Essen. Premiere in der ARD: Stefan Raab wird 2010 den Sänger oder die Sängerin für den Eurovision Song Contest suchen. An acht Abenden, in Kooperation mit ProSieben. Ein Gespräch mit dem Juror, Musiker und Entertainer.

Sind Sie ein Spieler?

Stefan Raab: Kein Spieler in dem Sinne, dass ich mich unbedacht einer Gefahr aussetze. Ich messe mich gerne, muss das Risiko kalkulieren können. Wenn ich die Chance habe, ohne große Verluste gewinnen zu können, nehme ich mich der Sache an.

Wie hoch war denn der Poker mit der ARD?

Raab: Die Anfrage kam vor einem Jahr. Ich denke, wir haben einen guten Vorschlag gemacht. Dann gab es im Mai ein paar Abstimmungsschwierigkeiten. Die haben mittelfristig meine Nerven so stark strapaziert, dass ich nicht mehr wollte.

Dann hat's aber doch noch geklappt . . .

Raab: Der Contest ist eine starke Marke. 34 Prozent der jungen Zielgruppe sehen ihn. Das ist bestes Lagerfeuer-TV. Man kann sich mit zehn Leuten davor hocken, Bier trinken und Chips mampfen . . .

Wie sieht Ihre Humorhilfe für den Eurovision Song Contest denn konkret aus?

Song Contest

Dreimal dabei

Dreimal war Stefan Raab beim Eurovision Song Contest dabei und erzielte jeweils beachtliche Erfolge. 1998 komponierte er für Guildo Horn unter dem Pseudonym Alf Igel den Song „Guildo hat euch lieb". Horn landete auf Platz sieben. 2000 nahm er mit „Wadde hadde dudde da?" selbst am Contest teil und erreichte Platz fünf. 2004 hatte er in seiner mit einem Adolf-Grimme-Preis gekrönten Casting-Show Max Mutzke entdeckt. Dieser kam auf Platz acht.

Raab: Wir müssen emotionalisieren. Das ist nur über einen längeren Zeitraum möglich. Nur so kann das Publikum an der Entwicklung teilnehmen, und kommt zu der Überzeugung: Der Sänger, die Sängerin vertritt mich in Europa.

Wie soll das denn inhaltlich umgesetzt werden?

Raab: Mit der mir eigenen freiheitlichen Unbekümmertheit. Wir werden beim Casting die Künstler ohne Vorbehalte akzeptieren, sie ernst nehmen. Dass das funktioniert, habe ich bei ProSieben bewiesen.

Ist die Zusammenarbeit ein Eingeständnis der ARD an das eigene Unvermögen in Sachen Unterhaltung?

Raab: Das empfinde ich nicht. Im Gegenteil. Das ist ein mutiger Schritt, wenn man weiß, wie hoch politisch dieses Thema ist, dass erstmals die ARD mit einem privaten Sender wie ProSieben in Sachen Unterhaltung kooperiert. Ich bin sicher: Es wird nur Gewinner geben, egal wie die internationale Entscheidung 2010 in Oslo ausfallen wird.

Ist diese Kooperation mehr als ein medialer One-Night-Stand?

Raab: Das Projekt ist eine nationale Aufgabe und von nationaler Bedeutung.

Und sie haben den Ritterschlag erhalten?

Raab: Na ja, ich bin schon stolz, dass es geklappt hat.

Verstehen Sie sich daher auch als Retter der ARD-Unterhaltung?

Raab: Es ist nicht so, dass ich zur ARD wechseln möchte. Aber ich bin bereit, über weitere Kooperationen nachzudenken.

Hypothetisch betrachtet: Müssten Sie dann nicht spätestens Ihr Selbstverständnis von Privatsphäre ändern? Welche Menschen werden von Ihrer Häme verschont?

Raab: Mir ist ganz wichtig: Ich habe niemals Privates anderer Leute in die Öffentlichkeit gezerrt. Ich mache meine Scherze ausschließlich auf Grund medialer Ereignisse. Das heißt, die Leute, über die ich Scherze mache, haben sich bereits die Fernseh-Öffentlichkeit gesucht.

Gibt es einen ernsthaften Stefan Raab?

Raab: Ich nehme auch den Spaß ernst. Wenn man sich innovativ verwirklichen möchte, muss man mit neuen Ideen glänzen, muss sich auf die Substanz verlassen. Sonst ist es schnell vorbei in diesem schnelllebigen Business.

. . . Ihr stärkster Charakterzug?

Raab: Ich bin authentisch. Das ist wichtig für den langfristigen Erfolg.

Wie unterscheidet sich der private Raab vom medial omnipräsenten?

Raab: Alles, was im Fernsehen zu erkennen ist, spiegelt mich wider. Ich versuche nichts zu sein, was ich nicht bin.

Sie sind erfolgreich, haben eine riesige Fangemeinde. Was würden Sie jungen Menschen als Lebenstipp mit auf den Weg geben?

Raab: Eine ganz einfache Floskel: Spare, leiste, lerne was, dann haste, biste, kannste was.

Gibt's auch eine Floskel dafür, wenn sich morgen kein Schwein mehr für den Raab interessieren würde?

Raab: Ich bin da ganz fatalistisch. Dann ist das so. Dann gibt's bestimmt 'was, wofür ich mich interessiere. Man darf sich in diesem Job nicht so ernst nehmen. Ich gehe zu kaum einem Empfang, sitze nicht in Talk-Shows. Klar, ich bin präsent in meinen Sendungen. Und die machen mir richtig Spaß.