Erlangen. . Der Internationale Comic Salon, das wichtigste Comic-Festival im deutschsprachigen Raum, wird 30. Bei einer großen Gala wird wieder der Max-und-Moritz-Preis verliehen. 25 Titel nominiert – wir stellen unsere fünf Favoriten vor.

Ab Donnerstag wird jeder, der einen Tuschestift halten kann, nach Erlangen blicken – oder reisen. Denn der Internationale Comic Salon, das wichtigste Comic-Festival im deutschsprachigen Raum, wird 30. Bei einer großen Gala wird wieder der Max-und-Moritz-Preis verliehen. Den Preis für sein Lebenswerk erhält in diesem Jahr Ralf König (u.a. „Kondom des Grauens“). Außerdem sind 25 weitere Titel nominiert, von denen wir an dieser Stelle unsere fünf Favoriten kurz vorstellen.

Blain & Lanzac: Quai D’Orsay – Hinter den Kulissen der Macht

Dass Macht und Wahnsinn eng zusammenhängen, muss man vielen Menschen nicht erst erklären. Wie viel jedoch an dieser vermeintlich flotten Zuspitzung der Realität tatsächlich zutrifft, macht erst „Quai D’Orsay“ (Reprodukt, 192 S., 36 €) deutlich. Abel Lanzac, der seinen echten Namen bis heute nicht enthüllt hat, arbeitete tatsächlich zwischen 2002 und 2004 im französischen Außenministerium unter Dominique de Villepin. Und er schildert seine Zeit als Redenschreiber als ein aberwitziges Gemisch aus Ritualen innerhalb einer Hackordnung, über denen königgleich der Minister selber schwebt, der statt auf seine Berater zu hören lieber griechische Philosophie zur Hand nimmt, mit hohlen Stichworten um sich wirft („Legitimität, Einheit, Effizienz“) und mühevoll formulierte Reden zerpflückt, bevor er sie gelesen hat („Schreiben Sie das neu“). Wenn man bedenkt, dass unter solchen Bedingungen Weltpolitik gemacht worden ist, reißt man vor Erstaunen weit die Augen auf.

Flix: Don Quijote

Felix Görner, besser bekannt als Flix, nimmt es gern mit den ganz Großen der Literatur auf, in diesem Fall mit dem Roman, den viele für den besten aller Zeiten halten: „Don Quijote“ von Miguel Cervantes. Nur liefert er keine einfache Umsetzung, sondern eine Neuinszenierung, in der Alonso Quijano auf seinem Fahrrad, bewaffnet mit einem Regenschirm, gegen einen Windpark im deutschen Osten anreitet. Eine ebenso aberwitzige wie charmante Umsetzung des klassischen Stoffes als hiesige Provinzposse – „Don Quijote“ (Carlsen, 144 S., 16,90 €).

Volker Reiche: Kiesgrubennacht

Es ist die Geschichte einer Kindheit, die oft sprachlos macht. Zwar hat Volker Reiche (Jahrgang ’44) den Zweiten Weltkrieg nicht bewusst erlebt, doch die Nazizeit prägte die frühen Jahre. Der Vater war ein eifriger Regimeanhänger. Später schlägt er die Mutter, bis die sich endlich scheiden lässt. Volker Reiche ist bekannt geworden als Zeichner des Comicstrips „Strizz“ und zeichnete mehr als 20 Jahre lang „Mecki“. Hier schildert er die Konfrontation mit der Vergangenheit des Vaters, die er als junger Erwachsener gesucht hat. Doch statt Antworten gibt es wieder nur Gewalt. „Kiesgrubennacht“ (Suhrkamp, 232 S., 21,99 €).

Chris Ware: Jimmy Corrigan – Der klügste Junge der Welt

Die längst überfällige deutsche Veröffentlichung von Chris Wares grafischem Meisterwerk „Jimmy Corrigan“ (Reprodukt, 384 S., 39 €) erzählt von der Begegnung des Büroangestellten Jimmy mit seinem Vater. Dabei arbeitet Ware grafisch sehr komplex, mit Perspektivwechseln und Infografiken, an der Aufarbeitung der unglücklichen Vater-Sohn-Beziehung.

Ulli Lust: Flughunde – nach einem Roman von Marcel Beyer

Die zeichnerische Adaption von Marcel Beyers erfolgreichem Roman, der aus der Perspektive einer Goebbels-Tochter von einem fanatischen Akustiker im Zweiten Weltkrieg erzählt. Ein beklemmendes Stück über die Macht der Propaganda (Suhrkamp, 364 S., 21,99 €).

Der 16. Internationale Comic Salon findet vom 19. bis 22. Juni in Erlangen statt, hauptsächlich im Kongresszentrum, Heinrich-Lades-Platz, und im Rathaus, Rathausplatz 1. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr ist der 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs.