshafen. Emotionen pur: Die „Wetten, dass..?“-Ära von Thomas Gottschalk endete mit bewegenden Worten des Moderators und vor fast 15 Millionen TV-Zuschauern – aber offenbar auch mit einem blöden PR-Gag. Jauch erwägt angeblich Gottschalks Nachfolge. Heute Abend wolle er eine Erklärung abgeben – live auf RTL.
3. Dezember 2011, 23.17 Uhr. Das Licht geht aus, eine Ära endet. Showmaster Thomas Gottschalk verlässt die große Bühne der Samstagabend-Unterhaltung. Nach 23 Jahren und 151 Sendungen „Wetten, dass..?“ macht Gottschalk Schluss - das ZDF hatte das von Gottschalk gewohnte Überziehen der Sendung diesmal im Programm eingeplant. Die Quote war eine der besten in der Geschichte der Sendung: 14,73 Millionen Menschen verfolgten die Show, meldet das ZDF auf seiner Videotext-Seite. Das entspricht 46 Prozent Marktanteil.
Ein bisschen berührt war Gottschalk (61) dann doch, obwohl er vorher versprach: Wehmut wird’s nicht geben. Seine Augen funkelten, als sich Co-Moderatorin Michelle Hunziker bedankte, sich das Publikum in der Halle in Friedrichshafen erhob und überall der Schriftzug „Danke Thomas“ leuchtete. „Ich hab’s für Sie gemacht“, sagte Gottschalk und verneigte sich vor den Zuschauern. „Es war eine tolle Zeit.“ Er habe Unterhaltung und „Seifenblasen“ gemacht. „Sie sind zerplatzt. Aber es waren wunderschöne Seifenblasen.“ Gottschalk bedankte sich „zähneknirschend“ auch bei seinen Kritikern, ohne die er „vielleicht den Arsch sonst gar nicht mehr hätte hochgekriegt“.
Gottschalks Freund und Couch-Gast Günther Jauch eilte noch schnell herbei und umarmte den berührten Kult-Moderator mit den blonden Engelslocken. Dann war’s vorbei. Der Show-Dino verschwand in der Dunkelheit. Hinter den Kulissen sagte er: „Es war keine Beerdigung, ich lebe noch.“
Mehr Sprüche, viele Rückblenden
Gottschalk – elegant gekleidet im schwarzen Smoking samt Schottenkaro-Weste – bewies zuvor drei Stunden lang, warum „Wetten, dass..?“ bis zuletzt ein Millionenpublikum fesselte. Ausgelassen moderierte er seine finale Sendung. Er haute noch ein paar Sprüche mehr raus als üblich. Vielleicht, weil er sich nicht mehr an Karteikarten klammerte, sondern „im Freiflug“ durch die Sendung führte. „Ist ja eh wurscht“, sagte Gottschalk.
Die Sendung war mit Rückblenden durchspickt, in denen die skurrilsten Outfits, die besten Wetten und lustigsten Momente der vergangenen zwei Jahrzehnte gezeigt wurden. Auf der Couch versammelten sich Gäste, die sich Gottschalk persönlich gewünscht hatte. Iris Berben, Meat Loaf, Lenny Kravitz, Karl Lagerfeld, Günther Jauch, Til Schweiger und Jessica Biel. Wobei letztere eher wegen der Werbung für ihren Film „Happy New Year“ anwesend war. Als Gottschalk sie neckisch fragte, ob es zwischen ihr und Justin Timberlake gefunkt habe, entgleisten die Gesichtszüge der Hollywood-Schönheit: „Ich dachte ich bin hier, um über meinen Film zu reden“, zickte sie den Showmaster an. Gottschalk schenkte ihr den Rest des Abends keine Aufmerksamkeit mehr.
Wolfgang und Anneliese lehnen Nachfolge ab
Großartig war eine Videobotschaft von „Wolfgang und Anneliese“ (Bastian Pastewka und Anke Engelke). Die beiden teilten mit, „Wetten, dass..?“ nicht übernehmen zu wollen, weil sie karrieremäßig nicht mehr ganz unten anfangen wollen. Anneliese sprach Gottschalk direkt an und blickte sentimental: „Wenn du die Sendung nicht mehr weiter machst, dann….“ Pause der Trauer. Dann prustete sie los. „Macht’s halt ein anderer!“
Günter Jauch vielleicht? Gottschalk bot Jauch seine Nachfolge an – und der lehnte überraschend nicht ab – sondern bat um eine 24-stündige Frist. Heute (Sonntag) Abend werde er im RTL-Jahresrückblick "2011! Menschen, Bilder, Emotionen" seine Entscheidung fällen. Gottschalk sei dort ja eh zu Gast. Dann könne man das dort klären.
Das ganze ist nur ein billiger PR-Gag. Der RTL-Jahresrückblick hatte in den letzten Jahren mit sinkenden Einschaltquoten und Marktanteilen zu kämpfen. Ein bisschen zusätzliche Werbung konnte da nicht schaden. In der Vorberichterstattung zur „Wetten, dass..?“-Sendung sagte Jauch schließlich noch, Gottschalks Nachfolger müsse „eine televisionäre, eierlegende Wollmilchsau sein“. Nach „Wetten, dass..?“ erfuhren die ZDF-Zuschauer im „heute journal“, dass Jauch nicht ernsthaft über die Nachfolge nachdenke, sie also reingelegt wurden. „War alles nur ein Spaß“, hieß es in einem Beitrag zur Show. Was haben wir gelacht.
Teelichter mit der Zunge gelöscht
Natürlich gab es trotz aller finaler Dramatik noch Wetten. Der Teenager Robin Antonak hatte die irre Idee, 120 Teelichter in 120 Sekunden mit seiner Zunge zu löschen. Dank „Wetten, das..?“ weiß man jetzt, wie ein Mix aus Wachs und Spucke aussieht, der aus einem offenen Mund herausquillt. Weniger eklig, sondern spektakulär: Die von Olli Dittrich („Dittsche) moderierte Außenwette aus Österreich. Ein Mountainbikefahrer düste schneller eine Piste herunter als ein Snowboarder. Eine Kandidatin stellte zudem ihr ungewöhnliches Hobby vor: Sie kannte sämtliche Gottschalk-Oufits. Wettpate Karl Lagerfeld kommentierte das treffend als „eine gesunde, aber unnötige Gehirngymnastik“.
Skurril war der Kandidat Ulrich Rabe-Heise (Gottschalk: "So heißen eigentlich nur FDP-Politiker!“). Er konnte WCs an deren Spülung unterscheiden. Der Kandidat hockte über der Schüssel und bemerkte eine „ganz zarte Nachwelle“ oder ein Blubbern „im Abgang“. Das Publikum amüsierte sich köstlich über die Toiletten-Poetik. Wettkönig wurde mit 44 Prozent aller Anrufer jedoch eine Turn-Mannschaft. 50 Menschen sprangen per Salto auf einen kleinen Tisch und stapelten sich zu einem Menschenberg.
TV-Institution verliert ihr Zugpferd
Hübsch anzusehen – aber irgendwie nebensächlich an einem Abend, an dem eine TV-Institution ihr Zugpferd verloren hat. Mit Gottschalk war „Wetten, dass..?“ eine Art familiäres Kaminfeuer, bei dem verschiedene Generationen vor dem Fernseher mitfieberten und lachten, bei dem der kleine Sohnemann ausnahmsweise mal länger aufleiben durfte.
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