Köln. Er wollte ins Fernsehen und er wollte nach oben. Immer schon. Im Fernsehen ist er seit mehr als zehn Jahren. Vielleicht ist er nun bald auch ganz oben. Am Freitag startet Oliver Pocher bei Sat.1 seine Late-Night-Show, die seinen Namen trägt - und nur seinen.

Es gibt ein kleines Video auf „YouTube”, das Oliver Pochers ersten Auftritt zeigt. 1998 war das, als er in glänzendem Hemd und gestreifter Krawatte in der Nachmittags-Talkshow von Barbara Schäfer Witze erzählt. Gnadenlos pfeift ihn das Publikum aus, nur einmal lachen die Zuschauer. Als Pocher erzählt, er werde einmal in der Harald Schmidt-Show auftreten.

Die Pfiffe zum TV-Debüt hat er weggesteckt. Genau wie die schlechten Kritiken, die es in den Folgejahren hagelt. Pocher glaubt an sich. Felsenfest. Manchen Verriss fordert er geradezu heraus. Weil er sein Gesicht in jede Kamera hält. Mal bespuckt er Marey Carey mit Wasser. Dann macht er Werbung für eine Elektromarktkette. Und zwischendurch moderiert er eigene Sendungen – zu später Stunde oder bei Spartensendern. Alles egal. Hauptsache Fernsehen.

Berufsprovokateur

Pocher wird zum Berufsprovokateur. Zu einem, der keine Grenzen kennt. Er macht sich nicht lustig über seine Opfer, er beleidigt sie. Bei Viva oder im ProSieben Nachtprogramm finden die Verantwortlichen das noch witzig. Fernsehschaffende der Öffentlich-Rechtlichen sind entsetzt. Um so größer ist die Überraschung, als Harald Schmidt ihn als Partner in seine Late-Night-Show bei der ARD holt. Der Altmeister der Late Night schätzt den jungen Kollegen schon lange. Neun Jahre nach seinem Auftritt bei Bärbel Schäfer hat Pocher seine Ankündigung wahr gemacht. Doch bald will er wieder weg.

Es habe keinen Streit gegeben, beteuert Pocher. Jedenfalls nicht mit Schmidt. Aber die ARD und Pocher, das ist als ob der Musikantenstadl plötzlich bei MTV laufen würde. Es passt nicht. Pocher ist zu frech, zu vorlaut für die Chefetagen im Ersten.

Das ewige Talent wird zum Star

Viele dort mögen ihn nicht. Läuft die Show gut, verteilen sie Lob an Schmidt. Sind sie Quoten schlecht, liegt es an Pocher. „Insoweit muss ich mich nicht umstellen, wenn es bei Sat.1 nicht klappen sollte.”

Das sind Sätze, bei denen Sat.1-Verantwortliche derzeit zusammenzucken. Es muss nämlich klappen mit Pocher. Genau wie mit Johannes B. Kerner, der am Freitag der erste Gast sein wird in der Show. Pocher soll den Sender nach vorne bringen – vor allem beim jungen Publikum. Wenn schon nicht bei den Quoten, dann zumindest beim Image. Deshalb nennen sie ihn dort alle „unseren neuen Star”. Beim WDR haben sie „Talent” zu ihm gesagt. Auch deshalb hat Pocher gewechselt. „Sat.1 hat einfach das beste Gesamtpaket geschnürt.”

Ganzes Kino umgebaut

Das Residenz-Kino direkt am Kölner Ring durfte Pocher drei Jahre lang für seine Show mieten und komplett umbauen lassen. In leuchtenden Lettern prangt sein Name über dem Eingang. Und auch drinnen weiß der Besucher jederzeit, wer hier der Gastgeber ist. „Retro” nennt der Sender die Kulissen, die aussieht wie eine Mischung aus „Dalli Dalli” und „Disco”. Nur die gewaltigen Flachbildschirme an den Wänden, die hatte weder Rosenthal noch Ilja Richter. Stolz nimmt Pocher darin bei der Pressekonferenz Platz an seinem Schreibtisch. Seriös sieht er aus in seinem Anzug. Und manchmal klingt der 31-Jährige richtig ernst, wenn er über die Show spricht.

Eine „Herausforderung” nennt er sie. Allerdings eine, der er sich gewachsen fühlt. Mit Stand-Up-Comedy, Einspielfilmchen und hochkarätigen Gästen will er sie meistern. Neben Kerner kommt am Freitag Shakira. „Wir performen zusammen”, warnt Pocher.

Ansonsten gibt er sich handzahm. Ist schlagfertig und witzig, aber nicht so verletzend wie sonst. Vielleicht, weil er älter geworden ist. Vielleicht aber auch, weil er weiß, was auf dem Spiel steht. Denn das ist die Chance, auf die er so lange gewartet hat. Wenn er sie nutzt, wie einst Harald Schmidt, dann ist er aufgestiegen. Dann ist er oben.