Herne. . Das Archäologie-Museum Herne präsentiert ab Samstag eine Schau der Superlative: “Das weiße Gold der Kelten“ zeigt in einer klug reduzierten Ausstellung mit 250 Exponaten, wie im oberösterreichischen Hallstatt seit 7000 Jahren Salz abgebaut wird.

„Glückauf!“ sagen sie im oberösterreichischen Hallstatt auch. Nur ist für den Bergbau hier selbst nach 7000 Jahren noch kein Ende in Sicht. Allerdings rackern sich die Bergleute auch nicht vor Kohle ab, sie fördern im ältesten Bergwerk der Welt – Salz.

Das Salz von Hallstatt. das auf seinen Handels-Wegen fast in ganz Europa verbreitet war, machte die Menschen seit dem Ende der Jungsteinzeit nicht nur reich. Es katapultierte sie dank ihres Monopols auch für eine Weile an die Spitze der Zivilisation, weshalb die Zeit zwischen 800 und 400 vor Christus auch „Hallstatt-Zeit“ genannt wird. Auf der Hochebene am Hallstädter See wurde nicht nur die älteste Treppe der Welt gefunden, sondern auch das älteste Klopapier. Beides ist nun mit über 250 Ausstellungsstücken aus dem Naturhistorischen Museum in Wien in Herne zu sehen, im dortigen Archäologiemuseum.

Technisches Meisterwerk: Die älteste Treppe

Die klug reduzierte Ausstellung bietet statt einer Flut von unansehnlichen archäologischen Funden wenige, aber dafür enorm vielsagende Exponate. In einzelnen Ausstellungskojen hat man gar nachzubilden versucht, wie es roch in der Grube – fast immer verräuchert, mal mit zartem Waldduft untermischt, mal mit Essensgerüchen. Sie haben eine Mischung aus Saubohnen, Hirse und Gerste gegessen in Hallstatt, und Kinder mussten ab einem Alter von fünf oder sechs Jahren mithelfen. Oft sorgten sie mit brennenden, halbmeterlangen Kienspänen für Licht unter Tage – das weiß man, weil die Kinderzähne Abdrücke am Ende der Späne aufwiesen.

Zur Ausstellung

„Das weiße Gold der Kelten“ wird am kommenden Samstag eröffnet, die Ausstellung läuft bis zum 25. Januar. LWL-Archäologiemuseum Herne, Europaplatz 1.

Eintritt: 6 €, erm. 4 €, Familien 14 €. Kombi-Ticket mit Dauerausst.: 9 €., erm. 5,50 €. Geöffnet: Di/Mi/Fr 9-17 Uhr, Do 9-19 Uhr; Sa/So 11-18 Uhr.

Nach der eigentlichen Hallstatt-Zeit kamen die Kelten dorthin und „industrialisierten“ den Salzabbau, sie stießen in Tiefen von bis zu 300 Metern vor. Wie? Zum Beispiel mit der ältesten „Stiege“ der Welt, ein technisches Meisterstück, ganz aus Holz: Sie konnte leicht auf- und abgebaut werden und sollte verhindern, dass sich Unebenheiten im Stollen zu Stolperfallen entwickeln. Schließlich geschah der Salzabbau hier „zweispurig“ – die einen trugen das Salz mit Lederkiepen hinaus, die anderen brachten die leeren wieder vor Ort. Durch ihre geniale Konstruktion konnte die Treppe sogar Kurven nehmen. Zwei Dinge haben dafür gesorgt, dass sich die Stufen der Treppe gut erhalten haben: Zum einen setzen sich die drei Berge am Hallstätter See gegenseitig derart unter Druck, dass jede Salzmine schon nach wenigen Jahren wieder zusammengepresst ist; zum anderen konserviert Salz besser als alles andere, weshalb die geborgenen Stufen sogar noch nach frischem Holz riechen.

Bis ins Sauerland

Bis ins Sieger- und Sauerland sind die Kelten auch vorgedrungen, auf der Suche nach Eisenerz. „In Kamen haben wir sogar einen Antennendolch aus der Zeit um 600 vor Christus gefunden,“ sagt Josef Mühlenbrock, Museums-Chef – „rätselhafter Weise zusammen mit der Schädelkalotte eines Kindes und einer viel älteren Steinzeitaxt.“ Und nein, die Kelten hatten bei aller Fortschrittlichkeit noch kein Fernsehen, seinen Namen hat der „Antennendolch“ von spiralförmigen Verzierungen am Griff.

Und noch etwas hat man im naturhistorischen Museum herausgefunden: Die Menschen der Hallstadt-Zeit waren nicht, wie man heute vorschnell annehmen möchte, in gedeckte Erdfarben zwischen Braun, Oliv und Grau gekleidet. Mit zeitgenössischen Färbemethoden gelang es, Tücher in leuchtenden Farbtönen von Grün, Gelb, Rot und Blau zu produzieren. In Hallstadt wurde aber auch das erste „Markenzeichen“ der Welt erfunden. Als die Konkurrenz größer wurde, verlegte man sich darauf, kein gemahlenes Salz mehr zu liefern, sondern „Salz-Herzen“: Das waren ganze Blöcke, bei denen sich die Reinheit sofort erkennen ließ, 60 Kilogramm und schwerer. Die Form der Herzen hatte allerdings auch praktische Gründe: Man trug sie mit Riemen, die durch den Spalt zwischen den beiden Hälften des Kopf stehenden Herzens gezogen wurden.

Parasiten und Durchfall

Im Schnitt wurden die Menschen in Hallstatt 35 Jahre alt, in Einzelfällen aber auch 50 oder 60. Man weiß das aus über 1500 freigelegten Gräbern, in denen zum Teil auch Waffen mit Elfenbein- und Bernstein-Verzierungen gefunden wurden – Zeugnis der weiten Handelswege, die das Salz nahm. Mitte des vierten Jahrhunderts vor Christus dann geschah die große Katastrophe von Hallstatt: Ein gigantischer Bergrutsch setzte dem Salzabbau ein vorläufiges Ende. Und man liegt wohl nicht völlig falsch, wenn man vermutet, dass auch der Salzabbau im Berg dazu beigetragen hat.

Und das älteste Klopapier der Welt? Sind Pestwurz-Blätter, die man in ganzen Bündeln mit in die Grube nahm. „Pestwurz hat auch einen kühlenden, krampflösenden Effekt“, sagt Museums-Chef Josef Mühlenbrock: „ Das war schon deshalb nötig, weil die Salzbergleute gewiss zum großen Teil Parasiten mit sich herumtrugen und oft unter Durchfall gelitten haben dürften.“