Essen. Ist die klassische Late Night Show im deutschen Fernsehen in der Krise? Harald Schmidts Sendung findet weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Und auch Oliver Pochers Start war alles andere als überragend.
Neulich war Harald Schmidt in den Schlagzeilen. Mit Bild. Der Meister hatte zum Höhepunkt seiner Sendung Brausepulver auf dem Bauchnabel einer jungen Dame angerührt. Ach, der Schmidt, sagten die Leute da erfreut, was macht der eigentlich so?
Antwort: eine Show, sogar im Ersten, allerdings weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wenn nicht gerade Brause geschlürft wird. Nur noch 1,19 Millionen Zuschauer wollten zuletzt seine Sendung sehen, deren Premiere noch von einem wahren Mediengewitter ausgeleuchtet worden war.
Das ist nicht viel, liegt andererseits aber voll im Plan, den Harald Schmidt wie folgt skizzierte: „Ich versuche, die Quote konsequent auf unter eine Million zu drücken!” Das kann man natürlich nur schaffen, wenn man auf „Leute ohne hohen Bildungsstandard” verzichten will. Die kriegen nämlich nicht mit, dass eine Brausenummer nicht nur schlüpfrig ist, sondern den 50. Geburtstag der „Blechtrommel” kabarettistisch begleitet.
Alte Klasse blitzt dann und wann wieder auf
Hat Harald Schmidt ein Qualitäts-Problem? Das ist Geschmackssache. Immerhin: Nach herber Kritik am Flachsinn des letzten Jahres blitzt die alte Klasse dann und wann wieder auf.
Warum stolpert Schmidt trotzdem in die Programmnische? Darauf gibt es noch keine schlüssige Antwort, allerdings ein paar Hinweise durch Ausschlussverfahren. An der Konkurrenz kann es nicht liegen. Ex-Partner Oliver Pocher, der das junge Late-Night-Publikum abgreifen wollte, ist alles andere als stürmisch in seine Solo-Karriere gestartet. 1,39 Millionen Zuschauer sind auch nicht doll, wenn man die Erwartungen berücksichtigt, mit denen Pochers Flegel-TV auf den Markt kam. Pochers Sendeplatz ist allerdings nicht ohne: Wer in der angepeilten jugendlichen Zielgruppe nicht gerade bettlägerig ist, hat am Freitagabend was anderes vor als vor der Glotze zu dämmern. Selbst Quoten-Kracher wie Günther Jauch oder Bastian Pastewka, die als Gäste eigentlich auch die verschnarchteste Sendung aus dem Tümpel retten, konnten Pochers Einstand deshalb nicht veredeln. Und Stefan Raab, der Dritte im Bund der Late-Night-Talker, läuft als Dauerbrenner sowieso außer Konkurrenz.
Auch in den USA sinkt die Quote
Ein Blick über die Grenzen verrät, dass Schmidt nicht alleine leidet. Auch in der Heimat der Late-Night-Shows sinkt die Quote. Altmeister Jay Leno kämpft mit neuer Sendung und neuer Sendezeit immer noch um einen Platz an der Sonne, und David Letterman hangelte sich erst durch die Schlagzeilen um seine Sex-Affären zurück in die schwarzen Zahlen.
Gegenwind also allerorten, ganz gleich, ob der Gastgeber Schmidt oder Letterman heißt und die Gags gut oder schlapp sind. Vielleicht haben die Leute nachts um elf was Besseres zu tun.