Herne. . Von Anfang an war die Dauerausstellung „gesucht. gefunden. ausgegraben.“ im Herner LWL-Museum für Archäologie als Erlebnis für alle Sinne konzipiert. Davon profitieren auch Menschen mit Behinderungen. Ob Rollstuhlfahrer, Blinde oder Hörbehinderte: Das Museum will alle Zielgruppen erreichen.

Elf Jahre ist es her, seit die ersten Besucher und Besucherinnen über den Holzsteg durch die Grabungslandschaft spazierten und staunten, wie nahe ihnen plötzlich 250.000 Jahre westfälische Menschheitsgeschichte rückten. Eine Dauerausstellung, die als Erlebnis für alle Sinne konzipiert war: Davon profitierten von Anfang an auch Besucher mit Handicaps. Die Rollstuhlfahrerin, die über den Steg alle Bereiche „erfährt“, wie der blinde oder hörbehinderte Besucher oder der lernbehinderte Schüler. „Wir versuchen, alle Zielgruppen zu erreichen“, erklärt Michael Lagers, Museumspädagoge im Museum für Archäologie. „Und wo es Sinn macht, bieten wir eigene Programme an.“

Schon der Steg hilft Wahrnehmungseingeschränkten bei der Orientierung, sagt Michael Lagers beim Gang durch die Dauerausstellung. Knickt der Weg ab, steigt er an oder fällt ab, heißt das: Achtung, hier passiert etwas. „Der Neandertaler verschwindet“ oder „Der Mensch entdeckt das Metall“. Auch Geräusche lassen Bilder entstehen. Es klopft und schabt wie bei einer richtigen Ausgrabung, hier brennt ein Feuer, dort wird durch Töne vom Band eine Kirchenatmosphäre erzeugt, die durch Weihrauchgeruch noch verstärkt wird.

Blinde Besucher sind auf Begleitpersonen angewiesen

Anders als die Rollstuhlfahrer, die sich auch allein „zu 95 Prozent barrierefrei“ bewegen, wie Michael Lagers sagt, übrigens auch im Grabungscamp, sind blinde Besucher auf Begleitpersonen oder Gruppenführungen angewiesen. Was Lagers bedauert: „Uns fehlt noch ein Leitsystem, so dass sich sehbehinderte Menschen ohne Begleitung zurechtfinden.“ Für diese Gruppe wurden auch spezielle Führungen entwickelt. Janina Lamowski hat sich als Volontärin mit dem Thema Inklusion besonders beschäftigt und Gruppen von Sehbehinderten begleitet. „Es dauert lange, bis jeder einen Faustkeil ertastet hat“, hat sie festgestellt. Einige Objekte zum Anfassen, die Ausstellungsstücken in den Vitrinen entsprechen, werden eigens mit in die Ausstellung genommen.

Dass eine solche Sonderführung streng genommen nicht dem Gedanken der Inklusion entspricht, der alle einbezieht, ist Michael Lagers klar. „Aber wir können Führungen für Menschen mit Sehbehinderungen nicht so aufbereiten, dass sie für Sehende ansprechend sind“, sagt er. Dasselbe gilt für Führungen mit Hörgeschädigten. Übersetzt ein Gebärdendolmetscher das Gesagte, dauern sie doppelt so lange. Gute Erfahrungen hat das Museum mit Führungen für Gehörlose gemacht, die mit deren Verbänden organisiert wurden. „Geplant ist auch ein Modul in Gebärdensprache für den Audioguide“, sagt Lagers. Das Gerät ist an der Kasse auszuleihen. Akustische Infos sind auch den Hörstationen zu entnehmen.

Sitzhohe Kanten für Senioren

Von gesonderten Führungen für Senioren hat Michael Lagers unterdessen Abstand genommen. Nicht notwendig, findet er. Denn an Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, ist ohnehin gedacht. Sie dürfen sich auf den extra sitzhohen Kanten der Schau niederlassen, und notfalls werden Klappstühle beim Rundgang mitgenommen.

Dass immer mal wieder umgedacht und nachgerüstet wird, gehört im Archäologiemuseum dazu. „Inklusion ist ein Riesenthema“, kann Michael Lagers für den Landschaftsverband LWL insgesamt sagen. An den Medienstationen in der Dauerrausstellung hat man zum Beispiel die Schrift vergrößert, die Ferngläser sind nun im Winkel nicht mehr starr. Und aus einem Kubus wurde der Schaumstoffboden entfernt – damit auch Rollstuhlfahrer hineinfahren können.